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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch.
Mia's gebrauchen, welche aber gemeiniglich von so armer Stiftung sind, daß sie kaum einen
unterhalten können.

Der erste Stifter und Lehrer dieses Ordens sol schon beinahe vor 1100*) Jahren
gelebt haben. Er heist Gjenno Gjossa. Von seiner Geburt, Eltern oder andern Ver-
wandten hat man niemals etwas gewust; auch ist er ohne Nachkommen zu hinterlassen ge-
storben. Dies ist der erste Eremit, der zu Casteyung seines Leibes die Wildnisse durchkreuzte,
und dadurch viele Wege und Gegenden dieses Reichs entdekt und ausgekundschaftet hat. Seine
fromme Büßung brachte also dem Lande einigen Vortheil.

Die Nachfolger dieses Heiligen haben sich nachher in zwei Sekten oder Orden ge-
theilt. Tosanfa ist der Name der einen Parthei. Diese hat es sich zum Gesez gemacht,
einen ganz ausnehmend steilen Berg Fikoosan, der in der Provinz Busen recht zwischen
dieser und der Provinz Tsikusen liegt, jährlich einmahl zu ersteigen. Diese Ersteigung
währet etliche Tage und ist mit gröster Gefahr verbunden, auch von der Art, daß, wenn
sich jemand ohne besondere Bereitung oder Fusjo d. i. unrein daran wagt, so wird er so-
gleich vom Fuchse (d. i. dem Teufel) besessen, und wird rasend toll.

Der andre Orden heist Fonsafa. Diese Anhänger von diesem machen jährlich
ihre Walfahrt zu dem Grabe ihres Stifters auf einem Berge in der Provinz Jostsijno, der
wegen seiner Höhe: Omine d. i. der große Berggipfel genant wird. Es sol auf seiner
Spitze ganz ausnehmend kalt seyn, und die ungemeine Steile macht ihn nicht minder, wie
den ersten, gefährlich zu ersteigen. Ein Besucher, dessen Körper und Herz noch nicht ge-
nug gereinigt ist, hat gewis zu erwarten, daß er den Berg herabstürzt und zerschmettert
wird, -- oder wenn dieses nicht geschieht, so mus er sein Vergehn durch Krankheit oder
andre schwere Plagen während seines ganzen Lebens büßen.

Diese Walfahrten müssen die Anhänger dieser Orden jährlich einmal thun, und
sich vorher durch Enthaltung vom Beischlaf, von verbotenen Speisen, und alles dessen, was
verunreinigt, wohl vorbereiten. Sie müssen sich auch einige Zeit zuvor öfters abwaschen
und reinigen und im Heraufsteigen weiter nichts als rauhe Wurzeln und Blätter, die am
Berge wachsen, essen.

Nach glüklich vollendeter Walfahrt verfügt sich jeder zu dem Prälaten seines Or-
dens, der in Miaco wohnt, und macht ihm ein Geschenk, das er, wenn er arm ist, er-

betteln
*) [Spaltenumbruch]
So hat das Mascpt des Neffen und die
englische Uebersetzung; hingegen das Mascpt des
Oheims 11000. Eine Variante von Jahrhunder-
[Spaltenumbruch] ten und Jahrtausenden, die aber freilich in der
ältsten japanischen Geschichte nicht sehr befrem-
dend ist.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch.
Mia’s gebrauchen, welche aber gemeiniglich von ſo armer Stiftung ſind, daß ſie kaum einen
unterhalten koͤnnen.

Der erſte Stifter und Lehrer dieſes Ordens ſol ſchon beinahe vor 1100*) Jahren
gelebt haben. Er heiſt Gjenno Gjoſſa. Von ſeiner Geburt, Eltern oder andern Ver-
wandten hat man niemals etwas gewuſt; auch iſt er ohne Nachkommen zu hinterlaſſen ge-
ſtorben. Dies iſt der erſte Eremit, der zu Caſteyung ſeines Leibes die Wildniſſe durchkreuzte,
und dadurch viele Wege und Gegenden dieſes Reichs entdekt und ausgekundſchaftet hat. Seine
fromme Buͤßung brachte alſo dem Lande einigen Vortheil.

Die Nachfolger dieſes Heiligen haben ſich nachher in zwei Sekten oder Orden ge-
theilt. Toſanfa iſt der Name der einen Parthei. Dieſe hat es ſich zum Geſez gemacht,
einen ganz ausnehmend ſteilen Berg Fikooſan, der in der Provinz Buſen recht zwiſchen
dieſer und der Provinz Tſikuſen liegt, jaͤhrlich einmahl zu erſteigen. Dieſe Erſteigung
waͤhret etliche Tage und iſt mit groͤſter Gefahr verbunden, auch von der Art, daß, wenn
ſich jemand ohne beſondere Bereitung oder Fusjo d. i. unrein daran wagt, ſo wird er ſo-
gleich vom Fuchſe (d. i. dem Teufel) beſeſſen, und wird raſend toll.

Der andre Orden heiſt Fonſafa. Dieſe Anhaͤnger von dieſem machen jaͤhrlich
ihre Walfahrt zu dem Grabe ihres Stifters auf einem Berge in der Provinz Joſtſijno, der
wegen ſeiner Hoͤhe: Omine d. i. der große Berggipfel genant wird. Es ſol auf ſeiner
Spitze ganz ausnehmend kalt ſeyn, und die ungemeine Steile macht ihn nicht minder, wie
den erſten, gefaͤhrlich zu erſteigen. Ein Beſucher, deſſen Koͤrper und Herz noch nicht ge-
nug gereinigt iſt, hat gewis zu erwarten, daß er den Berg herabſtuͤrzt und zerſchmettert
wird, — oder wenn dieſes nicht geſchieht, ſo mus er ſein Vergehn durch Krankheit oder
andre ſchwere Plagen waͤhrend ſeines ganzen Lebens buͤßen.

Dieſe Walfahrten muͤſſen die Anhaͤnger dieſer Orden jaͤhrlich einmal thun, und
ſich vorher durch Enthaltung vom Beiſchlaf, von verbotenen Speiſen, und alles deſſen, was
verunreinigt, wohl vorbereiten. Sie muͤſſen ſich auch einige Zeit zuvor oͤfters abwaſchen
und reinigen und im Heraufſteigen weiter nichts als rauhe Wurzeln und Blaͤtter, die am
Berge wachſen, eſſen.

Nach gluͤklich vollendeter Walfahrt verfuͤgt ſich jeder zu dem Praͤlaten ſeines Or-
dens, der in Miaco wohnt, und macht ihm ein Geſchenk, das er, wenn er arm iſt, er-

betteln
*) [Spaltenumbruch]
So hat das Maſcpt des Neffen und die
engliſche Ueberſetzung; hingegen das Maſcpt des
Oheims 11000. Eine Variante von Jahrhunder-
[Spaltenumbruch] ten und Jahrtauſenden, die aber freilich in der
aͤltſten japaniſchen Geſchichte nicht ſehr befrem-
dend iſt.
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[286/0394] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch. Mia’s gebrauchen, welche aber gemeiniglich von ſo armer Stiftung ſind, daß ſie kaum einen unterhalten koͤnnen. Der erſte Stifter und Lehrer dieſes Ordens ſol ſchon beinahe vor 1100 *) Jahren gelebt haben. Er heiſt Gjenno Gjoſſa. Von ſeiner Geburt, Eltern oder andern Ver- wandten hat man niemals etwas gewuſt; auch iſt er ohne Nachkommen zu hinterlaſſen ge- ſtorben. Dies iſt der erſte Eremit, der zu Caſteyung ſeines Leibes die Wildniſſe durchkreuzte, und dadurch viele Wege und Gegenden dieſes Reichs entdekt und ausgekundſchaftet hat. Seine fromme Buͤßung brachte alſo dem Lande einigen Vortheil. Die Nachfolger dieſes Heiligen haben ſich nachher in zwei Sekten oder Orden ge- theilt. Toſanfa iſt der Name der einen Parthei. Dieſe hat es ſich zum Geſez gemacht, einen ganz ausnehmend ſteilen Berg Fikooſan, der in der Provinz Buſen recht zwiſchen dieſer und der Provinz Tſikuſen liegt, jaͤhrlich einmahl zu erſteigen. Dieſe Erſteigung waͤhret etliche Tage und iſt mit groͤſter Gefahr verbunden, auch von der Art, daß, wenn ſich jemand ohne beſondere Bereitung oder Fusjo d. i. unrein daran wagt, ſo wird er ſo- gleich vom Fuchſe (d. i. dem Teufel) beſeſſen, und wird raſend toll. Der andre Orden heiſt Fonſafa. Dieſe Anhaͤnger von dieſem machen jaͤhrlich ihre Walfahrt zu dem Grabe ihres Stifters auf einem Berge in der Provinz Joſtſijno, der wegen ſeiner Hoͤhe: Omine d. i. der große Berggipfel genant wird. Es ſol auf ſeiner Spitze ganz ausnehmend kalt ſeyn, und die ungemeine Steile macht ihn nicht minder, wie den erſten, gefaͤhrlich zu erſteigen. Ein Beſucher, deſſen Koͤrper und Herz noch nicht ge- nug gereinigt iſt, hat gewis zu erwarten, daß er den Berg herabſtuͤrzt und zerſchmettert wird, — oder wenn dieſes nicht geſchieht, ſo mus er ſein Vergehn durch Krankheit oder andre ſchwere Plagen waͤhrend ſeines ganzen Lebens buͤßen. Dieſe Walfahrten muͤſſen die Anhaͤnger dieſer Orden jaͤhrlich einmal thun, und ſich vorher durch Enthaltung vom Beiſchlaf, von verbotenen Speiſen, und alles deſſen, was verunreinigt, wohl vorbereiten. Sie muͤſſen ſich auch einige Zeit zuvor oͤfters abwaſchen und reinigen und im Heraufſteigen weiter nichts als rauhe Wurzeln und Blaͤtter, die am Berge wachſen, eſſen. Nach gluͤklich vollendeter Walfahrt verfuͤgt ſich jeder zu dem Praͤlaten ſeines Or- dens, der in Miaco wohnt, und macht ihm ein Geſchenk, das er, wenn er arm iſt, er- betteln *) So hat das Maſcpt des Neffen und die engliſche Ueberſetzung; hingegen das Maſcpt des Oheims 11000. Eine Variante von Jahrhunder- ten und Jahrtauſenden, die aber freilich in der aͤltſten japaniſchen Geſchichte nicht ſehr befrem- dend iſt.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/394>, abgerufen am 24.11.2024.