Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Länder an Pflanzen.
Cultur zu mehrerer Volkommenheit gebracht haben. Die vornemsten derselben sind: Tsubaki, eine große Staude mit Rosenblumen, welche sich in Hecken und Wäldern findet. Durch Propfung entstehen viele seltne Arten, und man hat bei dieser namenreichen Nation, wie man vorgiebt, 900 Namen ihrer Varietäten. Satsuki, eine lilientragende kleine Staude, sol mehr als 100 benante Varietäten haben; deren zwei wilde Arten, mit rothen und fleischfarbenen Blumen, viele öde Felder und Hügel mit ihrer angenehmen Farbe bedecken. Saka Nandsjo, eine Staude, trägt gleichfals eine lilienförmige Blume, aber weit grö- ßer wie die vorige; es giebt ihrer dreyerley Arten, welche indessen nicht so gemein sind wie die vorigen.
Ahornu. s. f.
Momidsj, eine Art Ahorn, hat ihren Namen von dem Purpur ihrer Blätter. Es giebt derselben zwo Varietäten, deren eine im Frühling, die andere im Herbst, eine theils gelbe theils purpurrothe Farbe annehmen, und die Augen von ferne an sich ziehn und ergötzen. Eben dises thut auch der Fasjbaum, dessen Blätter im Herbst gleichfals einen rothen Purpur annehmen.
Matricaria, Lilien u. s. f.
Matricaria und Lilien sind von verschiedener und ungemeiner Varietät. Mit je- nen, welche durch die Cultur die Größe einer Rose gewinnen, prangen die Gärten; mit diesen das Gebirge.
Narcissen, Jrides, Caryophillen und andere Blumen nicht zu erwähnen, womit die Natur zu gewissen Zeiten dieses Land vor andern Ländern ausschmücket. Sie sind aber wie alle oben genante beinahe ohne Geruch; wie denn auch alle japanische Früchte, die Lieblichkeit des Geschmaks der sinesischen und indianischen nicht besitzen.
Hanf und Baumwolle.
Hanf und Baumwolle werden, so viel es der Raum zulässet, auf ihren Aeckern angebauet. Sjiro oder wilde Hanfnessel wächset an wüsten Orten häufig; und ersetzet den Mangel des Flachses und der Wolle*) weil man daraus vielerley, so wol feine als grobe Zeuge webet.
Oele.
Oele zu vielerlei Gebrauch, presset man aus folgenden Samen: Kiri ist ein ungeheurer großer, doch seltner Baum; er hat Blätter wie die Klette, trägt an einem langen
Stiele,
*) Jn der englis. Uebersetzung: "den Mangel des Hanfes und der Baumwolle."
Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Laͤnder an Pflanzen.
Cultur zu mehrerer Volkommenheit gebracht haben. Die vornemſten derſelben ſind: Tſubaki, eine große Staude mit Roſenblumen, welche ſich in Hecken und Waͤldern findet. Durch Propfung entſtehen viele ſeltne Arten, und man hat bei dieſer namenreichen Nation, wie man vorgiebt, 900 Namen ihrer Varietaͤten. Satſuki, eine lilientragende kleine Staude, ſol mehr als 100 benante Varietaͤten haben; deren zwei wilde Arten, mit rothen und fleiſchfarbenen Blumen, viele oͤde Felder und Huͤgel mit ihrer angenehmen Farbe bedecken. Saka Nandſjo, eine Staude, traͤgt gleichfals eine lilienfoͤrmige Blume, aber weit groͤ- ßer wie die vorige; es giebt ihrer dreyerley Arten, welche indeſſen nicht ſo gemein ſind wie die vorigen.
Ahornu. ſ. f.
Momidſj, eine Art Ahorn, hat ihren Namen von dem Purpur ihrer Blaͤtter. Es giebt derſelben zwo Varietaͤten, deren eine im Fruͤhling, die andere im Herbſt, eine theils gelbe theils purpurrothe Farbe annehmen, und die Augen von ferne an ſich ziehn und ergoͤtzen. Eben diſes thut auch der Faſjbaum, deſſen Blaͤtter im Herbſt gleichfals einen rothen Purpur annehmen.
Matricaria, Lilien u. ſ. f.
Matricaria und Lilien ſind von verſchiedener und ungemeiner Varietaͤt. Mit je- nen, welche durch die Cultur die Groͤße einer Roſe gewinnen, prangen die Gaͤrten; mit dieſen das Gebirge.
Narciſſen, Jrides, Caryophillen und andere Blumen nicht zu erwaͤhnen, womit die Natur zu gewiſſen Zeiten dieſes Land vor andern Laͤndern ausſchmuͤcket. Sie ſind aber wie alle oben genante beinahe ohne Geruch; wie denn auch alle japaniſche Fruͤchte, die Lieblichkeit des Geſchmaks der ſineſiſchen und indianiſchen nicht beſitzen.
Hanf und Baumwolle.
Hanf und Baumwolle werden, ſo viel es der Raum zulaͤſſet, auf ihren Aeckern angebauet. Sjiro oder wilde Hanfneſſel waͤchſet an wuͤſten Orten haͤufig; und erſetzet den Mangel des Flachſes und der Wolle*) weil man daraus vielerley, ſo wol feine als grobe Zeuge webet.
Oele.
Oele zu vielerlei Gebrauch, preſſet man aus folgenden Samen: Kiri iſt ein ungeheurer großer, doch ſeltner Baum; er hat Blaͤtter wie die Klette, traͤgt an einem langen
Stiele,
*) Jn der engliſ. Ueberſetzung: „den Mangel des Hanfes und der Baumwolle.‟
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0223"n="135"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Laͤnder an Pflanzen.</hi></fw><lb/>
Cultur zu mehrerer Volkommenheit gebracht haben. Die vornemſten derſelben ſind:<lb/><hirendition="#fr">Tſubaki,</hi> eine große Staude mit Roſenblumen, welche ſich in Hecken und Waͤldern findet.<lb/>
Durch Propfung entſtehen viele ſeltne Arten, und man hat bei dieſer namenreichen Nation,<lb/>
wie man vorgiebt, 900 Namen ihrer Varietaͤten. <hirendition="#fr">Satſuki,</hi> eine lilientragende kleine<lb/>
Staude, ſol mehr als 100 benante Varietaͤten haben; deren zwei wilde Arten, mit rothen und<lb/>
fleiſchfarbenen Blumen, viele oͤde Felder und Huͤgel mit ihrer angenehmen Farbe bedecken.<lb/><hirendition="#fr">Saka Nandſjo,</hi> eine Staude, traͤgt gleichfals eine lilienfoͤrmige Blume, aber weit groͤ-<lb/>
ßer wie die vorige; es giebt ihrer dreyerley Arten, welche indeſſen nicht ſo gemein ſind wie<lb/>
die vorigen.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Ahornu. ſ. f</hi>.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Momidſj,</hi> eine Art Ahorn, hat ihren Namen von dem Purpur ihrer Blaͤtter.<lb/>
Es giebt derſelben zwo Varietaͤten, deren eine im Fruͤhling, die andere im Herbſt, eine<lb/>
theils gelbe theils purpurrothe Farbe annehmen, und die Augen von ferne an ſich ziehn und<lb/>
ergoͤtzen. Eben diſes thut auch der <hirendition="#fr">Faſjbaum,</hi> deſſen Blaͤtter im Herbſt gleichfals einen<lb/>
rothen Purpur annehmen.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Matricaria, Lilien u. ſ. f</hi>.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Matricaria</hi> und Lilien ſind von verſchiedener und ungemeiner Varietaͤt. Mit je-<lb/>
nen, welche durch die Cultur die Groͤße einer Roſe gewinnen, prangen die Gaͤrten; mit<lb/>
dieſen das Gebirge.</p><lb/><p>Narciſſen, Jrides, Caryophillen und andere Blumen nicht zu erwaͤhnen, womit<lb/>
die Natur zu gewiſſen Zeiten dieſes Land vor andern Laͤndern ausſchmuͤcket. Sie ſind<lb/>
aber wie alle oben genante beinahe ohne Geruch; wie denn auch alle japaniſche Fruͤchte,<lb/>
die Lieblichkeit des Geſchmaks der ſineſiſchen und indianiſchen nicht beſitzen.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Hanf und Baumwolle</hi>.</hi></head><lb/><p>Hanf und Baumwolle werden, ſo viel es der Raum zulaͤſſet, auf ihren Aeckern<lb/>
angebauet. <hirendition="#fr">Sjiro</hi> oder wilde Hanfneſſel waͤchſet an wuͤſten Orten haͤufig; und erſetzet<lb/>
den Mangel des Flachſes und der Wolle<noteplace="foot"n="*)">Jn der engliſ. Ueberſetzung: „den Mangel des Hanfes und der Baumwolle.‟</note> weil man daraus vielerley, ſo wol feine als<lb/>
grobe Zeuge webet.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Oele</hi>.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Oele</hi> zu vielerlei Gebrauch, preſſet man aus folgenden Samen: <hirendition="#fr">Kiri</hi> iſt ein<lb/>
ungeheurer großer, doch ſeltner Baum; er hat Blaͤtter wie die Klette, traͤgt an einem langen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Stiele,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[135/0223]
Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Laͤnder an Pflanzen.
Cultur zu mehrerer Volkommenheit gebracht haben. Die vornemſten derſelben ſind:
Tſubaki, eine große Staude mit Roſenblumen, welche ſich in Hecken und Waͤldern findet.
Durch Propfung entſtehen viele ſeltne Arten, und man hat bei dieſer namenreichen Nation,
wie man vorgiebt, 900 Namen ihrer Varietaͤten. Satſuki, eine lilientragende kleine
Staude, ſol mehr als 100 benante Varietaͤten haben; deren zwei wilde Arten, mit rothen und
fleiſchfarbenen Blumen, viele oͤde Felder und Huͤgel mit ihrer angenehmen Farbe bedecken.
Saka Nandſjo, eine Staude, traͤgt gleichfals eine lilienfoͤrmige Blume, aber weit groͤ-
ßer wie die vorige; es giebt ihrer dreyerley Arten, welche indeſſen nicht ſo gemein ſind wie
die vorigen.
Ahornu. ſ. f.
Momidſj, eine Art Ahorn, hat ihren Namen von dem Purpur ihrer Blaͤtter.
Es giebt derſelben zwo Varietaͤten, deren eine im Fruͤhling, die andere im Herbſt, eine
theils gelbe theils purpurrothe Farbe annehmen, und die Augen von ferne an ſich ziehn und
ergoͤtzen. Eben diſes thut auch der Faſjbaum, deſſen Blaͤtter im Herbſt gleichfals einen
rothen Purpur annehmen.
Matricaria, Lilien u. ſ. f.
Matricaria und Lilien ſind von verſchiedener und ungemeiner Varietaͤt. Mit je-
nen, welche durch die Cultur die Groͤße einer Roſe gewinnen, prangen die Gaͤrten; mit
dieſen das Gebirge.
Narciſſen, Jrides, Caryophillen und andere Blumen nicht zu erwaͤhnen, womit
die Natur zu gewiſſen Zeiten dieſes Land vor andern Laͤndern ausſchmuͤcket. Sie ſind
aber wie alle oben genante beinahe ohne Geruch; wie denn auch alle japaniſche Fruͤchte,
die Lieblichkeit des Geſchmaks der ſineſiſchen und indianiſchen nicht beſitzen.
Hanf und Baumwolle.
Hanf und Baumwolle werden, ſo viel es der Raum zulaͤſſet, auf ihren Aeckern
angebauet. Sjiro oder wilde Hanfneſſel waͤchſet an wuͤſten Orten haͤufig; und erſetzet
den Mangel des Flachſes und der Wolle *) weil man daraus vielerley, ſo wol feine als
grobe Zeuge webet.
Oele.
Oele zu vielerlei Gebrauch, preſſet man aus folgenden Samen: Kiri iſt ein
ungeheurer großer, doch ſeltner Baum; er hat Blaͤtter wie die Klette, traͤgt an einem langen
Stiele,
*) Jn der engliſ. Ueberſetzung: „den Mangel des Hanfes und der Baumwolle.‟
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/223>, abgerufen am 19.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.