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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Neunt. Kap. Vom Handel der Sinesen auf Japan.
liche Verordnung einzig und allein, (so wie alle Ausländer,) einzulaufen und in der Stadt
ihren Marktplaz zu halten verbunden waren. Und so trieben denn so wohl die Sineser,
welche durch alle Jnsuln und Länder an der Ostseite des Ganges zerstreuet waren als die
Eingebohrnen verschiedene Jahre den freien Handel, theils für ihre eigene Rechnung, theils
auch in Commission ihrer Könige oder Landeshetren, und kamen mit so vielen Schiffen,
Waaren und Volk nach Japan, als sie wolten. Vergnügt über eine solche Freiheit ließen
sie sich zum Theil alhier wohnhaft nieder, erbaueten nach dem Unterschiede ihrer Landes-
sprache drei Tempel und besezten dieselben mit Pfaffen aus ihrer Nation. Es nahm die
Ueberkunft der Sinesen und ihrer Jonken in kurzem so stark zu, daß die vorsichtigen und
argwöhnischen Japaner einen Verdacht daraus schöpften; denn so langten die Sinesen 1683
und 1684, (um nur bei den lezteren Jahren stehen zu bleiben,) nach und nach mit 200 Jon-
ken in einem Jahre, jede mit nicht weniger als 50 Mann, (an stat, daß es für jezt nur 30
seyn dürfen,) besezt, zu Nangasacki an, welches also für ein Jahr eine Anzahl von 10,000
Personen ausmacht; nicht zu gedenken, daß bisweilen verschiedene Jonken mit 100 Men-
schen erfült kamen, unter denen sodan die mehresten als Passagiers, die für ihr Privatin-
teresse Waaren verkaufen wolten, andere aber auch wohl aus Lust sich mit überführen ließen.
Leztre waren junge, reiche Sineser, welche zu Nagasacki ein Stük Geld an den Mann,
oder, daß ich recht sage, an das Frauenzimmer zu bringen gedachten, als welches in Sina
nirgend für Geld, wohl aber in Japan überal feil ist, und auch unter andern der Stadt
Nagasacki eine gute Nahrung verschaft. Jn dem berührten lezteren Jahre fand sich so
gar ein tatarischer Mandarin in vollem Staate, als ein Haupt über sechs Jonken, ein; er
muste sich aber mit denselben bald wieder wegbegeben, weil man ihm wissen lies, daß in
Japan keine andere Häupter und Mandarinen als eingebohrne geduldet würden. Die
Freiheit, welche die Sinesen bisher genossen, wurde überhaupt immer mehr eingeschränkt.
Es hatten die Japaner in Erfahrung gebracht, daß der in Sina regierende tatarische Kaiser
den Jesuiten, diesen geschwornen und aus Japan verbanneten Feinden des Reichs, einen
großen Zutrit vergönne und ihnen verstatte, seine Unterthanen von dem Heidenthum abzu-
wenden; daß die in Sina gedrukte Jesuitische Schriften unter andere jährlich nach Ja-
pan eingebrachte Bücher verstekt würden, und unter die Leute geriethen, wodurch dieselbe,
wie man meinte, gar leicht eingenommen und zum Christenthum verleitet werden könten;
daß endlich auch die Sineser selbst in den Verdacht kämen, Bekenner der Jesuitischen Leh-
ren und Römische Christen zu seyn. Alles dieses bewog die Regierung zu dem Schlusse,
die bisherige Freiheit der Sinesischen Nation zu beschränken, und ihnen, eben so gut als
den Holländern, im Handel und Wandel Maas und Ziel zu setzen. Zur Ausführung da-
von gab die Ueberkunft des erwähnten Mandarins so wohl, als die jährlich anwachsende

Menge
Q 2

Neunt. Kap. Vom Handel der Sineſen auf Japan.
liche Verordnung einzig und allein, (ſo wie alle Auslaͤnder,) einzulaufen und in der Stadt
ihren Marktplaz zu halten verbunden waren. Und ſo trieben denn ſo wohl die Sineſer,
welche durch alle Jnſuln und Laͤnder an der Oſtſeite des Ganges zerſtreuet waren als die
Eingebohrnen verſchiedene Jahre den freien Handel, theils fuͤr ihre eigene Rechnung, theils
auch in Commiſſion ihrer Koͤnige oder Landeshetren, und kamen mit ſo vielen Schiffen,
Waaren und Volk nach Japan, als ſie wolten. Vergnuͤgt uͤber eine ſolche Freiheit ließen
ſie ſich zum Theil alhier wohnhaft nieder, erbaueten nach dem Unterſchiede ihrer Landes-
ſprache drei Tempel und beſezten dieſelben mit Pfaffen aus ihrer Nation. Es nahm die
Ueberkunft der Sineſen und ihrer Jonken in kurzem ſo ſtark zu, daß die vorſichtigen und
argwoͤhniſchen Japaner einen Verdacht daraus ſchoͤpften; denn ſo langten die Sineſen 1683
und 1684, (um nur bei den lezteren Jahren ſtehen zu bleiben,) nach und nach mit 200 Jon-
ken in einem Jahre, jede mit nicht weniger als 50 Mann, (an ſtat, daß es fuͤr jezt nur 30
ſeyn duͤrfen,) beſezt, zu Nangaſacki an, welches alſo fuͤr ein Jahr eine Anzahl von 10,000
Perſonen ausmacht; nicht zu gedenken, daß bisweilen verſchiedene Jonken mit 100 Men-
ſchen erfuͤlt kamen, unter denen ſodan die mehreſten als Paſſagiers, die fuͤr ihr Privatin-
tereſſe Waaren verkaufen wolten, andere aber auch wohl aus Luſt ſich mit uͤberfuͤhren ließen.
Leztre waren junge, reiche Sineſer, welche zu Nagaſacki ein Stuͤk Geld an den Mann,
oder, daß ich recht ſage, an das Frauenzimmer zu bringen gedachten, als welches in Sina
nirgend fuͤr Geld, wohl aber in Japan uͤberal feil iſt, und auch unter andern der Stadt
Nagaſacki eine gute Nahrung verſchaft. Jn dem beruͤhrten lezteren Jahre fand ſich ſo
gar ein tatariſcher Mandarin in vollem Staate, als ein Haupt uͤber ſechs Jonken, ein; er
muſte ſich aber mit denſelben bald wieder wegbegeben, weil man ihm wiſſen lies, daß in
Japan keine andere Haͤupter und Mandarinen als eingebohrne geduldet wuͤrden. Die
Freiheit, welche die Sineſen bisher genoſſen, wurde uͤberhaupt immer mehr eingeſchraͤnkt.
Es hatten die Japaner in Erfahrung gebracht, daß der in Sina regierende tatariſche Kaiſer
den Jeſuiten, dieſen geſchwornen und aus Japan verbanneten Feinden des Reichs, einen
großen Zutrit vergoͤnne und ihnen verſtatte, ſeine Unterthanen von dem Heidenthum abzu-
wenden; daß die in Sina gedrukte Jeſuitiſche Schriften unter andere jaͤhrlich nach Ja-
pan eingebrachte Buͤcher verſtekt wuͤrden, und unter die Leute geriethen, wodurch dieſelbe,
wie man meinte, gar leicht eingenommen und zum Chriſtenthum verleitet werden koͤnten;
daß endlich auch die Sineſer ſelbſt in den Verdacht kaͤmen, Bekenner der Jeſuitiſchen Leh-
ren und Roͤmiſche Chriſten zu ſeyn. Alles dieſes bewog die Regierung zu dem Schluſſe,
die bisherige Freiheit der Sineſiſchen Nation zu beſchraͤnken, und ihnen, eben ſo gut als
den Hollaͤndern, im Handel und Wandel Maas und Ziel zu ſetzen. Zur Ausfuͤhrung da-
von gab die Ueberkunft des erwaͤhnten Mandarins ſo wohl, als die jaͤhrlich anwachſende

Menge
Q 2
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[123/0137] Neunt. Kap. Vom Handel der Sineſen auf Japan. liche Verordnung einzig und allein, (ſo wie alle Auslaͤnder,) einzulaufen und in der Stadt ihren Marktplaz zu halten verbunden waren. Und ſo trieben denn ſo wohl die Sineſer, welche durch alle Jnſuln und Laͤnder an der Oſtſeite des Ganges zerſtreuet waren als die Eingebohrnen verſchiedene Jahre den freien Handel, theils fuͤr ihre eigene Rechnung, theils auch in Commiſſion ihrer Koͤnige oder Landeshetren, und kamen mit ſo vielen Schiffen, Waaren und Volk nach Japan, als ſie wolten. Vergnuͤgt uͤber eine ſolche Freiheit ließen ſie ſich zum Theil alhier wohnhaft nieder, erbaueten nach dem Unterſchiede ihrer Landes- ſprache drei Tempel und beſezten dieſelben mit Pfaffen aus ihrer Nation. Es nahm die Ueberkunft der Sineſen und ihrer Jonken in kurzem ſo ſtark zu, daß die vorſichtigen und argwoͤhniſchen Japaner einen Verdacht daraus ſchoͤpften; denn ſo langten die Sineſen 1683 und 1684, (um nur bei den lezteren Jahren ſtehen zu bleiben,) nach und nach mit 200 Jon- ken in einem Jahre, jede mit nicht weniger als 50 Mann, (an ſtat, daß es fuͤr jezt nur 30 ſeyn duͤrfen,) beſezt, zu Nangaſacki an, welches alſo fuͤr ein Jahr eine Anzahl von 10,000 Perſonen ausmacht; nicht zu gedenken, daß bisweilen verſchiedene Jonken mit 100 Men- ſchen erfuͤlt kamen, unter denen ſodan die mehreſten als Paſſagiers, die fuͤr ihr Privatin- tereſſe Waaren verkaufen wolten, andere aber auch wohl aus Luſt ſich mit uͤberfuͤhren ließen. Leztre waren junge, reiche Sineſer, welche zu Nagaſacki ein Stuͤk Geld an den Mann, oder, daß ich recht ſage, an das Frauenzimmer zu bringen gedachten, als welches in Sina nirgend fuͤr Geld, wohl aber in Japan uͤberal feil iſt, und auch unter andern der Stadt Nagaſacki eine gute Nahrung verſchaft. Jn dem beruͤhrten lezteren Jahre fand ſich ſo gar ein tatariſcher Mandarin in vollem Staate, als ein Haupt uͤber ſechs Jonken, ein; er muſte ſich aber mit denſelben bald wieder wegbegeben, weil man ihm wiſſen lies, daß in Japan keine andere Haͤupter und Mandarinen als eingebohrne geduldet wuͤrden. Die Freiheit, welche die Sineſen bisher genoſſen, wurde uͤberhaupt immer mehr eingeſchraͤnkt. Es hatten die Japaner in Erfahrung gebracht, daß der in Sina regierende tatariſche Kaiſer den Jeſuiten, dieſen geſchwornen und aus Japan verbanneten Feinden des Reichs, einen großen Zutrit vergoͤnne und ihnen verſtatte, ſeine Unterthanen von dem Heidenthum abzu- wenden; daß die in Sina gedrukte Jeſuitiſche Schriften unter andere jaͤhrlich nach Ja- pan eingebrachte Buͤcher verſtekt wuͤrden, und unter die Leute geriethen, wodurch dieſelbe, wie man meinte, gar leicht eingenommen und zum Chriſtenthum verleitet werden koͤnten; daß endlich auch die Sineſer ſelbſt in den Verdacht kaͤmen, Bekenner der Jeſuitiſchen Leh- ren und Roͤmiſche Chriſten zu ſeyn. Alles dieſes bewog die Regierung zu dem Schluſſe, die bisherige Freiheit der Sineſiſchen Nation zu beſchraͤnken, und ihnen, eben ſo gut als den Hollaͤndern, im Handel und Wandel Maas und Ziel zu ſetzen. Zur Ausfuͤhrung da- von gab die Ueberkunft des erwaͤhnten Mandarins ſo wohl, als die jaͤhrlich anwachſende Menge Q 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/137>, abgerufen am 24.11.2024.