Nicht weit von dem Flecken ist auch ein großer Teich, der mit Bäumen umge- ben ist, und von dem man doch die wunderbare Eigenschaft erzählt, daß man nie Blätter oder irgend einige Unreinigkeiten an ihm wahrnehme, welches die Einwohner der ausneh- menden Reinigkeit des Geistes zuschreiben, welcher diesen Teich beherrscht. Aus Ehrfurcht mögen sie auch in demselben nicht einmal fischen.
Nordwärts von Nangasacki liegt an einem Seebusen die fürstliche Stadt und Re- sidenz Omura im District gleiches Namens. Einige Meilen weiter nach Osten hin an einem Arm des Busens von Simabara liegt die Stadt Jsafai, die dem Prinz von Fi- sen gehörte.
Die Stadt Nangasacki selbst ist ganz offen, wie die meisten Städte in Japan, ohne Kastel, Wal, Mauern und Graben. Jhre Gassen sind ziemlich eng und krum, und wegen der anliegenden Gebirge laufen sie almählig höher hinauf, bis sie an der Berg- seite bei den Tempeln sich endigen.
Drei Flüsse (deren Wasser süß *) ist) fließen vom Gebirge durch die Stadt, der gröste durch das östliche Thal. Sie haben nur wenig Wasser und soviel als zur Bewässe- rung einiger Reisfelder und Forttreibung einiger schlechten Mühlen genug ist. Doch haben sie bei Platzregen und plötzlichem Anwuchs auch wol Häuser weggespült.
Diese Stadt hat noch den Stamnamen ihrer vorigen Erbherrn, welche diesen Land- strich von 3000 Kokf jährlichen Einkommens, von dem ersten dieses Namens Nagasaki Kotaro bis zu dem zwölften und letzten Nachkommen Nagasaki Sjinseiemon besessen ha- ben. Von der erblichen Residenz dieser Fürsten zeigt man noch jetzt die steinernen Trümmer auf dem Gipfel des Bergs hinter der Stadt. Durch Ausgang dieser Linie ist vor 300 Jah- ren dieser ganze Distrikt an das fürstliche Haus Omura gekommen. Damals lag auf dem Platz der jetzigen Stadt nichts als ein schlechtes Fischerdorf mit einigen Aeckern, welches damals nur nach seinem Hafen Fukaje oder Trije d. i. langer Seebusen genant wurde. Man unterschied es dadurch von dem vor dem Hafen gelegnen Flecken, Fukafori d. i. der lange Teich, ein Name, der noch jetzt fortdauert. Der neue Besitzer gab dem Dorf den neuen und eignen Namen Nangasacki, und durch seine Sorgfalt und Bemühungen wuchs es almählig zu einem ziemlichen und beträchtlichen Flecken an.
Jn diesem Zustand befand sich Nangasacki, als die Portugiesen zuerst in Japan ankamen. Sie genossen, so wie die Sineser, die Freiheit, nach Belieben in verschiede- nen Häfen zu landen, ließen sich auch an verschiedenen Orten auf Saikokf nieder, vor- nehmlich in der Provinz Bungo und Fisen. Jn letztrer zuerst bei einem Dorf Fakuda, das auf der Jnsel Firando liegt, nicht weit von dem Eingange des Hafens Nagasaki zur
Linken,
*)Fresh water sagt Scheuchzer.
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Nicht weit von dem Flecken iſt auch ein großer Teich, der mit Baͤumen umge- ben iſt, und von dem man doch die wunderbare Eigenſchaft erzaͤhlt, daß man nie Blaͤtter oder irgend einige Unreinigkeiten an ihm wahrnehme, welches die Einwohner der ausneh- menden Reinigkeit des Geiſtes zuſchreiben, welcher dieſen Teich beherrſcht. Aus Ehrfurcht moͤgen ſie auch in demſelben nicht einmal fiſchen.
Nordwaͤrts von Nangaſacki liegt an einem Seebuſen die fuͤrſtliche Stadt und Re- ſidenz Omura im Diſtrict gleiches Namens. Einige Meilen weiter nach Oſten hin an einem Arm des Buſens von Simabara liegt die Stadt Jſafai, die dem Prinz von Fi- ſen gehoͤrte.
Die Stadt Nangaſacki ſelbſt iſt ganz offen, wie die meiſten Staͤdte in Japan, ohne Kaſtel, Wal, Mauern und Graben. Jhre Gaſſen ſind ziemlich eng und krum, und wegen der anliegenden Gebirge laufen ſie almaͤhlig hoͤher hinauf, bis ſie an der Berg- ſeite bei den Tempeln ſich endigen.
Drei Fluͤſſe (deren Waſſer ſuͤß *) iſt) fließen vom Gebirge durch die Stadt, der groͤſte durch das oͤſtliche Thal. Sie haben nur wenig Waſſer und ſoviel als zur Bewaͤſſe- rung einiger Reisfelder und Forttreibung einiger ſchlechten Muͤhlen genug iſt. Doch haben ſie bei Platzregen und ploͤtzlichem Anwuchs auch wol Haͤuſer weggeſpuͤlt.
Dieſe Stadt hat noch den Stamnamen ihrer vorigen Erbherrn, welche dieſen Land- ſtrich von 3000 Kokf jaͤhrlichen Einkommens, von dem erſten dieſes Namens Nagaſaki Kotaro bis zu dem zwoͤlften und letzten Nachkommen Nagaſaki Sjinſeiemon beſeſſen ha- ben. Von der erblichen Reſidenz dieſer Fuͤrſten zeigt man noch jetzt die ſteinernen Truͤmmer auf dem Gipfel des Bergs hinter der Stadt. Durch Ausgang dieſer Linie iſt vor 300 Jah- ren dieſer ganze Diſtrikt an das fuͤrſtliche Haus Omura gekommen. Damals lag auf dem Platz der jetzigen Stadt nichts als ein ſchlechtes Fiſcherdorf mit einigen Aeckern, welches damals nur nach ſeinem Hafen Fukaje oder Trije d. i. langer Seebuſen genant wurde. Man unterſchied es dadurch von dem vor dem Hafen gelegnen Flecken, Fukafori d. i. der lange Teich, ein Name, der noch jetzt fortdauert. Der neue Beſitzer gab dem Dorf den neuen und eignen Namen Nangaſacki, und durch ſeine Sorgfalt und Bemuͤhungen wuchs es almaͤhlig zu einem ziemlichen und betraͤchtlichen Flecken an.
Jn dieſem Zuſtand befand ſich Nangaſacki, als die Portugieſen zuerſt in Japan ankamen. Sie genoſſen, ſo wie die Sineſer, die Freiheit, nach Belieben in verſchiede- nen Haͤfen zu landen, ließen ſich auch an verſchiedenen Orten auf Saikokf nieder, vor- nehmlich in der Provinz Bungo und Fiſen. Jn letztrer zuerſt bei einem Dorf Fakuda, das auf der Jnſel Firando liegt, nicht weit von dem Eingange des Hafens Nagaſaki zur
Linken,
*)Freſh water ſagt Scheuchzer.
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[6/0018]
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Nicht weit von dem Flecken iſt auch ein großer Teich, der mit Baͤumen umge-
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oder irgend einige Unreinigkeiten an ihm wahrnehme, welches die Einwohner der ausneh-
menden Reinigkeit des Geiſtes zuſchreiben, welcher dieſen Teich beherrſcht. Aus Ehrfurcht
moͤgen ſie auch in demſelben nicht einmal fiſchen.
Nordwaͤrts von Nangaſacki liegt an einem Seebuſen die fuͤrſtliche Stadt und Re-
ſidenz Omura im Diſtrict gleiches Namens. Einige Meilen weiter nach Oſten hin an
einem Arm des Buſens von Simabara liegt die Stadt Jſafai, die dem Prinz von Fi-
ſen gehoͤrte.
Die Stadt Nangaſacki ſelbſt iſt ganz offen, wie die meiſten Staͤdte in Japan,
ohne Kaſtel, Wal, Mauern und Graben. Jhre Gaſſen ſind ziemlich eng und krum,
und wegen der anliegenden Gebirge laufen ſie almaͤhlig hoͤher hinauf, bis ſie an der Berg-
ſeite bei den Tempeln ſich endigen.
Drei Fluͤſſe (deren Waſſer ſuͤß *) iſt) fließen vom Gebirge durch die Stadt, der
groͤſte durch das oͤſtliche Thal. Sie haben nur wenig Waſſer und ſoviel als zur Bewaͤſſe-
rung einiger Reisfelder und Forttreibung einiger ſchlechten Muͤhlen genug iſt. Doch haben
ſie bei Platzregen und ploͤtzlichem Anwuchs auch wol Haͤuſer weggeſpuͤlt.
Dieſe Stadt hat noch den Stamnamen ihrer vorigen Erbherrn, welche dieſen Land-
ſtrich von 3000 Kokf jaͤhrlichen Einkommens, von dem erſten dieſes Namens Nagaſaki
Kotaro bis zu dem zwoͤlften und letzten Nachkommen Nagaſaki Sjinſeiemon beſeſſen ha-
ben. Von der erblichen Reſidenz dieſer Fuͤrſten zeigt man noch jetzt die ſteinernen Truͤmmer
auf dem Gipfel des Bergs hinter der Stadt. Durch Ausgang dieſer Linie iſt vor 300 Jah-
ren dieſer ganze Diſtrikt an das fuͤrſtliche Haus Omura gekommen. Damals lag auf dem
Platz der jetzigen Stadt nichts als ein ſchlechtes Fiſcherdorf mit einigen Aeckern, welches
damals nur nach ſeinem Hafen Fukaje oder Trije d. i. langer Seebuſen genant wurde.
Man unterſchied es dadurch von dem vor dem Hafen gelegnen Flecken, Fukafori d. i. der
lange Teich, ein Name, der noch jetzt fortdauert. Der neue Beſitzer gab dem Dorf den
neuen und eignen Namen Nangaſacki, und durch ſeine Sorgfalt und Bemuͤhungen wuchs
es almaͤhlig zu einem ziemlichen und betraͤchtlichen Flecken an.
Jn dieſem Zuſtand befand ſich Nangaſacki, als die Portugieſen zuerſt in Japan
ankamen. Sie genoſſen, ſo wie die Sineſer, die Freiheit, nach Belieben in verſchiede-
nen Haͤfen zu landen, ließen ſich auch an verſchiedenen Orten auf Saikokf nieder, vor-
nehmlich in der Provinz Bungo und Fiſen. Jn letztrer zuerſt bei einem Dorf Fakuda,
das auf der Jnſel Firando liegt, nicht weit von dem Eingange des Hafens Nagaſaki zur
Linken,
*) Freſh water ſagt Scheuchzer.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/18>, abgerufen am 16.02.2025.
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