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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Sechstes Kap. Von der Reise der Holländer etc.
errettete, und bewogen wurde, die ihm aufdringende gewaltsame Gefahr mit tapferer
Faust abzuwenden; welches dem Jassima denn auch dergestalt glükte, daß er den Flücht-
ling zum Spot der Verfolger wiederum in seine vorige Freiheit lassen konte. Die Rachbe-
gierde bot den solchergestalt beschämten Jägern auf frischer That eine Gelegenheit dar, für
den ihnen zugefügten Hohn den Königlichen Vater zu entleiben, dagegen sie solches mit ih-
rem Tode durch die rächende Hand des Jassima wieder bezahlen musten. Nach dieser
Niederlage geschahe es, daß das dankbare Füchslein dem von Ermüdung und Betrübnis
seufzenden Ritter in der Gestalt einer Jungfrau erschien, und durch unvergleichliche Schön-
heit sein Herz mit Liebe dergestalt erfülte, daß er sie zu seiner Gemahlin erwählte, mit
welcher er denn Anfangs gedachten Sohn vol himlischer Weisheit und Wahrsagungsgeiste
gezeugt, und sie unwissend so lange für seine Gemahlin erkant hat, bis ihr der Schwanz
und darauf almählich auch die andern Theile wieder gewachsen, und endlich der ganze Leib in
die vorige Gestalt übergegangen ist.

Es ist diese Geschichte nicht eine der geringsten von dem ansehnlichsten der Japani-
schen Götter, und der Leser wird es auch fürs künftige genehm halten müssen, wenn wir
auf der Reise bisweilen keine andere Alterthümer und Anmerkungen, als von der Art,
werden vorzutragen haben.

So hat nun aber dieser Sei Mei nicht nur die hergesezte Tafel aus dem Laufe
oder Einflus der Gestirne ausgerechnet, sondern auch durch die geheime Weisheit gewisse
Worte erfunden, und in ein Uta oder einen Vers gebracht, durch dessen Aussprache, als
ein gewisses Gegenmittel, der böse Einflus an den unglüklichen Tagen krastlos gemacht
werden kan, das denn fürnemlich zum Nutzen der armen Bedienten und Knechte gereicht,
die sich nach der Tafel nicht richten dürfen, sondern wol gehen müssen, wenn es ihnen ihr
Herr befiehlt. Der Vers aber lautet so:

Sada Mejesi Tabiaatz Fidori Josi Asjiwa.
Omojitatz Figo Kitz Ni To Sen.


Sie-
B b 3

Sechſtes Kap. Von der Reiſe der Hollaͤnder ꝛc.
errettete, und bewogen wurde, die ihm aufdringende gewaltſame Gefahr mit tapferer
Fauſt abzuwenden; welches dem Jaſſima denn auch dergeſtalt gluͤkte, daß er den Fluͤcht-
ling zum Spot der Verfolger wiederum in ſeine vorige Freiheit laſſen konte. Die Rachbe-
gierde bot den ſolchergeſtalt beſchaͤmten Jaͤgern auf friſcher That eine Gelegenheit dar, fuͤr
den ihnen zugefuͤgten Hohn den Koͤniglichen Vater zu entleiben, dagegen ſie ſolches mit ih-
rem Tode durch die raͤchende Hand des Jaſſima wieder bezahlen muſten. Nach dieſer
Niederlage geſchahe es, daß das dankbare Fuͤchslein dem von Ermuͤdung und Betruͤbnis
ſeufzenden Ritter in der Geſtalt einer Jungfrau erſchien, und durch unvergleichliche Schoͤn-
heit ſein Herz mit Liebe dergeſtalt erfuͤlte, daß er ſie zu ſeiner Gemahlin erwaͤhlte, mit
welcher er denn Anfangs gedachten Sohn vol himliſcher Weisheit und Wahrſagungsgeiſte
gezeugt, und ſie unwiſſend ſo lange fuͤr ſeine Gemahlin erkant hat, bis ihr der Schwanz
und darauf almaͤhlich auch die andern Theile wieder gewachſen, und endlich der ganze Leib in
die vorige Geſtalt uͤbergegangen iſt.

Es iſt dieſe Geſchichte nicht eine der geringſten von dem anſehnlichſten der Japani-
ſchen Goͤtter, und der Leſer wird es auch fuͤrs kuͤnftige genehm halten muͤſſen, wenn wir
auf der Reiſe bisweilen keine andere Alterthuͤmer und Anmerkungen, als von der Art,
werden vorzutragen haben.

So hat nun aber dieſer Sei Mei nicht nur die hergeſezte Tafel aus dem Laufe
oder Einflus der Geſtirne ausgerechnet, ſondern auch durch die geheime Weisheit gewiſſe
Worte erfunden, und in ein Uta oder einen Vers gebracht, durch deſſen Ausſprache, als
ein gewiſſes Gegenmittel, der boͤſe Einflus an den ungluͤklichen Tagen kraſtlos gemacht
werden kan, das denn fuͤrnemlich zum Nutzen der armen Bedienten und Knechte gereicht,
die ſich nach der Tafel nicht richten duͤrfen, ſondern wol gehen muͤſſen, wenn es ihnen ihr
Herr befiehlt. Der Vers aber lautet ſo:

Sada Mejeſi Tabiaatz Fidori Joſi Aſjiwa.
Omojitatz Figo Kitz Ni To Sen.


Sie-
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[197/0215] Sechſtes Kap. Von der Reiſe der Hollaͤnder ꝛc. errettete, und bewogen wurde, die ihm aufdringende gewaltſame Gefahr mit tapferer Fauſt abzuwenden; welches dem Jaſſima denn auch dergeſtalt gluͤkte, daß er den Fluͤcht- ling zum Spot der Verfolger wiederum in ſeine vorige Freiheit laſſen konte. Die Rachbe- gierde bot den ſolchergeſtalt beſchaͤmten Jaͤgern auf friſcher That eine Gelegenheit dar, fuͤr den ihnen zugefuͤgten Hohn den Koͤniglichen Vater zu entleiben, dagegen ſie ſolches mit ih- rem Tode durch die raͤchende Hand des Jaſſima wieder bezahlen muſten. Nach dieſer Niederlage geſchahe es, daß das dankbare Fuͤchslein dem von Ermuͤdung und Betruͤbnis ſeufzenden Ritter in der Geſtalt einer Jungfrau erſchien, und durch unvergleichliche Schoͤn- heit ſein Herz mit Liebe dergeſtalt erfuͤlte, daß er ſie zu ſeiner Gemahlin erwaͤhlte, mit welcher er denn Anfangs gedachten Sohn vol himliſcher Weisheit und Wahrſagungsgeiſte gezeugt, und ſie unwiſſend ſo lange fuͤr ſeine Gemahlin erkant hat, bis ihr der Schwanz und darauf almaͤhlich auch die andern Theile wieder gewachſen, und endlich der ganze Leib in die vorige Geſtalt uͤbergegangen iſt. Es iſt dieſe Geſchichte nicht eine der geringſten von dem anſehnlichſten der Japani- ſchen Goͤtter, und der Leſer wird es auch fuͤrs kuͤnftige genehm halten muͤſſen, wenn wir auf der Reiſe bisweilen keine andere Alterthuͤmer und Anmerkungen, als von der Art, werden vorzutragen haben. So hat nun aber dieſer Sei Mei nicht nur die hergeſezte Tafel aus dem Laufe oder Einflus der Geſtirne ausgerechnet, ſondern auch durch die geheime Weisheit gewiſſe Worte erfunden, und in ein Uta oder einen Vers gebracht, durch deſſen Ausſprache, als ein gewiſſes Gegenmittel, der boͤſe Einflus an den ungluͤklichen Tagen kraſtlos gemacht werden kan, das denn fuͤrnemlich zum Nutzen der armen Bedienten und Knechte gereicht, die ſich nach der Tafel nicht richten duͤrfen, ſondern wol gehen muͤſſen, wenn es ihnen ihr Herr befiehlt. Der Vers aber lautet ſo: Sada Mejeſi Tabiaatz Fidori Joſi Aſjiwa. Omojitatz Figo Kitz Ni To Sen. Sie- B b 3

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/215>, abgerufen am 24.11.2024.