Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja.
ein Jeder sich eingezogen, bescheiden gegen die Eingebornen, und ihren Gesetzen und Lan-
desgebräuchen gemäs verhalten solle. Dies Plakat wurde, nachdem es verlesen war,
öffentlich im Schiffe, nach japanischem Gebrauche, angeheftet, und so einem Jeden vor
Augen gestelt.

Nachmittags lies ich mich auf Desima an Land setzen. Hierzu mus man sich al-
lemal auf dem Schiffe mit einem neuen Pas an die Landwachten versehn, und wenn man
wieder zurükkömt, von dieser wieder einen an die Schifswachten mitbringen. Die gestern
Abend genossene rohe Gartenfrüchte verursachten mir soviel Beschwerde, daß ich von dem
mir noch unbekanten Orte wieder ans Schif zurükkehren muste.

Den folgenden 26sten Sept. aber fuhr ich mit allen meinen Sachen nach Desima
über, und bezog daselbst das mir angewiesene Haus.



Viertes Kapitel.
Von der Größe und Lage der japanischen Jnseln
und Lande.


Namen von Japan.

Dieses Reich wird von den Europäern Japan genant, von seinen Einwohnern aber
mit verschiednen andern Namen und Charactern bezeichnet. Unter denselben ist
in der gemeinen Sprache und Schrift der gebräuchlichste, Nipon, welches sie, nach ihrer
Mundart, des Wohlklangs wegen, oft Nifon, die Nankinsche aber und andre Südsine-
ser Sjippon
aussprechen. Es heist nach dem Buchstaben der Sonnen Feste, weil Ni
das Feuer, oder in edlerer Bedeutung die Sonne, Pon aber eine Grundveste bedeutet.

Unter den andern Namen, welche mehr in Schriften als im Discurs gebraucht wer-
den, sind folgende die vornehmsten: Tenka, d. i. das unterhimlische, nemlich Reich, als
wenn kein andres mehr existirte. Der Kaiser heist auch daher Tenka Sama d. i. der

unter-
K

Drit. Kap. Abreiſe des Verfaſſers von Judja.
ein Jeder ſich eingezogen, beſcheiden gegen die Eingebornen, und ihren Geſetzen und Lan-
desgebraͤuchen gemaͤs verhalten ſolle. Dies Plakat wurde, nachdem es verleſen war,
oͤffentlich im Schiffe, nach japaniſchem Gebrauche, angeheftet, und ſo einem Jeden vor
Augen geſtelt.

Nachmittags lies ich mich auf Deſima an Land ſetzen. Hierzu mus man ſich al-
lemal auf dem Schiffe mit einem neuen Pas an die Landwachten verſehn, und wenn man
wieder zuruͤkkoͤmt, von dieſer wieder einen an die Schifswachten mitbringen. Die geſtern
Abend genoſſene rohe Gartenfruͤchte verurſachten mir ſoviel Beſchwerde, daß ich von dem
mir noch unbekanten Orte wieder ans Schif zuruͤkkehren muſte.

Den folgenden 26ſten Sept. aber fuhr ich mit allen meinen Sachen nach Deſima
uͤber, und bezog daſelbſt das mir angewieſene Haus.



Viertes Kapitel.
Von der Groͤße und Lage der japaniſchen Jnſeln
und Lande.


Namen von Japan.

Dieſes Reich wird von den Europaͤern Japan genant, von ſeinen Einwohnern aber
mit verſchiednen andern Namen und Charactern bezeichnet. Unter denſelben iſt
in der gemeinen Sprache und Schrift der gebraͤuchlichſte, Nipón, welches ſie, nach ihrer
Mundart, des Wohlklangs wegen, oft Nifon, die Nankinſche aber und andre Suͤdſine-
ſer Sjippon
ausſprechen. Es heiſt nach dem Buchſtaben der Sonnen Feſte, weil Ni
das Feuer, oder in edlerer Bedeutung die Sonne, Pon aber eine Grundveſte bedeutet.

Unter den andern Namen, welche mehr in Schriften als im Diſcurs gebraucht wer-
den, ſind folgende die vornehmſten: Tenka, d. i. das unterhimliſche, nemlich Reich, als
wenn kein andres mehr exiſtirte. Der Kaiſer heiſt auch daher Tenka Sama d. i. der

unter-
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0161" n="73"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drit. Kap. Abrei&#x017F;e des Verfa&#x017F;&#x017F;ers von Judja.</hi></fw><lb/>
ein Jeder &#x017F;ich eingezogen, be&#x017F;cheiden gegen die Eingebornen, und ihren Ge&#x017F;etzen und Lan-<lb/>
desgebra&#x0364;uchen gema&#x0364;s verhalten &#x017F;olle. Dies Plakat wurde, nachdem es verle&#x017F;en war,<lb/>
o&#x0364;ffentlich im Schiffe, nach <hi rendition="#fr">japani&#x017F;chem</hi> Gebrauche, angeheftet, und &#x017F;o einem Jeden vor<lb/>
Augen ge&#x017F;telt.</p><lb/>
            <p>Nachmittags lies ich mich auf <hi rendition="#fr">De&#x017F;ima</hi> an Land &#x017F;etzen. Hierzu mus man &#x017F;ich al-<lb/>
lemal auf dem Schiffe mit einem neuen Pas an die Landwachten ver&#x017F;ehn, und wenn man<lb/>
wieder zuru&#x0364;kko&#x0364;mt, von die&#x017F;er wieder einen an die Schifswachten mitbringen. Die ge&#x017F;tern<lb/>
Abend geno&#x017F;&#x017F;ene rohe Gartenfru&#x0364;chte verur&#x017F;achten mir &#x017F;oviel Be&#x017F;chwerde, daß ich von dem<lb/>
mir noch unbekanten Orte wieder ans Schif zuru&#x0364;kkehren mu&#x017F;te.</p><lb/>
            <p>Den folgenden 26&#x017F;ten Sept. aber fuhr ich mit allen meinen Sachen nach <hi rendition="#fr">De&#x017F;ima</hi><lb/>
u&#x0364;ber, und bezog da&#x017F;elb&#x017F;t das mir angewie&#x017F;ene Haus.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Viertes Kapitel</hi>.<lb/>
Von der Gro&#x0364;ße und Lage der japani&#x017F;chen Jn&#x017F;eln<lb/>
und Lande.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Namen von Japan.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>ie&#x017F;es Reich wird von den Europa&#x0364;ern <hi rendition="#fr">Japan</hi> genant, von &#x017F;einen Einwohnern aber<lb/>
mit ver&#x017F;chiednen andern Namen und Charactern bezeichnet. Unter den&#x017F;elben i&#x017F;t<lb/>
in der gemeinen Sprache und Schrift der gebra&#x0364;uchlich&#x017F;te, <hi rendition="#fr">Nip</hi><hi rendition="#aq">ó</hi><hi rendition="#fr">n,</hi> welches &#x017F;ie, nach ihrer<lb/>
Mundart, des Wohlklangs wegen, oft <hi rendition="#fr">Nifon,</hi> die <hi rendition="#fr">Nankin&#x017F;che</hi> aber und andre <hi rendition="#fr">Su&#x0364;d&#x017F;ine-<lb/>
&#x017F;er Sjippon</hi> aus&#x017F;prechen. Es hei&#x017F;t nach dem Buch&#x017F;taben der <hi rendition="#fr">Sonnen Fe&#x017F;te,</hi> weil <hi rendition="#fr">Ni</hi><lb/>
das Feuer, oder in edlerer Bedeutung die <hi rendition="#fr">Sonne, Pon</hi> aber eine <hi rendition="#fr">Grundve&#x017F;te</hi> bedeutet.</p><lb/>
            <p>Unter den andern Namen, welche mehr in Schriften als im Di&#x017F;curs gebraucht wer-<lb/>
den, &#x017F;ind folgende die vornehm&#x017F;ten: <hi rendition="#fr">Tenka,</hi> d. i. das <hi rendition="#fr">unterhimli&#x017F;che,</hi> nemlich <hi rendition="#fr">Reich,</hi> als<lb/>
wenn kein andres mehr exi&#x017F;tirte. Der Kai&#x017F;er hei&#x017F;t auch daher <hi rendition="#fr">Tenka Sama</hi> d. i. der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">unter-</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0161] Drit. Kap. Abreiſe des Verfaſſers von Judja. ein Jeder ſich eingezogen, beſcheiden gegen die Eingebornen, und ihren Geſetzen und Lan- desgebraͤuchen gemaͤs verhalten ſolle. Dies Plakat wurde, nachdem es verleſen war, oͤffentlich im Schiffe, nach japaniſchem Gebrauche, angeheftet, und ſo einem Jeden vor Augen geſtelt. Nachmittags lies ich mich auf Deſima an Land ſetzen. Hierzu mus man ſich al- lemal auf dem Schiffe mit einem neuen Pas an die Landwachten verſehn, und wenn man wieder zuruͤkkoͤmt, von dieſer wieder einen an die Schifswachten mitbringen. Die geſtern Abend genoſſene rohe Gartenfruͤchte verurſachten mir ſoviel Beſchwerde, daß ich von dem mir noch unbekanten Orte wieder ans Schif zuruͤkkehren muſte. Den folgenden 26ſten Sept. aber fuhr ich mit allen meinen Sachen nach Deſima uͤber, und bezog daſelbſt das mir angewieſene Haus. Viertes Kapitel. Von der Groͤße und Lage der japaniſchen Jnſeln und Lande. Namen von Japan. Dieſes Reich wird von den Europaͤern Japan genant, von ſeinen Einwohnern aber mit verſchiednen andern Namen und Charactern bezeichnet. Unter denſelben iſt in der gemeinen Sprache und Schrift der gebraͤuchlichſte, Nipón, welches ſie, nach ihrer Mundart, des Wohlklangs wegen, oft Nifon, die Nankinſche aber und andre Suͤdſine- ſer Sjippon ausſprechen. Es heiſt nach dem Buchſtaben der Sonnen Feſte, weil Ni das Feuer, oder in edlerer Bedeutung die Sonne, Pon aber eine Grundveſte bedeutet. Unter den andern Namen, welche mehr in Schriften als im Diſcurs gebraucht wer- den, ſind folgende die vornehmſten: Tenka, d. i. das unterhimliſche, nemlich Reich, als wenn kein andres mehr exiſtirte. Der Kaiſer heiſt auch daher Tenka Sama d. i. der unter- K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/161
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/161>, abgerufen am 22.12.2024.