dieser Nachrichten habe ich mich schon oben erklärt; meine Anmerkungen zu diesen Nach- richten enthalten meistens Vergleichungen mit den französischen Schriftstellern, die wenige Jahre vor K. in Siam waren.
Die Beschreibung von Japan fängt Kämpfer im vierten und fünften Kapi- tel mit einer Geographie dieses Reichs an, der man es ansehn wird, daß sie ausseror- dentlich genau und volständig ist. An ihrer Zuverlässigkeit kan man auch wol nicht zweiflen, da Kämpfer hier einer japanischen Geographie, Sitzi Jossu, die noch jetzt im Museo Britannico verwahrt wird, gefolgt ist. Zur Erläuterung dieser Beschreibung dient die bei- gefügte Charte.
Nach der Beschreibung des Landes stelt Kämpfer (Kap. VI) Untersuchungen über den Ursprung seiner Bewohner an. Er hemüht sich der Marschroute nachzuspüren, welche die ersten Japaner vom babylonischen Thurm bis zu dem Meere, das ihre Jnseln vom festen Lande Asiens trent, genommen haben möchten. Diese Bemühung wird frei- lich in unsern Zeiten -- da man es nicht mehr durchaus nothwendig hält zu glauben, daß alle Vorfahren des ganzen jetzigen Menschengeschlechts, zum Thurm von Babel Kalch ge- tragen haben -- nicht leicht jemand mehr überzeugen. Aber man erinnere sich an das Jahrhundert unsers Verfassers, und wenn man ihn gelesen, wird man ihm die Gerechtig- keit wiederfahren lassen müssen, daß er seine Behauptung scharfsinnig durchgeführt und durch viele eingestreuete angenehme und richtige Bemerkungen noch immer lesenswürdig gemacht habe. Und dann ist Kämpfer so bescheiden -- was sicher nicht alle Erfinder von Hypo- thesen sind -- seine Vermuthungen nur für -- Vermuthungen auszugeben. Ein Be- weis seines Scharfsins wie seiner Gelehrsamkeit ist es, daß er die Verwandschaft und Aehn- lichkeit der Sprachen für das sicherste und untrüglichste Mittel hält, der Verwandschaft und dem Ursprunge der Nationen nachzuspüren. So viel ich weis, hatte diese Jdee vor Käm- pfern noch niemand gegeben, wenigstens nicht angewandt. Daß Kämpfer in derselben mit Leibnitz, der sie in den Miscellaneis Berolinensibus T. 1. p. 1. &c. äußerte, zusam- mentraf, macht ihm allerdings Ehre, indes zweifl ich, ob er sie von ihm entlehnt habe, da er sie vermuthlich schon auf seinen Reisen faßte. Und so hätte Kämpfer das Verdienst, hier zuerst einen Weg bemerkt zu haben, auf dem nachher mehrere Gelehrte mit so vielem Vor- theil für die Geschichtskunde fortgegangen sind.
Nach
h
Einleitung des Herausgebers.
dieſer Nachrichten habe ich mich ſchon oben erklaͤrt; meine Anmerkungen zu dieſen Nach- richten enthalten meiſtens Vergleichungen mit den franzoͤſiſchen Schriftſtellern, die wenige Jahre vor K. in Siam waren.
Die Beſchreibung von Japan faͤngt Kaͤmpfer im vierten und fuͤnften Kapi- tel mit einer Geographie dieſes Reichs an, der man es anſehn wird, daß ſie auſſeror- dentlich genau und volſtaͤndig iſt. An ihrer Zuverlaͤſſigkeit kan man auch wol nicht zweiflen, da Kaͤmpfer hier einer japaniſchen Geographie, Sitzi Joſſu, die noch jetzt im Muſeo Britannico verwahrt wird, gefolgt iſt. Zur Erlaͤuterung dieſer Beſchreibung dient die bei- gefuͤgte Charte.
Nach der Beſchreibung des Landes ſtelt Kaͤmpfer (Kap. VI) Unterſuchungen uͤber den Urſprung ſeiner Bewohner an. Er hemuͤht ſich der Marſchroute nachzuſpuͤren, welche die erſten Japaner vom babyloniſchen Thurm bis zu dem Meere, das ihre Jnſeln vom feſten Lande Aſiens trent, genommen haben moͤchten. Dieſe Bemuͤhung wird frei- lich in unſern Zeiten — da man es nicht mehr durchaus nothwendig haͤlt zu glauben, daß alle Vorfahren des ganzen jetzigen Menſchengeſchlechts, zum Thurm von Babel Kalch ge- tragen haben — nicht leicht jemand mehr uͤberzeugen. Aber man erinnere ſich an das Jahrhundert unſers Verfaſſers, und wenn man ihn geleſen, wird man ihm die Gerechtig- keit wiederfahren laſſen muͤſſen, daß er ſeine Behauptung ſcharfſinnig durchgefuͤhrt und durch viele eingeſtreuete angenehme und richtige Bemerkungen noch immer leſenswuͤrdig gemacht habe. Und dann iſt Kaͤmpfer ſo beſcheiden — was ſicher nicht alle Erfinder von Hypo- theſen ſind — ſeine Vermuthungen nur fuͤr — Vermuthungen auszugeben. Ein Be- weis ſeines Scharfſins wie ſeiner Gelehrſamkeit iſt es, daß er die Verwandſchaft und Aehn- lichkeit der Sprachen fuͤr das ſicherſte und untruͤglichſte Mittel haͤlt, der Verwandſchaft und dem Urſprunge der Nationen nachzuſpuͤren. So viel ich weis, hatte dieſe Jdee vor Kaͤm- pfern noch niemand gegeben, wenigſtens nicht angewandt. Daß Kaͤmpfer in derſelben mit Leibnitz, der ſie in den Miſcellaneis Berolinenſibus T. 1. p. 1. &c. aͤußerte, zuſam- mentraf, macht ihm allerdings Ehre, indes zweifl ich, ob er ſie von ihm entlehnt habe, da er ſie vermuthlich ſchon auf ſeinen Reiſen faßte. Und ſo haͤtte Kaͤmpfer das Verdienſt, hier zuerſt einen Weg bemerkt zu haben, auf dem nachher mehrere Gelehrte mit ſo vielem Vor- theil fuͤr die Geſchichtskunde fortgegangen ſind.
Nach
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[LVII/0061]
Einleitung des Herausgebers.
dieſer Nachrichten habe ich mich ſchon oben erklaͤrt; meine Anmerkungen zu dieſen Nach-
richten enthalten meiſtens Vergleichungen mit den franzoͤſiſchen Schriftſtellern, die wenige
Jahre vor K. in Siam waren.
Die Beſchreibung von Japan faͤngt Kaͤmpfer im vierten und fuͤnften Kapi-
tel mit einer Geographie dieſes Reichs an, der man es anſehn wird, daß ſie auſſeror-
dentlich genau und volſtaͤndig iſt. An ihrer Zuverlaͤſſigkeit kan man auch wol nicht zweiflen,
da Kaͤmpfer hier einer japaniſchen Geographie, Sitzi Joſſu, die noch jetzt im Muſeo
Britannico verwahrt wird, gefolgt iſt. Zur Erlaͤuterung dieſer Beſchreibung dient die bei-
gefuͤgte Charte.
Nach der Beſchreibung des Landes ſtelt Kaͤmpfer (Kap. VI) Unterſuchungen
uͤber den Urſprung ſeiner Bewohner an. Er hemuͤht ſich der Marſchroute nachzuſpuͤren,
welche die erſten Japaner vom babyloniſchen Thurm bis zu dem Meere, das ihre Jnſeln
vom feſten Lande Aſiens trent, genommen haben moͤchten. Dieſe Bemuͤhung wird frei-
lich in unſern Zeiten — da man es nicht mehr durchaus nothwendig haͤlt zu glauben, daß
alle Vorfahren des ganzen jetzigen Menſchengeſchlechts, zum Thurm von Babel Kalch ge-
tragen haben — nicht leicht jemand mehr uͤberzeugen. Aber man erinnere ſich an das
Jahrhundert unſers Verfaſſers, und wenn man ihn geleſen, wird man ihm die Gerechtig-
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viele eingeſtreuete angenehme und richtige Bemerkungen noch immer leſenswuͤrdig gemacht
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theſen ſind — ſeine Vermuthungen nur fuͤr — Vermuthungen auszugeben. Ein Be-
weis ſeines Scharfſins wie ſeiner Gelehrſamkeit iſt es, daß er die Verwandſchaft und Aehn-
lichkeit der Sprachen fuͤr das ſicherſte und untruͤglichſte Mittel haͤlt, der Verwandſchaft und
dem Urſprunge der Nationen nachzuſpuͤren. So viel ich weis, hatte dieſe Jdee vor Kaͤm-
pfern noch niemand gegeben, wenigſtens nicht angewandt. Daß Kaͤmpfer in derſelben
mit Leibnitz, der ſie in den Miſcellaneis Berolinenſibus T. 1. p. 1. &c. aͤußerte, zuſam-
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er ſie vermuthlich ſchon auf ſeinen Reiſen faßte. Und ſo haͤtte Kaͤmpfer das Verdienſt, hier
zuerſt einen Weg bemerkt zu haben, auf dem nachher mehrere Gelehrte mit ſo vielem Vor-
theil fuͤr die Geſchichtskunde fortgegangen ſind.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. LVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/61>, abgerufen am 16.07.2024.
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