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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
aber, die sich hier bei unserm Comptoir befinden, auch nach dem Berichte, den ich von dem
erwähnten alten Oberdolmetscher erhalten, bin ich völlig vom Gegentheil überzeugt. Unsre
Leute haben nie geleugnet, sondern immer zu ihrem größten Schaden und Verhöhnung ge-
antwortet, sie seyen Christen, aber nicht von der Sekte der portugiesischen Pfaffen. Die
üble Nachrede selbst aber ist durch die Antwort eines Holländers Michael Sandwoort ent-
standen. Dieser war an der Japanischen Küste gestrandet, und hatte sich in Nangasacki
nebst noch einem Landsmanne*) niedergelassen. Wie dieser nachher in die Jnquisition ge-
zogen und gefragt wurde: ob er ein Christ sey? antwortete er, um sich und seinen Freund
zu retten, ey was Christen, was Christen! wir sind Holländer! worauf er auch
wirklich losgelassen wurde.

Die zweite Periode unsrer Handlung geht also nun mit der Versetzung nach
Nangasacki an. Sobald wir in dem Meerbusen bei dieser Stadt ankamen, wurden wir
sogleich auf Desima eingespert und aller vorigen Freiheiten völlig verlustig. Die uns fest-
gesezten Gränzen wurden von innen und außen mit starken Wachen besezt, und uns aller
Umgang mit den Japanern schlechterdings abgeschnitten außer mit unsern Bedienten, die
sich aber mit ihrem Blut verpflichten musten, uns nichts von einheimischen Sachen zu mel-
den, und überhaupt nicht die mindeste Vertraulichkeit mit uns zu unterhalten.

Sobald unsre Schiffe den Hafen erreichten, wurden sie von den Japanern in
Besiz genommen, mit Wachtschiffen umgeben; Pulver, Blei, Degen und alle Schifsrü-
stungen wurden an Land gebracht und bis zur Abfarth in Verwahrung behalten. Sogar
die schwersten Kanonen und selbst das Ruder musten ausgehoben und an Land gebracht wer-
den, welches man aber doch nachher wegen gar zu großer und ganz unnöthiger Mühe un-
terlassen hat. Zu gleicher Zeit wurde allemal bei der Ankunft das sämtliche Schifvolk nach
der übergebenen Liste von demselben auf das genaueste gemustert, und eines jeden Name,
Alter und Bedienung aufgezeichnet. Diejenigen, welche um Dienste zu thun auf die
Jnsel giengen, wurden aufs genaueste am Körper visitirt, ihre Degen und alle verkaufbare
Sachen vom Ottona in Verwahrung genommen, und ohne der Japaner Erlaubnis und
Post durfte schlechterdings niemand von den Schiffen ab- oder zufahren, die etwa 300 Schrit
von der Jnsel vor Anker zu liegen pflegen. Unsre mitgebrachte Ladungen wurden von ihren
Leuten in unsre Speicher gebracht, und mit ihren Siegeln verwahrt. Kurz wir sind seit die-
ser Zeit beständig als Feinde und Landesverräther angesehen und behandelt worden.

Ob wir aber gleich in einen so unangenehmen Zustand gerathen sind, wo die Ja-
paner
alle mögliche Gelegenheit haben, unsern Vortheil ungemein einzuschränken; so konnte

doch
*) "Ganz unabhängig von den übrigen Holländern," sagt die englische Uebersetzung.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
aber, die ſich hier bei unſerm Comptoir befinden, auch nach dem Berichte, den ich von dem
erwaͤhnten alten Oberdolmetſcher erhalten, bin ich voͤllig vom Gegentheil uͤberzeugt. Unſre
Leute haben nie geleugnet, ſondern immer zu ihrem groͤßten Schaden und Verhoͤhnung ge-
antwortet, ſie ſeyen Chriſten, aber nicht von der Sekte der portugieſiſchen Pfaffen. Die
uͤble Nachrede ſelbſt aber iſt durch die Antwort eines Hollaͤnders Michael Sandwoort ent-
ſtanden. Dieſer war an der Japaniſchen Kuͤſte geſtrandet, und hatte ſich in Nangaſacki
nebſt noch einem Landsmanne*) niedergelaſſen. Wie dieſer nachher in die Jnquiſition ge-
zogen und gefragt wurde: ob er ein Chriſt ſey? antwortete er, um ſich und ſeinen Freund
zu retten, ey was Chriſten, was Chriſten! wir ſind Hollaͤnder! worauf er auch
wirklich losgelaſſen wurde.

Die zweite Periode unſrer Handlung geht alſo nun mit der Verſetzung nach
Nangaſacki an. Sobald wir in dem Meerbuſen bei dieſer Stadt ankamen, wurden wir
ſogleich auf Deſima eingeſpert und aller vorigen Freiheiten voͤllig verluſtig. Die uns feſt-
geſezten Graͤnzen wurden von innen und außen mit ſtarken Wachen beſezt, und uns aller
Umgang mit den Japanern ſchlechterdings abgeſchnitten außer mit unſern Bedienten, die
ſich aber mit ihrem Blut verpflichten muſten, uns nichts von einheimiſchen Sachen zu mel-
den, und uͤberhaupt nicht die mindeſte Vertraulichkeit mit uns zu unterhalten.

Sobald unſre Schiffe den Hafen erreichten, wurden ſie von den Japanern in
Beſiz genommen, mit Wachtſchiffen umgeben; Pulver, Blei, Degen und alle Schifsruͤ-
ſtungen wurden an Land gebracht und bis zur Abfarth in Verwahrung behalten. Sogar
die ſchwerſten Kanonen und ſelbſt das Ruder muſten ausgehoben und an Land gebracht wer-
den, welches man aber doch nachher wegen gar zu großer und ganz unnoͤthiger Muͤhe un-
terlaſſen hat. Zu gleicher Zeit wurde allemal bei der Ankunft das ſaͤmtliche Schifvolk nach
der uͤbergebenen Liſte von demſelben auf das genaueſte gemuſtert, und eines jeden Name,
Alter und Bedienung aufgezeichnet. Diejenigen, welche um Dienſte zu thun auf die
Jnſel giengen, wurden aufs genaueſte am Koͤrper viſitirt, ihre Degen und alle verkaufbare
Sachen vom Ottona in Verwahrung genommen, und ohne der Japaner Erlaubnis und
Poſt durfte ſchlechterdings niemand von den Schiffen ab- oder zufahren, die etwa 300 Schrit
von der Jnſel vor Anker zu liegen pflegen. Unſre mitgebrachte Ladungen wurden von ihren
Leuten in unſre Speicher gebracht, und mit ihren Siegeln verwahrt. Kurz wir ſind ſeit die-
ſer Zeit beſtaͤndig als Feinde und Landesverraͤther angeſehen und behandelt worden.

Ob wir aber gleich in einen ſo unangenehmen Zuſtand gerathen ſind, wo die Ja-
paner
alle moͤgliche Gelegenheit haben, unſern Vortheil ungemein einzuſchraͤnken; ſo konnte

doch
*) „Ganz unabhaͤngig von den uͤbrigen Hollaͤndern,‟ ſagt die engliſche Ueberſetzung.
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[106/0120] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. aber, die ſich hier bei unſerm Comptoir befinden, auch nach dem Berichte, den ich von dem erwaͤhnten alten Oberdolmetſcher erhalten, bin ich voͤllig vom Gegentheil uͤberzeugt. Unſre Leute haben nie geleugnet, ſondern immer zu ihrem groͤßten Schaden und Verhoͤhnung ge- antwortet, ſie ſeyen Chriſten, aber nicht von der Sekte der portugieſiſchen Pfaffen. Die uͤble Nachrede ſelbſt aber iſt durch die Antwort eines Hollaͤnders Michael Sandwoort ent- ſtanden. Dieſer war an der Japaniſchen Kuͤſte geſtrandet, und hatte ſich in Nangaſacki nebſt noch einem Landsmanne *) niedergelaſſen. Wie dieſer nachher in die Jnquiſition ge- zogen und gefragt wurde: ob er ein Chriſt ſey? antwortete er, um ſich und ſeinen Freund zu retten, ey was Chriſten, was Chriſten! wir ſind Hollaͤnder! worauf er auch wirklich losgelaſſen wurde. Die zweite Periode unſrer Handlung geht alſo nun mit der Verſetzung nach Nangaſacki an. Sobald wir in dem Meerbuſen bei dieſer Stadt ankamen, wurden wir ſogleich auf Deſima eingeſpert und aller vorigen Freiheiten voͤllig verluſtig. Die uns feſt- geſezten Graͤnzen wurden von innen und außen mit ſtarken Wachen beſezt, und uns aller Umgang mit den Japanern ſchlechterdings abgeſchnitten außer mit unſern Bedienten, die ſich aber mit ihrem Blut verpflichten muſten, uns nichts von einheimiſchen Sachen zu mel- den, und uͤberhaupt nicht die mindeſte Vertraulichkeit mit uns zu unterhalten. Sobald unſre Schiffe den Hafen erreichten, wurden ſie von den Japanern in Beſiz genommen, mit Wachtſchiffen umgeben; Pulver, Blei, Degen und alle Schifsruͤ- ſtungen wurden an Land gebracht und bis zur Abfarth in Verwahrung behalten. Sogar die ſchwerſten Kanonen und ſelbſt das Ruder muſten ausgehoben und an Land gebracht wer- den, welches man aber doch nachher wegen gar zu großer und ganz unnoͤthiger Muͤhe un- terlaſſen hat. Zu gleicher Zeit wurde allemal bei der Ankunft das ſaͤmtliche Schifvolk nach der uͤbergebenen Liſte von demſelben auf das genaueſte gemuſtert, und eines jeden Name, Alter und Bedienung aufgezeichnet. Diejenigen, welche um Dienſte zu thun auf die Jnſel giengen, wurden aufs genaueſte am Koͤrper viſitirt, ihre Degen und alle verkaufbare Sachen vom Ottona in Verwahrung genommen, und ohne der Japaner Erlaubnis und Poſt durfte ſchlechterdings niemand von den Schiffen ab- oder zufahren, die etwa 300 Schrit von der Jnſel vor Anker zu liegen pflegen. Unſre mitgebrachte Ladungen wurden von ihren Leuten in unſre Speicher gebracht, und mit ihren Siegeln verwahrt. Kurz wir ſind ſeit die- ſer Zeit beſtaͤndig als Feinde und Landesverraͤther angeſehen und behandelt worden. Ob wir aber gleich in einen ſo unangenehmen Zuſtand gerathen ſind, wo die Ja- paner alle moͤgliche Gelegenheit haben, unſern Vortheil ungemein einzuſchraͤnken; ſo konnte doch *) „Ganz unabhaͤngig von den uͤbrigen Hollaͤndern,‟ ſagt die engliſche Ueberſetzung.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/120>, abgerufen am 25.11.2024.