Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Siebent. Kap. Vom Ursprung der Japaner etc. Die Japaner stellen diese sieben Geschlechter als bloße geistige Wesen, und ihre Die zwei lezteren götlichen Gatten Jsanagi nemlich und Jsanami werden von ih- Christliche Japaner pflegen den Jsanagi und die Jsanami den Adam und Eva Das einzige und zuverläßige, was von diesem präadamitischen Adam erzählt II. Das zweite Geschlecht der Gottmenschen wird wegen fünf Abkömlinge oder Glieder genant: Dsi Sin go Dai, d. i. irdischer Götter fünf Geschlechte. Diese sind folgende: 1) Ten Sio Dai Dsin, oder nach der gemeinen Sprache, Ama Teru Oon Gami, welches nach den Charaktern, mit denen dieser Name ausgedrükt wird, be- deutet, himmelstralender großer Geist. Er ist der älteste und allein fruchtbare Sohn, durch welchen diese unterhimlische kleine Welt zuerst mit Menschen besamt ist; und zwar nicht mit schlechten und gemeinen, sondern mit Menschen von halbgöttlichem, und also viel edlerm und volkomnerm Wesen. Nachdem diese die Welt viele Millionen Jahre regiert und P
Siebent. Kap. Vom Urſprung der Japaner ꝛc. Die Japaner ſtellen dieſe ſieben Geſchlechter als bloße geiſtige Weſen, und ihre Die zwei lezteren goͤtlichen Gatten Jſanagi nemlich und Jſanami werden von ih- Chriſtliche Japaner pflegen den Jſanagi und die Jſanami den Adam und Eva Das einzige und zuverlaͤßige, was von dieſem praͤadamitiſchen Adam erzaͤhlt II. Das zweite Geſchlecht der Gottmenſchen wird wegen fuͤnf Abkoͤmlinge oder Glieder genant: Dſi Sin go Dai, d. i. irdiſcher Goͤtter fuͤnf Geſchlechte. Dieſe ſind folgende: 1) Ten Sio Dai Dſin, oder nach der gemeinen Sprache, Ama Teru Oon Gami, welches nach den Charaktern, mit denen dieſer Name ausgedruͤkt wird, be- deutet, himmelſtralender großer Geiſt. Er iſt der aͤlteſte und allein fruchtbare Sohn, durch welchen dieſe unterhimliſche kleine Welt zuerſt mit Menſchen beſamt iſt; und zwar nicht mit ſchlechten und gemeinen, ſondern mit Menſchen von halbgoͤttlichem, und alſo viel edlerm und volkomnerm Weſen. Nachdem dieſe die Welt viele Millionen Jahre regiert und P
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Siebent. Kap. Vom Urſprung der Japaner ꝛc.
Die Japaner ſtellen dieſe ſieben Geſchlechter als bloße geiſtige Weſen, und ihre
Geſchichten wie Traͤume vor. Sie behaupten indes, daß ſie gewis und zuverlaͤſſig waͤren,
ob ſie gleich ohne alle Zeitbeſtimmung in ihren Geſchichtbuͤchern vorgetragen werden, und
unſerm Verſtand unbegreiflich ſind, ja als ganz unmoͤglich vorkommen.
Die zwei lezteren goͤtlichen Gatten Jſanagi nemlich und Jſanami werden von ih-
nen fuͤr die zwei erſten Erzeuger aller Einwohner der Welt gehalten; nicht zwar der großen
ihnen vor Alters ganz unbekanten, ſondern nur der kleinen Welt Nipon. Mikotto iſt
ein ehrerbietiger Beiname, der der monarchiſchen Herrlichkeit der erſten Goͤtter eigenthuͤm-
lich vorbehalten wird, ob er gleich zuweilen auch wol aus Ehrerbietung dem Namen der ur-
alten geringern Goͤtter beigefuͤgt wird.
Chriſtliche Japaner pflegen den Jſanagi und die Jſanami den Adam und Eva
von Japan zu nennen. Sie ſollen ihren Siz vornemlich in der Provinz Jsje gehabt ha-
ben. Doch weis man eben ſo wenig Nachricht von ihrem Tode und leztem Auffenthalt,
als von der Beſchaffenheit und den Umſtaͤnden ihrer Geburt zu geben.
Das einzige und zuverlaͤßige, was von dieſem praͤadamitiſchen Adam erzaͤhlt
wird, iſt dieſes, daß er zuerſt durch die Bewegungen des Vogels Sekire, oder gemeinig-
lich Jſitataki d. i. Steinſchlager (bei uns Zwickſteers) genant, veranlaſt ſey, ſeine
Gemalin auf eine fleiſchliche Weiſe zu erkennen, und in der Provinz Jsje zuerſt auf menſch-
liche Weiſe Soͤhne und Toͤchter, doch von halb goͤttlicher Art und von einem andern Ge-
ſchlechte als das ſeinige zu zeigen. Der aͤlteſte unter Jſanagi’s Soͤhnen wurde durch
das vaͤterliche Recht der Erſtgeburt, ſo wie es noch in der jetzigen erbkaiſerlichen Linie des
dritten menſchlichen Geſchlechts bis auf den heutigen Tag gebraͤuchlich iſt, ein Regent und
Vorſteher der andern.
II. Das zweite Geſchlecht der Gottmenſchen wird wegen fuͤnf Abkoͤmlinge oder
Glieder genant:
Dſi Sin go Dai, d. i. irdiſcher Goͤtter fuͤnf Geſchlechte. Dieſe
ſind folgende:
1) Ten Sio Dai Dſin, oder nach der gemeinen Sprache, Ama Teru
Oon Gami, welches nach den Charaktern, mit denen dieſer Name ausgedruͤkt wird, be-
deutet, himmelſtralender großer Geiſt. Er iſt der aͤlteſte und allein fruchtbare Sohn,
durch welchen dieſe unterhimliſche kleine Welt zuerſt mit Menſchen beſamt iſt; und zwar
nicht mit ſchlechten und gemeinen, ſondern mit Menſchen von halbgoͤttlichem, und alſo viel
edlerm und volkomnerm Weſen. Nachdem dieſe die Welt viele Millionen Jahre regiert
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