Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch. dieses Pöbels, der mit einem algemeinen Namen Tsiu genannt wird. Jhr ganzes Gehaltbesteht in einer ungewissen und unbestimten Summe, welche sie von den vorhererwähnten Zöllen der Kaufleute nach der Disposition der Gouverneurs und Oberdolmetscher in verschied- nen Austheilungen, wenn die Handelszeit zu Ende ist, erhalten. Diese Summe beträgt, nachdem der Handel in einem Jahre besser oder schlechter ausfält, gemeiniglich etwa 6000 Tails, welche sie nach Verschiedenheit ihres Rangs so unter sich theilen, daß die zwölf Vor- nehmsten jeder aufs höchste 200 Tails, die folgenden allemal etwa halb soviel oder weni- ger erhalten. Unter diesen Leuten sind vier Takura jaku oder Schazbediente, welche über das Man erlaubt keinem in die Zunft dieser Dolmetscher einzutreten, als den Söhnen Noch können zu den Bedienten unsrer Jnsel gerechnet werden die fünf Desima um
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. dieſes Poͤbels, der mit einem algemeinen Namen Tſiu genannt wird. Jhr ganzes Gehaltbeſteht in einer ungewiſſen und unbeſtimten Summe, welche ſie von den vorhererwaͤhnten Zoͤllen der Kaufleute nach der Diſpoſition der Gouverneurs und Oberdolmetſcher in verſchied- nen Austheilungen, wenn die Handelszeit zu Ende iſt, erhalten. Dieſe Summe betraͤgt, nachdem der Handel in einem Jahre beſſer oder ſchlechter ausfaͤlt, gemeiniglich etwa 6000 Tails, welche ſie nach Verſchiedenheit ihres Rangs ſo unter ſich theilen, daß die zwoͤlf Vor- nehmſten jeder aufs hoͤchſte 200 Tails, die folgenden allemal etwa halb ſoviel oder weni- ger erhalten. Unter dieſen Leuten ſind vier Takura jaku oder Schazbediente, welche uͤber das Man erlaubt keinem in die Zunft dieſer Dolmetſcher einzutreten, als den Soͤhnen Noch koͤnnen zu den Bedienten unſrer Jnſel gerechnet werden die fuͤnf Deſima um
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0108" n="94"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.</hi></fw><lb/> dieſes Poͤbels, der mit einem algemeinen Namen <hi rendition="#fr">Tſiu</hi> genannt wird. Jhr ganzes Gehalt<lb/> beſteht in einer ungewiſſen und unbeſtimten Summe, welche ſie von den vorhererwaͤhnten<lb/> Zoͤllen der Kaufleute nach der Diſpoſition der Gouverneurs und Oberdolmetſcher in verſchied-<lb/> nen Austheilungen, wenn die Handelszeit zu Ende iſt, erhalten. Dieſe Summe betraͤgt,<lb/> nachdem der Handel in einem Jahre beſſer oder ſchlechter ausfaͤlt, gemeiniglich etwa 6000<lb/> Tails, welche ſie nach Verſchiedenheit ihres Rangs ſo unter ſich theilen, daß die zwoͤlf Vor-<lb/> nehmſten jeder aufs hoͤchſte 200 <hi rendition="#fr">Tails,</hi> die folgenden allemal etwa halb ſoviel oder weni-<lb/> ger erhalten.</p><lb/> <p>Unter dieſen Leuten ſind vier <hi rendition="#fr">Takura jaku</hi> oder Schazbediente, welche uͤber das<lb/> Blutgeld Caſſe und Rechnung halten; nebſt zwei <hi rendition="#fr">Fisja</hi> oder Schreibern, welche alle aus<lb/> derſelben Kaſſe ihr duͤrftiges Auskommen erhalten.</p><lb/> <p>Man erlaubt keinem in die Zunft dieſer Dolmetſcher einzutreten, als den Soͤhnen<lb/> der verſtorbnen Dolmetſcher, und dies geſchieht auf folgende Art. Derjenige, welcher<lb/> wuͤnſcht, unter die Dolmetſcher aufgenommen zu werden, laͤſt ſich ein <hi rendition="#fr">Sosjo</hi> oder eine<lb/> Bitſchrift aufſetzen, bringt ſie zu dem <hi rendition="#fr">Ninban</hi> der <hi rendition="#fr">Kumi Gaſjira,</hi> und empfiehlt ihm<lb/> muͤndlich, zuweilen auch <hi rendition="#fr">unter der Hand oder dem Ermel</hi> (welchen Ausdruk ich ſogleich<lb/> erklaͤren werde) ſein Anliegen. Dieſer verſammelt alsdann ſeine eilf Kollegen, und uͤber-<lb/> legt mit ihnen, ob dieſe Befoͤrderung dem Supplikanten ſeines Vaters, Alters und ſeiner<lb/> Verdienſte wegen zukomme, ob die Bitſchrift gehoͤrig abgefaſt ſey u. ſ. w. Finden ſie dieſe<lb/> Herrn gut; ſo ſtellen ſie dieſelbe dem Ninban der <hi rendition="#fr">Ko Gasjira</hi> zu, welcher mit ſeinem<lb/> Collegen eben die Unterſuchung daruͤber anſtelt, und nach Befinden ſie dem Ninban der<lb/><hi rendition="#fr">Fontsjuſi</hi> oder dem Praͤſidenten der oberſten Dolmetſcher einhaͤndigt. Hier ruht die Sache<lb/> oft zwei bis drei Jahre, bis endlich durch wiederholte Vorſtellungen und dringendes Anſu-<lb/> chen, vorzuͤglich aber durch ein Mittel, welches ſie: <hi rendition="#fr">So de no ſita</hi> nennen, der Suppli-<lb/> kant ſeine Abſicht erreicht. Unter dem Leztren verſtehn ſie die <hi rendition="#fr">Bitte unter dem Ermel,</hi><lb/> welche die Japaner ſo weit tragen, daß man unter denſelben ſehr bequem ein Geſchenk bei-<lb/> bringen kan. Sobald wie dieſe lezte Einwilligung erfolgt, ſo pflegt der erſte Oberdolmetſcher<lb/> das Geſuch und Gutachten ſeiner Kollegen dem Stathalter zur Beſtaͤtigung vorzulegen, die<lb/> nur in ſehr ſeltnen Faͤllen geweigert wird. Der neu ernante Dolmetſcher pflegt alsdann<lb/> bei allen andern eine Complimentsviſite abzulegen, ſich ihrer Gewogenheit zu empfehlen und<lb/> ihre Gluͤkswuͤnſche anzunehmen.</p><lb/> <p>Noch koͤnnen zu den Bedienten unſrer Jnſel gerechnet werden die fuͤnf <hi rendition="#fr">Deſima<lb/> Fisja</hi> oder ordentliche Schreiber, welche auch blos zum Dienſte der <hi rendition="#fr">Hollaͤnder</hi> angeſtelt ſind,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0108]
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
dieſes Poͤbels, der mit einem algemeinen Namen Tſiu genannt wird. Jhr ganzes Gehalt
beſteht in einer ungewiſſen und unbeſtimten Summe, welche ſie von den vorhererwaͤhnten
Zoͤllen der Kaufleute nach der Diſpoſition der Gouverneurs und Oberdolmetſcher in verſchied-
nen Austheilungen, wenn die Handelszeit zu Ende iſt, erhalten. Dieſe Summe betraͤgt,
nachdem der Handel in einem Jahre beſſer oder ſchlechter ausfaͤlt, gemeiniglich etwa 6000
Tails, welche ſie nach Verſchiedenheit ihres Rangs ſo unter ſich theilen, daß die zwoͤlf Vor-
nehmſten jeder aufs hoͤchſte 200 Tails, die folgenden allemal etwa halb ſoviel oder weni-
ger erhalten.
Unter dieſen Leuten ſind vier Takura jaku oder Schazbediente, welche uͤber das
Blutgeld Caſſe und Rechnung halten; nebſt zwei Fisja oder Schreibern, welche alle aus
derſelben Kaſſe ihr duͤrftiges Auskommen erhalten.
Man erlaubt keinem in die Zunft dieſer Dolmetſcher einzutreten, als den Soͤhnen
der verſtorbnen Dolmetſcher, und dies geſchieht auf folgende Art. Derjenige, welcher
wuͤnſcht, unter die Dolmetſcher aufgenommen zu werden, laͤſt ſich ein Sosjo oder eine
Bitſchrift aufſetzen, bringt ſie zu dem Ninban der Kumi Gaſjira, und empfiehlt ihm
muͤndlich, zuweilen auch unter der Hand oder dem Ermel (welchen Ausdruk ich ſogleich
erklaͤren werde) ſein Anliegen. Dieſer verſammelt alsdann ſeine eilf Kollegen, und uͤber-
legt mit ihnen, ob dieſe Befoͤrderung dem Supplikanten ſeines Vaters, Alters und ſeiner
Verdienſte wegen zukomme, ob die Bitſchrift gehoͤrig abgefaſt ſey u. ſ. w. Finden ſie dieſe
Herrn gut; ſo ſtellen ſie dieſelbe dem Ninban der Ko Gasjira zu, welcher mit ſeinem
Collegen eben die Unterſuchung daruͤber anſtelt, und nach Befinden ſie dem Ninban der
Fontsjuſi oder dem Praͤſidenten der oberſten Dolmetſcher einhaͤndigt. Hier ruht die Sache
oft zwei bis drei Jahre, bis endlich durch wiederholte Vorſtellungen und dringendes Anſu-
chen, vorzuͤglich aber durch ein Mittel, welches ſie: So de no ſita nennen, der Suppli-
kant ſeine Abſicht erreicht. Unter dem Leztren verſtehn ſie die Bitte unter dem Ermel,
welche die Japaner ſo weit tragen, daß man unter denſelben ſehr bequem ein Geſchenk bei-
bringen kan. Sobald wie dieſe lezte Einwilligung erfolgt, ſo pflegt der erſte Oberdolmetſcher
das Geſuch und Gutachten ſeiner Kollegen dem Stathalter zur Beſtaͤtigung vorzulegen, die
nur in ſehr ſeltnen Faͤllen geweigert wird. Der neu ernante Dolmetſcher pflegt alsdann
bei allen andern eine Complimentsviſite abzulegen, ſich ihrer Gewogenheit zu empfehlen und
ihre Gluͤkswuͤnſche anzunehmen.
Noch koͤnnen zu den Bedienten unſrer Jnſel gerechnet werden die fuͤnf Deſima
Fisja oder ordentliche Schreiber, welche auch blos zum Dienſte der Hollaͤnder angeſtelt ſind,
um
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |