Zweites Kapitel. Algemeine Nachrichten von den geistlichen wahren Erbkaisern des japanischen Reichs und der Chronologie ihrer Regierung.
Die dritte und lezte Periode der japanischen Monarchie, welche von ihren Oo Dai Sin Oo, oder geistlichen erblichen Kaisern handelt, fängt sich mit dem 660ten Jahr vor Christi Geburt an, welches ist das 17te Jahr der Regierung des chinesischen Kaisers Kaiwo oder wie ihn die Chineser aussprechen Huivam,*) welches der 17te Kaiser von der Familie Sjeu ist. Von der Zeit an bis auf das Jahr Christi 1693 sind 114 geistliche Erbkaiser von einer Familie nach einander auf dem Thron in Japan gefolget; sie selbst bilden sich über die Maaßen viel auf diesen Vorzug ein, da sie, als der älteste Zweig von dem Geschlecht des Tensjo Dai Sin, des heil. Stamvaters japani- scher Nation, in gerader Linie von seinem erstgebohrnen Sohne herstammen wollen. Jn dieser Absicht ist denenselben auch eine ungemeine und mehr als menschliche Ehrerbietung von ihren Unterthanen und Landsleuten allemahl erwiesen worden. Allein ehe ich zu der Geschichte, ihrer Reichsfolge, ihrem Leben und Thaten übergehe; wird es nicht übel seyn, einige vorläufige Nachricht von ihren geheiligten Personen und Hofe zu geben, wie auch von der Zeitrechnung, wornach die Reichsfolge der Kaiser ausgerechnet werden mus, etwas beizubringen.
Zuerst mus hier angemerkt werden, daß diese geistlichen erblichen Monarchen, ob sie gleich Erben des Throns und der Regierung ihrer edlen Vorfahren sind, doch den Titel Mikotto nicht geerbet haben, weil derselbe Titel allein dem götlichen und halbgötlichen Wesen der erstern und andern regierenden Geschlechter gewidmet ist, sondern nur Mikaddo, wel- ches ein Diminutivum von Mikotto, genant werden, wie auch Dai und Oo und Kwo
und
*) Bei Deguignes und Couplet Hoei-wam.
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Zweites Kapitel. Algemeine Nachrichten von den geiſtlichen wahren Erbkaiſern des japaniſchen Reichs und der Chronologie ihrer Regierung.
Die dritte und lezte Periode der japaniſchen Monarchie, welche von ihren Oo Dai Sin Oo, oder geiſtlichen erblichen Kaiſern handelt, faͤngt ſich mit dem 660ten Jahr vor Chriſti Geburt an, welches iſt das 17te Jahr der Regierung des chineſiſchen Kaiſers Kaiwo oder wie ihn die Chineſer ausſprechen Huivam,*) welches der 17te Kaiſer von der Familie Sjeu iſt. Von der Zeit an bis auf das Jahr Chriſti 1693 ſind 114 geiſtliche Erbkaiſer von einer Familie nach einander auf dem Thron in Japan gefolget; ſie ſelbſt bilden ſich uͤber die Maaßen viel auf dieſen Vorzug ein, da ſie, als der aͤlteſte Zweig von dem Geſchlecht des Tenſjo Dai Sin, des heil. Stamvaters japani- ſcher Nation, in gerader Linie von ſeinem erſtgebohrnen Sohne herſtammen wollen. Jn dieſer Abſicht iſt denenſelben auch eine ungemeine und mehr als menſchliche Ehrerbietung von ihren Unterthanen und Landsleuten allemahl erwieſen worden. Allein ehe ich zu der Geſchichte, ihrer Reichsfolge, ihrem Leben und Thaten uͤbergehe; wird es nicht uͤbel ſeyn, einige vorlaͤufige Nachricht von ihren geheiligten Perſonen und Hofe zu geben, wie auch von der Zeitrechnung, wornach die Reichsfolge der Kaiſer ausgerechnet werden mus, etwas beizubringen.
Zuerſt mus hier angemerkt werden, daß dieſe geiſtlichen erblichen Monarchen, ob ſie gleich Erben des Throns und der Regierung ihrer edlen Vorfahren ſind, doch den Titel Mikotto nicht geerbet haben, weil derſelbe Titel allein dem goͤtlichen und halbgoͤtlichen Weſen der erſtern und andern regierenden Geſchlechter gewidmet iſt, ſondern nur Mikaddo, wel- ches ein Diminutivum von Mikotto, genant werden, wie auch Dai und Oo und Kwo
und
*) Bei Deguignes und Couplet Hoei-wam.
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Zweites Kapitel.
Algemeine Nachrichten von den geiſtlichen wahren
Erbkaiſern des japaniſchen Reichs und der Chronologie
ihrer Regierung.
Die dritte und lezte Periode der japaniſchen Monarchie, welche von ihren
Oo Dai Sin Oo, oder geiſtlichen erblichen Kaiſern handelt, faͤngt ſich mit
dem 660ten Jahr vor Chriſti Geburt an, welches iſt das 17te Jahr der Regierung des
chineſiſchen Kaiſers Kaiwo oder wie ihn die Chineſer ausſprechen Huivam, *) welches
der 17te Kaiſer von der Familie Sjeu iſt. Von der Zeit an bis auf das Jahr Chriſti
1693 ſind 114 geiſtliche Erbkaiſer von einer Familie nach einander auf dem Thron in Japan
gefolget; ſie ſelbſt bilden ſich uͤber die Maaßen viel auf dieſen Vorzug ein, da ſie, als der
aͤlteſte Zweig von dem Geſchlecht des Tenſjo Dai Sin, des heil. Stamvaters japani-
ſcher Nation, in gerader Linie von ſeinem erſtgebohrnen Sohne herſtammen wollen. Jn
dieſer Abſicht iſt denenſelben auch eine ungemeine und mehr als menſchliche Ehrerbietung
von ihren Unterthanen und Landsleuten allemahl erwieſen worden. Allein ehe ich zu der
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einige vorlaͤufige Nachricht von ihren geheiligten Perſonen und Hofe zu geben, wie auch
von der Zeitrechnung, wornach die Reichsfolge der Kaiſer ausgerechnet werden mus,
etwas beizubringen.
Zuerſt mus hier angemerkt werden, daß dieſe geiſtlichen erblichen Monarchen, ob ſie
gleich Erben des Throns und der Regierung ihrer edlen Vorfahren ſind, doch den Titel Mikotto
nicht geerbet haben, weil derſelbe Titel allein dem goͤtlichen und halbgoͤtlichen Weſen
der erſtern und andern regierenden Geſchlechter gewidmet iſt, ſondern nur Mikaddo, wel-
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*) Bei Deguignes und Couplet Hoei-wam.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/273>, abgerufen am 28.02.2025.
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