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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Viert. Kap. Beschreibung der Posthäuser, Herbergen, etc.
unterbrochenem Laufe bis zur nächsten Post, und tragen sie in einem schwarz lakirten Kästchen,
das mit dem Wapen des Absenders bemalt ist, vermittelst eines daran beveftigten Stabes
auf der Schulter. Dieser Boten laufen stets zween mit einander, damit, wenn dem ei-
nen etwan was zustößet, der andere seinen Dienst versehen, und mit dem Kästchen zur
Stelle eilen kan. Wenn er eben Briefe vom Kaiser trägt, alsdenn mus ihm alles, ja
selbst ein Fürstlicher Train, ausweichen, um seinem Laufe nicht hinderlich zu seyn, welches
er denn jedesmal mit einem Gelaute von fern andeutet.

Mit Herbergen ist unsere Heerstraße ebenwol ziemlich versehen. Die ansehnlich-
sten findet man in den Postflecken, daselbst auch die jährlich auf- und abreisende Herren ein-
kehren, weil sie alle Bequemlichkeiten haben können. Sie sind wie andere wohlgebauete
Häuser von einem Stokwerke, oder wenn etwa noch eins wäre, so ist es niedrig und
parfümirt*) Sonst haben sie die Breite eines ordentlichen Wohnhauses, eine Tiefe oder
Länge von manchmal 40 Klaftern, nicht ohne Zierde, und darhinter einen Tsuboo, d. i.
Haus- oder Lustgärtchen, das mit einer saubern weißen Wand eingefasset ist. Von vornen
sind diese Häuser mit hölzernen Schiebladen versehen, welche nebst den Schirmwänden der
innern Gemächer, wenn keine vornehme Gäste da sind, bei Tage allezeit offen stehen, so,
daß ein Vorbeigehender durch die dunkeln Kammern gleichsam als durch ein Perspektiv in
den Lustgarten siehet. Der Estrich ist eine halbe Klafter erhaben: von demselben raget
gegen die Straße und den Garten eine hölzerne Gallerie unter einem Vordache hervor, de-
ren sich die Gäste aus Zeitvertreib zum Austritte und Sizplatze bedienen, und von da auch
wol auf die Pferde steigen, um auf der Straße an den Füßen nicht kotig zu werden. Ei-
nige Herbergen haben zur Seite einen Eingang, der für vornehme Gäste bestimt ist, und
wodurch sie aus dem Norimon alsbald in ihr Zimmer abtreten können, ohne in dem Vor-
hause sich schmutzig zu machen.

Das Vorhaus ist dunkel und unansehnlich, mit schlechten weichen Matten belegt,
und mit gemeinen Schiebthüren abgetheilt. Jn selbigen befindet sich die Küche, aus wel-
cher öfters alles mit Rauch überzogen wird, weil kein Schornstein, sondern nur etwan ein
Rauchloch im Dache da ist. Die gemeinen Passagiers haben denn hier bei dem Haus- und
Küchengesinde ihr Quartier.

Das Hinterhaus hingegen wird zu Bewirtung vornehmer Gäste jederzeit so sauber
unterhalten, daß man auf den Fusmatten, an Thüren, Wänden, Schirmen und Fenster-

jalousien
*) [Spaltenumbruch] So haben meine Handschriften. Scheuchzer
gehet ganz ab und sezt: und kan zu weiter[Spaltenumbruch]
nichts als zu einem Magazin gebrauch
werden.
Zweiter Band. Y

Viert. Kap. Beſchreibung der Poſthaͤuſer, Herbergen, ꝛc.
unterbrochenem Laufe bis zur naͤchſten Poſt, und tragen ſie in einem ſchwarz lakirten Kaͤſtchen,
das mit dem Wapen des Abſenders bemalt iſt, vermittelſt eines daran beveftigten Stabes
auf der Schulter. Dieſer Boten laufen ſtets zween mit einander, damit, wenn dem ei-
nen etwan was zuſtoͤßet, der andere ſeinen Dienſt verſehen, und mit dem Kaͤſtchen zur
Stelle eilen kan. Wenn er eben Briefe vom Kaiſer traͤgt, alsdenn mus ihm alles, ja
ſelbſt ein Fuͤrſtlicher Train, ausweichen, um ſeinem Laufe nicht hinderlich zu ſeyn, welches
er denn jedesmal mit einem Gelaute von fern andeutet.

Mit Herbergen iſt unſere Heerſtraße ebenwol ziemlich verſehen. Die anſehnlich-
ſten findet man in den Poſtflecken, daſelbſt auch die jaͤhrlich auf- und abreiſende Herren ein-
kehren, weil ſie alle Bequemlichkeiten haben koͤnnen. Sie ſind wie andere wohlgebauete
Haͤuſer von einem Stokwerke, oder wenn etwa noch eins waͤre, ſo iſt es niedrig und
parfuͤmirt*) Sonſt haben ſie die Breite eines ordentlichen Wohnhauſes, eine Tiefe oder
Laͤnge von manchmal 40 Klaftern, nicht ohne Zierde, und darhinter einen Tſuboo, d. i.
Haus- oder Luſtgaͤrtchen, das mit einer ſaubern weißen Wand eingefaſſet iſt. Von vornen
ſind dieſe Haͤuſer mit hoͤlzernen Schiebladen verſehen, welche nebſt den Schirmwaͤnden der
innern Gemaͤcher, wenn keine vornehme Gaͤſte da ſind, bei Tage allezeit offen ſtehen, ſo,
daß ein Vorbeigehender durch die dunkeln Kammern gleichſam als durch ein Perſpektiv in
den Luſtgarten ſiehet. Der Eſtrich iſt eine halbe Klafter erhaben: von demſelben raget
gegen die Straße und den Garten eine hoͤlzerne Gallerie unter einem Vordache hervor, de-
ren ſich die Gaͤſte aus Zeitvertreib zum Austritte und Sizplatze bedienen, und von da auch
wol auf die Pferde ſteigen, um auf der Straße an den Fuͤßen nicht kotig zu werden. Ei-
nige Herbergen haben zur Seite einen Eingang, der fuͤr vornehme Gaͤſte beſtimt iſt, und
wodurch ſie aus dem Norimon alsbald in ihr Zimmer abtreten koͤnnen, ohne in dem Vor-
hauſe ſich ſchmutzig zu machen.

Das Vorhaus iſt dunkel und unanſehnlich, mit ſchlechten weichen Matten belegt,
und mit gemeinen Schiebthuͤren abgetheilt. Jn ſelbigen befindet ſich die Kuͤche, aus wel-
cher oͤfters alles mit Rauch uͤberzogen wird, weil kein Schornſtein, ſondern nur etwan ein
Rauchloch im Dache da iſt. Die gemeinen Paſſagiers haben denn hier bei dem Haus- und
Kuͤchengeſinde ihr Quartier.

Das Hinterhaus hingegen wird zu Bewirtung vornehmer Gaͤſte jederzeit ſo ſauber
unterhalten, daß man auf den Fusmatten, an Thuͤren, Waͤnden, Schirmen und Fenſter-

jalouſien
*) [Spaltenumbruch] So haben meine Handſchriften. Scheuchzer
gehet ganz ab und ſezt: und kan zu weiter[Spaltenumbruch]
nichts als zu einem Magazin gebrauch
werden.
Zweiter Band. Y
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[169/0187] Viert. Kap. Beſchreibung der Poſthaͤuſer, Herbergen, ꝛc. unterbrochenem Laufe bis zur naͤchſten Poſt, und tragen ſie in einem ſchwarz lakirten Kaͤſtchen, das mit dem Wapen des Abſenders bemalt iſt, vermittelſt eines daran beveftigten Stabes auf der Schulter. Dieſer Boten laufen ſtets zween mit einander, damit, wenn dem ei- nen etwan was zuſtoͤßet, der andere ſeinen Dienſt verſehen, und mit dem Kaͤſtchen zur Stelle eilen kan. Wenn er eben Briefe vom Kaiſer traͤgt, alsdenn mus ihm alles, ja ſelbſt ein Fuͤrſtlicher Train, ausweichen, um ſeinem Laufe nicht hinderlich zu ſeyn, welches er denn jedesmal mit einem Gelaute von fern andeutet. Mit Herbergen iſt unſere Heerſtraße ebenwol ziemlich verſehen. Die anſehnlich- ſten findet man in den Poſtflecken, daſelbſt auch die jaͤhrlich auf- und abreiſende Herren ein- kehren, weil ſie alle Bequemlichkeiten haben koͤnnen. Sie ſind wie andere wohlgebauete Haͤuſer von einem Stokwerke, oder wenn etwa noch eins waͤre, ſo iſt es niedrig und parfuͤmirt *) Sonſt haben ſie die Breite eines ordentlichen Wohnhauſes, eine Tiefe oder Laͤnge von manchmal 40 Klaftern, nicht ohne Zierde, und darhinter einen Tſuboo, d. i. Haus- oder Luſtgaͤrtchen, das mit einer ſaubern weißen Wand eingefaſſet iſt. Von vornen ſind dieſe Haͤuſer mit hoͤlzernen Schiebladen verſehen, welche nebſt den Schirmwaͤnden der innern Gemaͤcher, wenn keine vornehme Gaͤſte da ſind, bei Tage allezeit offen ſtehen, ſo, daß ein Vorbeigehender durch die dunkeln Kammern gleichſam als durch ein Perſpektiv in den Luſtgarten ſiehet. Der Eſtrich iſt eine halbe Klafter erhaben: von demſelben raget gegen die Straße und den Garten eine hoͤlzerne Gallerie unter einem Vordache hervor, de- ren ſich die Gaͤſte aus Zeitvertreib zum Austritte und Sizplatze bedienen, und von da auch wol auf die Pferde ſteigen, um auf der Straße an den Fuͤßen nicht kotig zu werden. Ei- nige Herbergen haben zur Seite einen Eingang, der fuͤr vornehme Gaͤſte beſtimt iſt, und wodurch ſie aus dem Norimon alsbald in ihr Zimmer abtreten koͤnnen, ohne in dem Vor- hauſe ſich ſchmutzig zu machen. Das Vorhaus iſt dunkel und unanſehnlich, mit ſchlechten weichen Matten belegt, und mit gemeinen Schiebthuͤren abgetheilt. Jn ſelbigen befindet ſich die Kuͤche, aus wel- cher oͤfters alles mit Rauch uͤberzogen wird, weil kein Schornſtein, ſondern nur etwan ein Rauchloch im Dache da iſt. Die gemeinen Paſſagiers haben denn hier bei dem Haus- und Kuͤchengeſinde ihr Quartier. Das Hinterhaus hingegen wird zu Bewirtung vornehmer Gaͤſte jederzeit ſo ſauber unterhalten, daß man auf den Fusmatten, an Thuͤren, Waͤnden, Schirmen und Fenſter- jalouſien *) So haben meine Handſchriften. Scheuchzer gehet ganz ab und ſezt: und kan zu weiter nichts als zu einem Magazin gebrauch werden. Zweiter Band. Y

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/187>, abgerufen am 24.11.2024.