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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Sechstes Kap. Von der Reise der Holländer etc.
geschiehet durch die Hausmägde, die ihnen alles benöthigte zubringen, bei der Mahlzeit
einschenken, vorlegen, und eben dadurch zur näheren Bekantschaft den Weg bahnen. Bei
den Holländern fält eine dergleichen Bedienung weg, ja selbst der Wirth und seine mänli-
chen Hausgenossen dürfen nach hereingebrachtem Thee gar nicht, oder nur bis für unsere
Kammerschieber nahe treten, weil unsere mitgebrachten Diener uns mit allem, was wir
brauchen, an Hand gehen müssen. Mehr Speitöpfe als der eine, der mit auf der Platte
stehet, werden den Gästen nicht gegeben; solten weiter welche gefordert werden, so dienen
dafür Handbreit lange Stäbchen von Bambus, die unter dem Gliede abgesägt sind.

Die Kerzen, die man uns zur Abendzeit bringt, sind in der Mitten hohl, denn
ihr papierner Tocht wird um ein rundes Stäbchen gewunden, und alsdenn in das Fet ge-
tunkt, die Leuchter sind daher mit einer Pfrieme versehen, worauf sie gestekt werden; sie
brennen geschwinde ab, und geben viel Rauch und stinkenden Dunst, weil sie von Lorbeer,
Campher und anderm dergleichen Baumfette brennen müssen. Wenn man die brennende
Kerze aus dem Leuchterpfriemen hebt, so ist es lächerlich zu sehen, wie der Rauch unten
mit einem geschwinden Wirbel hervorbläset, welchen die brennende Flamme hinabtreibt.
Zur Nachtlampe bedient man sich eines platten irdenen Schlüsselchens, worauf ein Tocht
von Bisammark in Walfisch- oder Baumöl aus dem Saamen der Baumwolle brent, und
das über ein Wassergefäs oder auch in eine viereckigte Laterne gesezt wird, damit es zu kei-
ner Entzündung komme, die in diesen gleichsam papiernen Häusern leicht entstehen, und
sich zu einer algemeinen Feuersbrunst verbreiten kan.

Unsere Japaner halten auf der Reise täglich dreimal Tafel, ohne was sie noch dar-
zwischen essen. Noch vor Tage, und so bald sie aufgestanden und gekleidet sind, und also
vor dem Aufbruche geschiehet die erste, zu Mittage in der andern Herberge die zweite, und
vor dem Schlafengehen die dritte Mahlzeit, die ihnen auf inländische Manier so zubereitet
wird, wie wir es an seinem Orte beschrieben haben. Sie lassen es sich sehr gut schmecken,
und singen auch wol nach der Mahlzeit ein Liedchen beim Trinken, oder (da ihnen das
Chartenspielen verboten ist) machen sich sonst durch andere Spiele und durch Räzelaufgaben
nach der Reihe einen Zeitvertreib, wobei denn der, welcher verliert, einen Trunk thun
mus. Die Holländer hingegen müssen das ihrige in der Stille einnehmen; ihre Mahlzeit
lassen sie sich von ihren Japanischen Köchen auf Europäische Manier zurichten und auftra-
gen, und sich bisweilen eine Japanische Schüssel von dem Wirthe dazu reichen, auch,
nebst dem Europäischen Weine, das einheimische warme Reisbier zur Genüge einschenken.
Jm übrigen müssen sie ihre Veränderung bei Tage in dem Hausgärtchen, und des Abends,
nach Belieben, in der Badstube suchen, ohne sonst wohin einen Schrit, auch nur zu den
Bedienten, des Zeitvertreibs halber, thun zu dürfen, es wäre denn, aus einer Art von
Nachsicht, in den Nebenkammern der Nagasackischen Reisegefährten.

Wenn
Zweiter Band. B b

Sechſtes Kap. Von der Reiſe der Hollaͤnder ꝛc.
geſchiehet durch die Hausmaͤgde, die ihnen alles benoͤthigte zubringen, bei der Mahlzeit
einſchenken, vorlegen, und eben dadurch zur naͤheren Bekantſchaft den Weg bahnen. Bei
den Hollaͤndern faͤlt eine dergleichen Bedienung weg, ja ſelbſt der Wirth und ſeine maͤnli-
chen Hausgenoſſen duͤrfen nach hereingebrachtem Thee gar nicht, oder nur bis fuͤr unſere
Kammerſchieber nahe treten, weil unſere mitgebrachten Diener uns mit allem, was wir
brauchen, an Hand gehen muͤſſen. Mehr Speitoͤpfe als der eine, der mit auf der Platte
ſtehet, werden den Gaͤſten nicht gegeben; ſolten weiter welche gefordert werden, ſo dienen
dafuͤr Handbreit lange Staͤbchen von Bambus, die unter dem Gliede abgeſaͤgt ſind.

Die Kerzen, die man uns zur Abendzeit bringt, ſind in der Mitten hohl, denn
ihr papierner Tocht wird um ein rundes Staͤbchen gewunden, und alsdenn in das Fet ge-
tunkt, die Leuchter ſind daher mit einer Pfrieme verſehen, worauf ſie geſtekt werden; ſie
brennen geſchwinde ab, und geben viel Rauch und ſtinkenden Dunſt, weil ſie von Lorbeer,
Campher und anderm dergleichen Baumfette brennen muͤſſen. Wenn man die brennende
Kerze aus dem Leuchterpfriemen hebt, ſo iſt es laͤcherlich zu ſehen, wie der Rauch unten
mit einem geſchwinden Wirbel hervorblaͤſet, welchen die brennende Flamme hinabtreibt.
Zur Nachtlampe bedient man ſich eines platten irdenen Schluͤſſelchens, worauf ein Tocht
von Biſammark in Walfiſch- oder Baumoͤl aus dem Saamen der Baumwolle brent, und
das uͤber ein Waſſergefaͤs oder auch in eine viereckigte Laterne geſezt wird, damit es zu kei-
ner Entzuͤndung komme, die in dieſen gleichſam papiernen Haͤuſern leicht entſtehen, und
ſich zu einer algemeinen Feuersbrunſt verbreiten kan.

Unſere Japaner halten auf der Reiſe taͤglich dreimal Tafel, ohne was ſie noch dar-
zwiſchen eſſen. Noch vor Tage, und ſo bald ſie aufgeſtanden und gekleidet ſind, und alſo
vor dem Aufbruche geſchiehet die erſte, zu Mittage in der andern Herberge die zweite, und
vor dem Schlafengehen die dritte Mahlzeit, die ihnen auf inlaͤndiſche Manier ſo zubereitet
wird, wie wir es an ſeinem Orte beſchrieben haben. Sie laſſen es ſich ſehr gut ſchmecken,
und ſingen auch wol nach der Mahlzeit ein Liedchen beim Trinken, oder (da ihnen das
Chartenſpielen verboten iſt) machen ſich ſonſt durch andere Spiele und durch Raͤzelaufgaben
nach der Reihe einen Zeitvertreib, wobei denn der, welcher verliert, einen Trunk thun
mus. Die Hollaͤnder hingegen muͤſſen das ihrige in der Stille einnehmen; ihre Mahlzeit
laſſen ſie ſich von ihren Japaniſchen Koͤchen auf Europaͤiſche Manier zurichten und auftra-
gen, und ſich bisweilen eine Japaniſche Schuͤſſel von dem Wirthe dazu reichen, auch,
nebſt dem Europaͤiſchen Weine, das einheimiſche warme Reisbier zur Genuͤge einſchenken.
Jm uͤbrigen muͤſſen ſie ihre Veraͤnderung bei Tage in dem Hausgaͤrtchen, und des Abends,
nach Belieben, in der Badſtube ſuchen, ohne ſonſt wohin einen Schrit, auch nur zu den
Bedienten, des Zeitvertreibs halber, thun zu duͤrfen, es waͤre denn, aus einer Art von
Nachſicht, in den Nebenkammern der Nagaſackiſchen Reiſegefaͤhrten.

Wenn
Zweiter Band. B b
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[193/0211] Sechſtes Kap. Von der Reiſe der Hollaͤnder ꝛc. geſchiehet durch die Hausmaͤgde, die ihnen alles benoͤthigte zubringen, bei der Mahlzeit einſchenken, vorlegen, und eben dadurch zur naͤheren Bekantſchaft den Weg bahnen. Bei den Hollaͤndern faͤlt eine dergleichen Bedienung weg, ja ſelbſt der Wirth und ſeine maͤnli- chen Hausgenoſſen duͤrfen nach hereingebrachtem Thee gar nicht, oder nur bis fuͤr unſere Kammerſchieber nahe treten, weil unſere mitgebrachten Diener uns mit allem, was wir brauchen, an Hand gehen muͤſſen. Mehr Speitoͤpfe als der eine, der mit auf der Platte ſtehet, werden den Gaͤſten nicht gegeben; ſolten weiter welche gefordert werden, ſo dienen dafuͤr Handbreit lange Staͤbchen von Bambus, die unter dem Gliede abgeſaͤgt ſind. Die Kerzen, die man uns zur Abendzeit bringt, ſind in der Mitten hohl, denn ihr papierner Tocht wird um ein rundes Staͤbchen gewunden, und alsdenn in das Fet ge- tunkt, die Leuchter ſind daher mit einer Pfrieme verſehen, worauf ſie geſtekt werden; ſie brennen geſchwinde ab, und geben viel Rauch und ſtinkenden Dunſt, weil ſie von Lorbeer, Campher und anderm dergleichen Baumfette brennen muͤſſen. Wenn man die brennende Kerze aus dem Leuchterpfriemen hebt, ſo iſt es laͤcherlich zu ſehen, wie der Rauch unten mit einem geſchwinden Wirbel hervorblaͤſet, welchen die brennende Flamme hinabtreibt. Zur Nachtlampe bedient man ſich eines platten irdenen Schluͤſſelchens, worauf ein Tocht von Biſammark in Walfiſch- oder Baumoͤl aus dem Saamen der Baumwolle brent, und das uͤber ein Waſſergefaͤs oder auch in eine viereckigte Laterne geſezt wird, damit es zu kei- ner Entzuͤndung komme, die in dieſen gleichſam papiernen Haͤuſern leicht entſtehen, und ſich zu einer algemeinen Feuersbrunſt verbreiten kan. Unſere Japaner halten auf der Reiſe taͤglich dreimal Tafel, ohne was ſie noch dar- zwiſchen eſſen. Noch vor Tage, und ſo bald ſie aufgeſtanden und gekleidet ſind, und alſo vor dem Aufbruche geſchiehet die erſte, zu Mittage in der andern Herberge die zweite, und vor dem Schlafengehen die dritte Mahlzeit, die ihnen auf inlaͤndiſche Manier ſo zubereitet wird, wie wir es an ſeinem Orte beſchrieben haben. Sie laſſen es ſich ſehr gut ſchmecken, und ſingen auch wol nach der Mahlzeit ein Liedchen beim Trinken, oder (da ihnen das Chartenſpielen verboten iſt) machen ſich ſonſt durch andere Spiele und durch Raͤzelaufgaben nach der Reihe einen Zeitvertreib, wobei denn der, welcher verliert, einen Trunk thun mus. Die Hollaͤnder hingegen muͤſſen das ihrige in der Stille einnehmen; ihre Mahlzeit laſſen ſie ſich von ihren Japaniſchen Koͤchen auf Europaͤiſche Manier zurichten und auftra- gen, und ſich bisweilen eine Japaniſche Schuͤſſel von dem Wirthe dazu reichen, auch, nebſt dem Europaͤiſchen Weine, das einheimiſche warme Reisbier zur Genuͤge einſchenken. Jm uͤbrigen muͤſſen ſie ihre Veraͤnderung bei Tage in dem Hausgaͤrtchen, und des Abends, nach Belieben, in der Badſtube ſuchen, ohne ſonſt wohin einen Schrit, auch nur zu den Bedienten, des Zeitvertreibs halber, thun zu duͤrfen, es waͤre denn, aus einer Art von Nachſicht, in den Nebenkammern der Nagaſackiſchen Reiſegefaͤhrten. Wenn Zweiter Band. B b

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/211>, abgerufen am 22.11.2024.