Die Jnsel Pauli Timon ist eine der grösten unter den Jnseln, welche nicht weit von den Küsten von Malacca liegen. Sie gehört dem König von Johor, welcher in Siperka auf der Halbinsel Malacca residirt. Dieser läst die Jnsel durch zwei Orankays regieren, auf jeder Seite der Jnsel einen Orankay, welches Wort in ma- layischer Sprache einen Waldmenschen bedeutet, d. i. einen Menschen, der über Wäl- der gesezt ist. Die Einwohner sind eine Art Banditen, welche die Jnsel schon von langer Zeit her besessen und sich sehr auf derselben vermehrt haben. Ein Orankay, der vor etlichen Jahren am Bord eines unsrer Schiffe war, behauptete, die Zahl der Einwohner belaufe sich auf 2000; man kan aber kaum die Hälfte glaubwürdig annehmen. Diese Ein- wohner leben hin und wieder zerstreuet, in kleinen schlecht gebaueten Häusern oder Hütten, die nur aus einem Zimmer mit einem kleinen Fenster und einer Thür bestehn. Die mei- sten sind nicht über fünf bis sechs Schritte lang, und zwei bis drei breit. Jnwendig geht rings an der Wand her eine Bank, so hoch wie eine Tafel, und sehr bequem zum Sitzen und zum Liegen. Um das Haus stehn einige Pirangbäume. Denn obgleich die Einwoh- ner an einem sehr steilen und unebnen Gebirge wohnen; so suchen sie doch gemeiniglich ihre Wohnungen so anzulegen, daß wenigstens auch etliche Schritte umher ein ebner Plaz ist.
Diese Menschen sind ziemlich belebt und nicht häslich, etwas schwärzer als die Japaner, und freilich auch der Linie näher als diese. Einige kamen mir, nach dem Gesicht zu urtheilen, sehr ungesund vor. Sie ziehen, wie auch die Einwohner des festen Landes von Malacca und von Sumatra thun, die Barthare sich ganz aus, daß sie wie alte Weiber aussehn. Die meisten sind der mohammedanischen Religion zugethan, welche sich durch ganz Jndien sehr weit verbreitet hat. Jhre Kleidung besteht blos in einem Tuche um die Schaamtheile, das aus einer Baumrinde sehr grob gewirkt ist. Eben ein solches Tuch, in einen runden Kranz gewunden, tragen sie um den Kopf; und einige auch Hüte von Gabbe Gabbe Blättern geflochten. Gabbe Gabbe ist ein Baum, aus welchem die Jndier das Saga bereiten, dessen sie sich stat des Brods bedienen.
Die Einwohner kamen mit kleinen Fahrzeugen zu uns an Bord, in welchen nur eine Person sitzen kan, und die so leicht sind, daß ein Man ohne große Mühe sie ans Land tragen kan. Derjenige, welcher darin fährt, sezt sich gerade in die Mitte des Fahrzeugs, und leget seine Waaren hinter sich. Das Ruder hat ohngefähr Manslänge, und ist so eingerichtet, daß man es in der Mitte anfaßt, und dann damit auf beiden Seiten des Kahns eins ums andre mit beiden Enden rudert. Sie haben aber auch größre Fahrzeuge, in welchen vier Personen Raum haben, und mit denen sie bis an die Küste von Malacca überfahren. Folgende Sachen brachten sie uns an Bord: Mangos, von so ungemeiner Größe, daß ich bisher dergleichen noch nicht gesehen hatte; Pisangs, auch größer, als
ich
B
Erſt. Kap. Reiſe von Batavia nach Siam.
Die Jnſel Pauli Timon iſt eine der groͤſten unter den Jnſeln, welche nicht weit von den Kuͤſten von Malacca liegen. Sie gehoͤrt dem Koͤnig von Johor, welcher in Siperka auf der Halbinſel Malacca reſidirt. Dieſer laͤſt die Jnſel durch zwei Orankays regieren, auf jeder Seite der Jnſel einen Orankay, welches Wort in ma- layiſcher Sprache einen Waldmenſchen bedeutet, d. i. einen Menſchen, der uͤber Waͤl- der geſezt iſt. Die Einwohner ſind eine Art Banditen, welche die Jnſel ſchon von langer Zeit her beſeſſen und ſich ſehr auf derſelben vermehrt haben. Ein Orankay, der vor etlichen Jahren am Bord eines unſrer Schiffe war, behauptete, die Zahl der Einwohner belaufe ſich auf 2000; man kan aber kaum die Haͤlfte glaubwuͤrdig annehmen. Dieſe Ein- wohner leben hin und wieder zerſtreuet, in kleinen ſchlecht gebaueten Haͤuſern oder Huͤtten, die nur aus einem Zimmer mit einem kleinen Fenſter und einer Thuͤr beſtehn. Die mei- ſten ſind nicht uͤber fuͤnf bis ſechs Schritte lang, und zwei bis drei breit. Jnwendig geht rings an der Wand her eine Bank, ſo hoch wie eine Tafel, und ſehr bequem zum Sitzen und zum Liegen. Um das Haus ſtehn einige Pirangbaͤume. Denn obgleich die Einwoh- ner an einem ſehr ſteilen und unebnen Gebirge wohnen; ſo ſuchen ſie doch gemeiniglich ihre Wohnungen ſo anzulegen, daß wenigſtens auch etliche Schritte umher ein ebner Plaz iſt.
Dieſe Menſchen ſind ziemlich belebt und nicht haͤslich, etwas ſchwaͤrzer als die Japaner, und freilich auch der Linie naͤher als dieſe. Einige kamen mir, nach dem Geſicht zu urtheilen, ſehr ungeſund vor. Sie ziehen, wie auch die Einwohner des feſten Landes von Malacca und von Sumatra thun, die Barthare ſich ganz aus, daß ſie wie alte Weiber ausſehn. Die meiſten ſind der mohammedaniſchen Religion zugethan, welche ſich durch ganz Jndien ſehr weit verbreitet hat. Jhre Kleidung beſteht blos in einem Tuche um die Schaamtheile, das aus einer Baumrinde ſehr grob gewirkt iſt. Eben ein ſolches Tuch, in einen runden Kranz gewunden, tragen ſie um den Kopf; und einige auch Huͤte von Gabbe Gabbe Blaͤttern geflochten. Gabbe Gabbe iſt ein Baum, aus welchem die Jndier das Saga bereiten, deſſen ſie ſich ſtat des Brods bedienen.
Die Einwohner kamen mit kleinen Fahrzeugen zu uns an Bord, in welchen nur eine Perſon ſitzen kan, und die ſo leicht ſind, daß ein Man ohne große Muͤhe ſie ans Land tragen kan. Derjenige, welcher darin faͤhrt, ſezt ſich gerade in die Mitte des Fahrzeugs, und leget ſeine Waaren hinter ſich. Das Ruder hat ohngefaͤhr Manslaͤnge, und iſt ſo eingerichtet, daß man es in der Mitte anfaßt, und dann damit auf beiden Seiten des Kahns eins ums andre mit beiden Enden rudert. Sie haben aber auch groͤßre Fahrzeuge, in welchen vier Perſonen Raum haben, und mit denen ſie bis an die Kuͤſte von Malacca uͤberfahren. Folgende Sachen brachten ſie uns an Bord: Mangos, von ſo ungemeiner Groͤße, daß ich bisher dergleichen noch nicht geſehen hatte; Piſangs, auch groͤßer, als
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Erſt. Kap. Reiſe von Batavia nach Siam.
Die Jnſel Pauli Timon iſt eine der groͤſten unter den Jnſeln, welche nicht
weit von den Kuͤſten von Malacca liegen. Sie gehoͤrt dem Koͤnig von Johor, welcher
in Siperka auf der Halbinſel Malacca reſidirt. Dieſer laͤſt die Jnſel durch zwei
Orankays regieren, auf jeder Seite der Jnſel einen Orankay, welches Wort in ma-
layiſcher Sprache einen Waldmenſchen bedeutet, d. i. einen Menſchen, der uͤber Waͤl-
der geſezt iſt. Die Einwohner ſind eine Art Banditen, welche die Jnſel ſchon von langer
Zeit her beſeſſen und ſich ſehr auf derſelben vermehrt haben. Ein Orankay, der vor
etlichen Jahren am Bord eines unſrer Schiffe war, behauptete, die Zahl der Einwohner
belaufe ſich auf 2000; man kan aber kaum die Haͤlfte glaubwuͤrdig annehmen. Dieſe Ein-
wohner leben hin und wieder zerſtreuet, in kleinen ſchlecht gebaueten Haͤuſern oder Huͤtten,
die nur aus einem Zimmer mit einem kleinen Fenſter und einer Thuͤr beſtehn. Die mei-
ſten ſind nicht uͤber fuͤnf bis ſechs Schritte lang, und zwei bis drei breit. Jnwendig geht
rings an der Wand her eine Bank, ſo hoch wie eine Tafel, und ſehr bequem zum Sitzen
und zum Liegen. Um das Haus ſtehn einige Pirangbaͤume. Denn obgleich die Einwoh-
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ihre Wohnungen ſo anzulegen, daß wenigſtens auch etliche Schritte umher ein ebner
Plaz iſt.
Dieſe Menſchen ſind ziemlich belebt und nicht haͤslich, etwas ſchwaͤrzer als die
Japaner, und freilich auch der Linie naͤher als dieſe. Einige kamen mir, nach dem
Geſicht zu urtheilen, ſehr ungeſund vor. Sie ziehen, wie auch die Einwohner des feſten
Landes von Malacca und von Sumatra thun, die Barthare ſich ganz aus, daß ſie wie
alte Weiber ausſehn. Die meiſten ſind der mohammedaniſchen Religion zugethan, welche
ſich durch ganz Jndien ſehr weit verbreitet hat. Jhre Kleidung beſteht blos in einem
Tuche um die Schaamtheile, das aus einer Baumrinde ſehr grob gewirkt iſt. Eben ein
ſolches Tuch, in einen runden Kranz gewunden, tragen ſie um den Kopf; und einige
auch Huͤte von Gabbe Gabbe Blaͤttern geflochten. Gabbe Gabbe iſt ein Baum, aus
welchem die Jndier das Saga bereiten, deſſen ſie ſich ſtat des Brods bedienen.
Die Einwohner kamen mit kleinen Fahrzeugen zu uns an Bord, in welchen nur
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tragen kan. Derjenige, welcher darin faͤhrt, ſezt ſich gerade in die Mitte des Fahrzeugs,
und leget ſeine Waaren hinter ſich. Das Ruder hat ohngefaͤhr Manslaͤnge, und iſt ſo
eingerichtet, daß man es in der Mitte anfaßt, und dann damit auf beiden Seiten des
Kahns eins ums andre mit beiden Enden rudert. Sie haben aber auch groͤßre Fahrzeuge,
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uͤberfahren. Folgende Sachen brachten ſie uns an Bord: Mangos, von ſo ungemeiner
Groͤße, daß ich bisher dergleichen noch nicht geſehen hatte; Piſangs, auch groͤßer, als
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/83>, abgerufen am 16.07.2024.
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