Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch. es sich sogleich zwei Meilen von der Stadt bis an das äußerste Ende des Hafens entfernen,und daselbst warten, bis das lezte Schiff auch auf eben die Art abgefertigt ist. Bei dessen Ankunft werden dann alle unsre Schiffe von den japanischen Wächtern in die offene See begleitet, die sich bis dahin theils auf unsern Schiffen theils um dieselbe in Wachtboten be- finden, und erst, wann sie eine beträchtliche Entfernung vom Hafen erreicht haben, uns verlassen. Jst ein Sturm oder widriger Wind unsrer Ausfuhr entgegen, so werden eine große Menge Kähne und Boote, mit Ruderknechten besezt, an ein langes an unserm Schiffe bevestigtes Thau angebunden, und dadurch eines unsrer Schiffe nach dem andern mit ausnehmender Arbeit und beständigem Rudern aus dem Hafen herausgeschlept, damit der Kaiserliche Befehl, allen See- und Lufgöttern zum Trotze, aufs genaueste zur bestimten Zeit volzogen werde. Die vorhererwähnte Exekution geschah nun auf folgende Art: Am zehnten Decem- Jn dieser Ordnung gieng der Zug queer durch unsre Jnsel auf einen ledigen zur ren
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. es ſich ſogleich zwei Meilen von der Stadt bis an das aͤußerſte Ende des Hafens entfernen,und daſelbſt warten, bis das lezte Schiff auch auf eben die Art abgefertigt iſt. Bei deſſen Ankunft werden dann alle unſre Schiffe von den japaniſchen Waͤchtern in die offene See begleitet, die ſich bis dahin theils auf unſern Schiffen theils um dieſelbe in Wachtboten be- finden, und erſt, wann ſie eine betraͤchtliche Entfernung vom Hafen erreicht haben, uns verlaſſen. Jſt ein Sturm oder widriger Wind unſrer Ausfuhr entgegen, ſo werden eine große Menge Kaͤhne und Boote, mit Ruderknechten beſezt, an ein langes an unſerm Schiffe beveſtigtes Thau angebunden, und dadurch eines unſrer Schiffe nach dem andern mit ausnehmender Arbeit und beſtaͤndigem Rudern aus dem Hafen herausgeſchlept, damit der Kaiſerliche Befehl, allen See- und Lufgoͤttern zum Trotze, aufs genaueſte zur beſtimten Zeit volzogen werde. Die vorhererwaͤhnte Exekution geſchah nun auf folgende Art: Am zehnten Decem- Jn dieſer Ordnung gieng der Zug queer durch unſre Jnſel auf einen ledigen zur ren
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
es ſich ſogleich zwei Meilen von der Stadt bis an das aͤußerſte Ende des Hafens entfernen,
und daſelbſt warten, bis das lezte Schiff auch auf eben die Art abgefertigt iſt. Bei deſſen
Ankunft werden dann alle unſre Schiffe von den japaniſchen Waͤchtern in die offene See
begleitet, die ſich bis dahin theils auf unſern Schiffen theils um dieſelbe in Wachtboten be-
finden, und erſt, wann ſie eine betraͤchtliche Entfernung vom Hafen erreicht haben, uns
verlaſſen. Jſt ein Sturm oder widriger Wind unſrer Ausfuhr entgegen, ſo werden eine
große Menge Kaͤhne und Boote, mit Ruderknechten beſezt, an ein langes an unſerm
Schiffe beveſtigtes Thau angebunden, und dadurch eines unſrer Schiffe nach dem andern
mit ausnehmender Arbeit und beſtaͤndigem Rudern aus dem Hafen herausgeſchlept, damit
der Kaiſerliche Befehl, allen See- und Lufgoͤttern zum Trotze, aufs genaueſte zur beſtimten
Zeit volzogen werde.
Die vorhererwaͤhnte Exekution geſchah nun auf folgende Art: Am zehnten Decem-
ber gleich mit Anbruch des Tages lies der praͤſidirende Stathalter, ehemals Ginſejemon
jezt Tſino Cami genant, unſerm Reſidenten durch den Ottona andeuten, er ſolle ſich nebſt
allen ſeinen Untergebenen bereit halten, die Beſtrafung des Delinquenten anzuſehn. Eine
Stunde nachher kam die ganze Schaar von Dolmetſchern, Hauswirthen, Koͤchen und alles
Geſchleppe dieſer Jnſel, zuſammen gegen 200 Perſonen. Voran wurde auf einer Stange
eine Tafel getragen, auf der mit großen Charactern, die man auch in der Ferne leſen konte,
die Urſache der zu verhaͤngenden Todesſtrafe angezeigt war. Hierauf folgten die beiden De-
linquenten mit Schergen und Buͤtteln umgeben. Der erſte war ein ſchlechtgekleideter drei
und zwanzigjaͤhriger Menſch, bei dem man den Kampher gefunden hatte, der andre ein
wohlgekleideter vierzigjaͤhriger Mann, der jenem, ſeinem ehemaligen Bedienten, nur das
Geld zum Schleichhandel geliehen hatte. Unter den Schergen trug der eine ein in die Hoͤhe
gerichtetes Jnſtrument, das ohngefehr wie eine Harke ausſah, aber ſtat der Zinnen mit
gewundenen eiſernen Angeln beſezt war, womit man Fluͤchtige anhalten kan, weil ſich die
Kleider an die Angeln befeſtigen. Ein anderer trug auch an einem Stiel ein ſcharfes und
in Form eines halben Monds gebogenes Jnſtrument, das man zum Schneiden, Hauen,
Stechen ſehr bequem gebrauchen, auch jemand damit an die Wand feſte druͤcken kan. Dann
folgten zwei Hof bedienten der Stathalter, als Commiſſaires bei dieſer Handlung, mit einem
großen Gefolge ihrer Diener, und in einiger Entfernung auch zwei Secretairs.
Jn dieſer Ordnung gieng der Zug queer durch unſre Jnſel auf einen ledigen zur
Exekution beſtimten Plaz. Unſre Schiffe waren damals abgefahren, und wir hier gebliebne
ſieben Hollaͤnder hatten uns vorgenommen, die Hinrichtung nicht mit anzuſehn. Aber der
Herr Reſident hielt doch fuͤr beſſer, daß wir hingiengen, weil er gehoͤrt hatte, daß man uns
ſonſt mit Stoͤcken herbeiholen wolle. Jch verzog daher auch nicht, mich einzufinden, und
fand die Delinquenten mitten auf dem Platze, einen vor den andern knieend; ihre Haͤnde wa-
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