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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Achtes Kap. Reise von Kokura bis Osacka.
Bergen abgehende Hinter- oder Queergassen, fassen zusammen etwa 600 Häuser in sich.
Ein Bugjo ist hier der Befehlshaber. Neben dem, daß die Einwohner meist Sackibren-
ner, Wirthe und Krämer sind, welche von der Menge von Schif leuten ihre reichliche
Nahrung haben, trift man Manufakturen an, in welchen Pferdehäute auf Russische Ma-
nier bereitet, und darnach mit einem Firnis überzogen werden. Es wurden aus derselben
das Stük zu 1 Tail 4 Maas *) zu Kaufe gebracht. So unbeträchtlich übrigens die Stadt ist,
so unterhält sie doch auf ihre eigene Kosten ein Mariam oder öffentliches Bordel.

Die schönste Belustigung fürs Auge geben sowol das umliegende bis zu dem Gipfel
gleichsam Stuffenweise beackerte Gebirge, als auch zwei dicht und stark bewachsene hohe
Lustwälder, welche sich, wie gedacht, wie eine Halbinsel zeigen, und mit dem Eingange
des Hafens zusammenhängen. Der Grund und Boden des in die Rundung erhabenen Ge-
birges war felsigt, und mit ziemlich hoch vom Grund aufgeführten Rondelen, Wachthäu-
sern und angenehmen Gebäuden zur Wohnung der Officiers und Soldaten besezt. An der
Westseite oder gegen dem Munde des Hafens über hielt sich in einer daselbst befindlichen
Citadelle eine wehrhafte Wache auf, die man aber mehr an den in Ordnung hervorgestelle-
ten zehn Piken und fünf Hellebarden, als an der sichtbaren Gegenwart der Soldaten, er-
kennen konte; die andere Seite des Gebirges aber hieng mit einer niedrigen Erdzunge an
der Stadt feste; Mauren und Pforten machten jedoch dabei eine Absonderung.

Als wir uns mit unsern Begleitern alsbald in die Stadt verfügten, wurden wir
von hinten durch ein weitläufiges Haus eines Sackibrauers in eine lange Gasse, und wie-
derum durch diese in eines Baders Haus geführt, das von Badegästen ganz vol war, und
wo man auch Sacki und etwas zum Anbisse haben konte. Alhier reinigten wir uns in ei-
ner Schwizkammer, nahmen Erfrischungen ein, und begaben uns darauf wieder zu unserer
Barke, da wir denn die Gasse zu beiden Seiten voller Zuschauer fanden, die uns als
Fremde sehen wolten; sie hatten sich aber dabei aus Ehrerbietung niedergebükt, und mach-
ten nicht den geringsten Lärmen.

Den 23 Februar. Freytags mit anbrechendem Morgen musten wir beym Auf-
bruch aus der Bay beinahe 2000 Schritte rudern, bevor wir zur offenen See und zum Ge-
brauch des Segels gelangen konten. Wir passirten folgende im festen Nordufer gelegene
Oerter vorbei:

1) Abosi, eine Stadt mit einigen Vestungswerkern und einem Kaiserlichen Pak-
hause. Ohnerachtet sie zu dem Firamaschen Gebiete gehört, hält der Kaiser daselbst einen
Finanzaufseher und einen regierenden Bugjo.
2) Fi-
*) Scheuchzer lässet das 1 Tail weg, und sezt nur 4 Maas.
E e 2

Achtes Kap. Reiſe von Kokura bis Oſacka.
Bergen abgehende Hinter- oder Queergaſſen, faſſen zuſammen etwa 600 Haͤuſer in ſich.
Ein Bugjo iſt hier der Befehlshaber. Neben dem, daß die Einwohner meiſt Sackibren-
ner, Wirthe und Kraͤmer ſind, welche von der Menge von Schif leuten ihre reichliche
Nahrung haben, trift man Manufakturen an, in welchen Pferdehaͤute auf Ruſſiſche Ma-
nier bereitet, und darnach mit einem Firnis uͤberzogen werden. Es wurden aus derſelben
das Stuͤk zu 1 Tail 4 Maas *) zu Kaufe gebracht. So unbetraͤchtlich uͤbrigens die Stadt iſt,
ſo unterhaͤlt ſie doch auf ihre eigene Koſten ein Mariam oder oͤffentliches Bordel.

Die ſchoͤnſte Beluſtigung fuͤrs Auge geben ſowol das umliegende bis zu dem Gipfel
gleichſam Stuffenweiſe beackerte Gebirge, als auch zwei dicht und ſtark bewachſene hohe
Luſtwaͤlder, welche ſich, wie gedacht, wie eine Halbinſel zeigen, und mit dem Eingange
des Hafens zuſammenhaͤngen. Der Grund und Boden des in die Rundung erhabenen Ge-
birges war felſigt, und mit ziemlich hoch vom Grund aufgefuͤhrten Rondelen, Wachthaͤu-
ſern und angenehmen Gebaͤuden zur Wohnung der Officiers und Soldaten beſezt. An der
Weſtſeite oder gegen dem Munde des Hafens uͤber hielt ſich in einer daſelbſt befindlichen
Citadelle eine wehrhafte Wache auf, die man aber mehr an den in Ordnung hervorgeſtelle-
ten zehn Piken und fuͤnf Hellebarden, als an der ſichtbaren Gegenwart der Soldaten, er-
kennen konte; die andere Seite des Gebirges aber hieng mit einer niedrigen Erdzunge an
der Stadt feſte; Mauren und Pforten machten jedoch dabei eine Abſonderung.

Als wir uns mit unſern Begleitern alsbald in die Stadt verfuͤgten, wurden wir
von hinten durch ein weitlaͤufiges Haus eines Sackibrauers in eine lange Gaſſe, und wie-
derum durch dieſe in eines Baders Haus gefuͤhrt, das von Badegaͤſten ganz vol war, und
wo man auch Sacki und etwas zum Anbiſſe haben konte. Alhier reinigten wir uns in ei-
ner Schwizkammer, nahmen Erfriſchungen ein, und begaben uns darauf wieder zu unſerer
Barke, da wir denn die Gaſſe zu beiden Seiten voller Zuſchauer fanden, die uns als
Fremde ſehen wolten; ſie hatten ſich aber dabei aus Ehrerbietung niedergebuͤkt, und mach-
ten nicht den geringſten Laͤrmen.

Den 23 Februar. Freytags mit anbrechendem Morgen muſten wir beym Auf-
bruch aus der Bay beinahe 2000 Schritte rudern, bevor wir zur offenen See und zum Ge-
brauch des Segels gelangen konten. Wir paſſirten folgende im feſten Nordufer gelegene
Oerter vorbei:

1) Aboſi, eine Stadt mit einigen Veſtungswerkern und einem Kaiſerlichen Pak-
hauſe. Ohnerachtet ſie zu dem Firamaſchen Gebiete gehoͤrt, haͤlt der Kaiſer daſelbſt einen
Finanzaufſeher und einen regierenden Bugjo.
2) Fi-
*) Scheuchzer laͤſſet das 1 Tail weg, und ſezt nur 4 Maas.
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[219/0245] Achtes Kap. Reiſe von Kokura bis Oſacka. Bergen abgehende Hinter- oder Queergaſſen, faſſen zuſammen etwa 600 Haͤuſer in ſich. Ein Bugjo iſt hier der Befehlshaber. Neben dem, daß die Einwohner meiſt Sackibren- ner, Wirthe und Kraͤmer ſind, welche von der Menge von Schif leuten ihre reichliche Nahrung haben, trift man Manufakturen an, in welchen Pferdehaͤute auf Ruſſiſche Ma- nier bereitet, und darnach mit einem Firnis uͤberzogen werden. Es wurden aus derſelben das Stuͤk zu 1 Tail 4 Maas *) zu Kaufe gebracht. So unbetraͤchtlich uͤbrigens die Stadt iſt, ſo unterhaͤlt ſie doch auf ihre eigene Koſten ein Mariam oder oͤffentliches Bordel. Die ſchoͤnſte Beluſtigung fuͤrs Auge geben ſowol das umliegende bis zu dem Gipfel gleichſam Stuffenweiſe beackerte Gebirge, als auch zwei dicht und ſtark bewachſene hohe Luſtwaͤlder, welche ſich, wie gedacht, wie eine Halbinſel zeigen, und mit dem Eingange des Hafens zuſammenhaͤngen. Der Grund und Boden des in die Rundung erhabenen Ge- birges war felſigt, und mit ziemlich hoch vom Grund aufgefuͤhrten Rondelen, Wachthaͤu- ſern und angenehmen Gebaͤuden zur Wohnung der Officiers und Soldaten beſezt. An der Weſtſeite oder gegen dem Munde des Hafens uͤber hielt ſich in einer daſelbſt befindlichen Citadelle eine wehrhafte Wache auf, die man aber mehr an den in Ordnung hervorgeſtelle- ten zehn Piken und fuͤnf Hellebarden, als an der ſichtbaren Gegenwart der Soldaten, er- kennen konte; die andere Seite des Gebirges aber hieng mit einer niedrigen Erdzunge an der Stadt feſte; Mauren und Pforten machten jedoch dabei eine Abſonderung. Als wir uns mit unſern Begleitern alsbald in die Stadt verfuͤgten, wurden wir von hinten durch ein weitlaͤufiges Haus eines Sackibrauers in eine lange Gaſſe, und wie- derum durch dieſe in eines Baders Haus gefuͤhrt, das von Badegaͤſten ganz vol war, und wo man auch Sacki und etwas zum Anbiſſe haben konte. Alhier reinigten wir uns in ei- ner Schwizkammer, nahmen Erfriſchungen ein, und begaben uns darauf wieder zu unſerer Barke, da wir denn die Gaſſe zu beiden Seiten voller Zuſchauer fanden, die uns als Fremde ſehen wolten; ſie hatten ſich aber dabei aus Ehrerbietung niedergebuͤkt, und mach- ten nicht den geringſten Laͤrmen. Den 23 Februar. Freytags mit anbrechendem Morgen muſten wir beym Auf- bruch aus der Bay beinahe 2000 Schritte rudern, bevor wir zur offenen See und zum Ge- brauch des Segels gelangen konten. Wir paſſirten folgende im feſten Nordufer gelegene Oerter vorbei: 1) Aboſi, eine Stadt mit einigen Veſtungswerkern und einem Kaiſerlichen Pak- hauſe. Ohnerachtet ſie zu dem Firamaſchen Gebiete gehoͤrt, haͤlt der Kaiſer daſelbſt einen Finanzaufſeher und einen regierenden Bugjo. 2) Fi- *) Scheuchzer laͤſſet das 1 Tail weg, und ſezt nur 4 Maas. E e 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/245>, abgerufen am 25.11.2024.