Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Fünft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern etc. "beide um das Reich kämpften. Ganze Bände sind über die langen und blutigen Strei-"tigkeiten dieser ehmals so berühmten und mächtigen Parteien und über das mannichfache "Elend, das sie im Reiche verbreitet haben, geschrieben worden. Da die Sache des Feki "und seiner Anhänger dem damals regierenden Dairi gerechter schien, als die der Gendzi; "so fand er sich in seinem Gewissen verbunden sie zu unterstützen, welches er auch mit so vie- "lem Nachdruk that, daß Gendzi und seine Partei völlig geschlagen, und fast ganz vertilgt "wurde. Wie aber das gute Glük gemeiniglich von Stolz und Ehrgeiz begleitet ist; so ver- "gaß auch der Feki bald seine Verbindlichkeit gegen den Dairi, und betrug sich mit soviel "Stolz und Undankbarkeit, daß dieser beschlos, die fast ganz gesunkne Partei der Gendzi "wieder zu heben. Er versprach ihnen alle Arten von Beistand, wenn sie noch einmal alle "ihre Kräfte zusammenfassen und gegen den Feki und seine Partei zu Felde ziehn wolte." "Nun wurde das Schiksal bald geändert, die Gendzis lieferten eine Schlacht, "wil O o 3
Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergprieſtern ꝛc. „beide um das Reich kaͤmpften. Ganze Baͤnde ſind uͤber die langen und blutigen Strei-„tigkeiten dieſer ehmals ſo beruͤhmten und maͤchtigen Parteien und uͤber das mannichfache „Elend, das ſie im Reiche verbreitet haben, geſchrieben worden. Da die Sache des Feki „und ſeiner Anhaͤnger dem damals regierenden Dairi gerechter ſchien, als die der Gendzi; „ſo fand er ſich in ſeinem Gewiſſen verbunden ſie zu unterſtuͤtzen, welches er auch mit ſo vie- „lem Nachdruk that, daß Gendzi und ſeine Partei voͤllig geſchlagen, und faſt ganz vertilgt „wurde. Wie aber das gute Gluͤk gemeiniglich von Stolz und Ehrgeiz begleitet iſt; ſo ver- „gaß auch der Feki bald ſeine Verbindlichkeit gegen den Dairi, und betrug ſich mit ſoviel „Stolz und Undankbarkeit, daß dieſer beſchlos, die faſt ganz geſunkne Partei der Gendzi „wieder zu heben. Er verſprach ihnen alle Arten von Beiſtand, wenn ſie noch einmal alle „ihre Kraͤfte zuſammenfaſſen und gegen den Feki und ſeine Partei zu Felde ziehn wolte.‟ „Nun wurde das Schikſal bald geaͤndert, die Gendzis lieferten eine Schlacht, „wil O o 3
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Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergprieſtern ꝛc.
„beide um das Reich kaͤmpften. Ganze Baͤnde ſind uͤber die langen und blutigen Strei-
„tigkeiten dieſer ehmals ſo beruͤhmten und maͤchtigen Parteien und uͤber das mannichfache
„Elend, das ſie im Reiche verbreitet haben, geſchrieben worden. Da die Sache des Feki
„und ſeiner Anhaͤnger dem damals regierenden Dairi gerechter ſchien, als die der Gendzi;
„ſo fand er ſich in ſeinem Gewiſſen verbunden ſie zu unterſtuͤtzen, welches er auch mit ſo vie-
„lem Nachdruk that, daß Gendzi und ſeine Partei voͤllig geſchlagen, und faſt ganz vertilgt
„wurde. Wie aber das gute Gluͤk gemeiniglich von Stolz und Ehrgeiz begleitet iſt; ſo ver-
„gaß auch der Feki bald ſeine Verbindlichkeit gegen den Dairi, und betrug ſich mit ſoviel
„Stolz und Undankbarkeit, daß dieſer beſchlos, die faſt ganz geſunkne Partei der Gendzi
„wieder zu heben. Er verſprach ihnen alle Arten von Beiſtand, wenn ſie noch einmal alle
„ihre Kraͤfte zuſammenfaſſen und gegen den Feki und ſeine Partei zu Felde ziehn wolte.‟
„Nun wurde das Schikſal bald geaͤndert, die Gendzis lieferten eine Schlacht,
„worin ſie einen ganz entſcheidenden Sieg erhielten. Feki ſelbſt wurde bey Simonoſaki
„geſchlagen. Seine ganze Armee faſt blieb auf dem Platz, und nur wenige entkamen.
„Unter dieſen war auch Kakekigo, ein wegen ſeiner Tapferkeit und uͤbernatuͤrlichen Staͤrke
„ſehr beruͤhmter General. Man glaubte, daß er dieſe beſondre Staͤrke vom Quanwon
„erhalten habe, wegen ſeiner vorzuͤglichen Verehrung dieſes Gottes. Dieſer General ent-
„wiſchte in einem kleinen Boot. Joritomo, General der Gendzis, ein ſehr entſchloſſe-
„ner Krieger, wuſte wohl, wie wichtig es fuͤr ſeine Partei ſey, ſich der Perſon des Kakekigo
„zu bemaͤchtigen; da er ohne dieſes ſeinen Sieg noch immer fuͤr unvolſtaͤndig hielt, ſo lies
„er ihn verfolgen und gefangen nehmen. Jndes begegnete er ihm ſehr guͤtig, wie er vor
„ihn gebracht wurde. Er erzeigte ihm alle die Achtung, die ſein Rang und Charakter fo-
„derten, und ſchraͤnkte ihn ſo wenig ein, daß Kakekigo verſchiedenemal Gelegenheit fand
„zu entwiſchen, aber allemal wieder gefangen wurde. Der edelmuͤthige Joritomo hatte
„gar nicht die Abſicht ſeinen Feind und Gefangnen ums Leben zu bringen. Vielmehr ſetzte
„er einen ſolchen Werth auf ſeine Freundſchaft, daß er ſich dieſelbe fuͤr jeden Preis zu er-
„kaufen vornahm. Als er ihm eines Tags ſehr hart zuſetzte in ſeine Dienſte zu treten, auf
„welche Bedingungen es ihm ſelbſt gefiele; gab ihm der gefangne Feldherr folgende ent-
„ſchloſſene Antwort:‟ „Jch bin einmal der getreue Diener eines guͤtigen Herrn
„geweſen. Nun er todt iſt, ſol ſich auch kein andrer meiner Treue und Freund-
„ſchaft ruͤhmen koͤnnen. Jch geſtehe, daß ich dir große Verbindlichkeit ſchuldig
„bin. Jch verdanke ſogar mein Leben blos deiner Gnade. Und doch fuͤhle ich
„mein Ungluͤk ſo ſehr, daß ich meine Augen nicht auf dich richten kan, ohne den
„Wunſch zu empfinden, dir den Kopf abzuhauen und dadurch meinen Herrn
„und mich zu raͤchen. Dieſe dir gefaͤhrlichen Werkzeuge, meine Augen, alſo
„wil
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