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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes.
fekten, -- Prah bin tsjau, d. i. der Heilige, welcher ist der Herr, oder auch nur
schlechtweg Prah, der Herr, auch Budha oder (wie sie das Wort mit hottentottischer
Kehle und in einer Silbe auszusprechen pflegen) P'huthah. Die Singalesen nennen ihn
Budhum, die Sineser und Japaner Sacka oder Sjacka, auch wol nur Fotoye, d. i.
der Götze, und mit einem Ehrennamen Si Tsun, d. i. der große Heilige.

Jch finde von der Geburt und dem Vaterlande dieses Religionsstifters bei den
verschiedenen Nationen keine übereinstimmende Nachrichten. Die Siamer nennen sein
Vaterland Lanka, d. i. Ceylon (Selan). Von da, sagen sie, sey ihre Lehre zuerst zu
ihnen herübergebracht, und dann noch weiter durch die umliegende Länder bis Sina und
Japan ausgebreitet worden. Auf den hohen Bergspitzen der Jnsel Ceylon, welche die Eu-
ropäer Pico d'Adam nennen, behaupten sie, wären noch jezt die Fusstapfen ihres dort
hervorgesprossenen und zuvor geübten Religionswesens anzutreffen. Daher sie auch diesen
bei ihnen sehr heilig gehaltenen Berg in ihren kosmographischen Tabellen als den Mittel-
punkt der Welt vorstellen*).

Aber die Singalesen selbst widersprechen dieser ihrem Lande so rühmlichen Meinung.
Sie nennen das Geburtsland des Heiligen Macca Desja, und verstehen darunter das

Reich
*) [Spaltenumbruch]
Die Menge der Gegenstände, welche man
auf und neben der Jnsel Selan mit dem Namen
Budso belegt findet, macht es in der That nicht
unwahrscheinlich, daß dieser große Religionsstifter
aus dieser Gegend zuerst ausgegangen sey, oder
sich wenigstens dort sehr thätig bewiesen habe;
ob man gleich schwerlich durch alle die widerspre-
chende Nachrichten der verschiedenen Nationen und
der Schriftsteller, die sich recht und unrecht ver-
standen, sich zu einer Entscheidung wird durch-
arbeiten können, ob der Budhum vom festen
Lande nach der Jnsel, oder von dieser nach jenes
übergieng?
Die Jndier haben auf Selan einen Budsos-
berg, ein Budsosgrab und eine Budsosbrücke.
Unter der leztern verstehen sie die Reihe von Jn-
selchens und Sandbänken, welche von der Jnsel
nach dem festen Lande der Küste Koromandel geht,
und die, wie die Singalesen behaupten, Budhum
hervorbrachte, da er vom festen Lande nach Se-
lan kam, und selbst seine Lehren ausbreitete.
Als die Portugiesen nach Jndien kamen, fanden
[Spaltenumbruch] sie es sehr analogisch, diese Orte, die einmal mit
heiligen Namen beehrt waren, der indischen Tra-
dition zu entreißen, und sie für die ihrige zu
weihen. So entstand ein Adamsberg, Adams-
grab, Adamsbrücke; -- einige Fabeln dazu wur-
den bald ersonnen; -- Selan ward für das Pa-
radies erklärt u. s. w. Diese Namen wurden
nach und nach so geläufig, daß man sich schon
überredte, sie wären uralt unter den Eingebornen,
und es finde sich also schon unter diesen die Tra-
dition von Adam. Baldäus (s. Beschryving van
Malabar en Coromandel p.
153) versichert dieses
wirklich. Nun hatte zwar Kämpfer in der Stelle
des Textes und auch wol beiläufig andere, die
wahren einländischen Namen dieser heiligen Orte
angezeigt; aber man hatte es übersehen, und es
ist daher wichtig, daß Hr. Missionarius Gerike
noch neuerlich (in seiner Seereise von London nach
Ceylon, 1773, p. 67) dem Jrthum widersprochen
und uns belehrt hat, daß die Eingebornen von
Jndien nichts von Adam wissen, und es sich auch
nie haben einfallen lassen, ihre heiligen Orte nach
ihm zu benennen.

Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes.
fekten, — Prah bin tſjau, d. i. der Heilige, welcher iſt der Herr, oder auch nur
ſchlechtweg Prah, der Herr, auch Budha oder (wie ſie das Wort mit hottentottiſcher
Kehle und in einer Silbe auszuſprechen pflegen) P’húthàh. Die Singaleſen nennen ihn
Budhum, die Sineſer und Japaner Sacka oder Sjacka, auch wol nur Fotoye, d. i.
der Goͤtze, und mit einem Ehrennamen Si Tſun, d. i. der große Heilige.

Jch finde von der Geburt und dem Vaterlande dieſes Religionsſtifters bei den
verſchiedenen Nationen keine uͤbereinſtimmende Nachrichten. Die Siamer nennen ſein
Vaterland Lanka, d. i. Ceylon (Selan). Von da, ſagen ſie, ſey ihre Lehre zuerſt zu
ihnen heruͤbergebracht, und dann noch weiter durch die umliegende Laͤnder bis Sina und
Japan ausgebreitet worden. Auf den hohen Bergſpitzen der Jnſel Ceylon, welche die Eu-
ropaͤer Pico d’Adam nennen, behaupten ſie, waͤren noch jezt die Fusſtapfen ihres dort
hervorgeſproſſenen und zuvor geuͤbten Religionsweſens anzutreffen. Daher ſie auch dieſen
bei ihnen ſehr heilig gehaltenen Berg in ihren kosmographiſchen Tabellen als den Mittel-
punkt der Welt vorſtellen*).

Aber die Singaleſen ſelbſt widerſprechen dieſer ihrem Lande ſo ruͤhmlichen Meinung.
Sie nennen das Geburtsland des Heiligen Macca Desja, und verſtehen darunter das

Reich
*) [Spaltenumbruch]
Die Menge der Gegenſtaͤnde, welche man
auf und neben der Jnſel Selan mit dem Namen
Budſo belegt findet, macht es in der That nicht
unwahrſcheinlich, daß dieſer große Religionsſtifter
aus dieſer Gegend zuerſt ausgegangen ſey, oder
ſich wenigſtens dort ſehr thaͤtig bewieſen habe;
ob man gleich ſchwerlich durch alle die widerſpre-
chende Nachrichten der verſchiedenen Nationen und
der Schriftſteller, die ſich recht und unrecht ver-
ſtanden, ſich zu einer Entſcheidung wird durch-
arbeiten koͤnnen, ob der Budhum vom feſten
Lande nach der Jnſel, oder von dieſer nach jenes
uͤbergieng?
Die Jndier haben auf Selan einen Budſos-
berg, ein Budſosgrab und eine Budſosbruͤcke.
Unter der leztern verſtehen ſie die Reihe von Jn-
ſelchens und Sandbaͤnken, welche von der Jnſel
nach dem feſten Lande der Kuͤſte Koromandel geht,
und die, wie die Singaleſen behaupten, Budhum
hervorbrachte, da er vom feſten Lande nach Se-
lan kam, und ſelbſt ſeine Lehren ausbreitete.
Als die Portugieſen nach Jndien kamen, fanden
[Spaltenumbruch] ſie es ſehr analogiſch, dieſe Orte, die einmal mit
heiligen Namen beehrt waren, der indiſchen Tra-
dition zu entreißen, und ſie fuͤr die ihrige zu
weihen. So entſtand ein Adamsberg, Adams-
grab, Adamsbruͤcke; — einige Fabeln dazu wur-
den bald erſonnen; — Selan ward fuͤr das Pa-
radies erklaͤrt u. ſ. w. Dieſe Namen wurden
nach und nach ſo gelaͤufig, daß man ſich ſchon
uͤberredte, ſie waͤren uralt unter den Eingebornen,
und es finde ſich alſo ſchon unter dieſen die Tra-
dition von Adam. Baldaͤus (ſ. Beſchryving van
Malabar en Coromandel p.
153) verſichert dieſes
wirklich. Nun hatte zwar Kaͤmpfer in der Stelle
des Textes und auch wol beilaͤufig andere, die
wahren einlaͤndiſchen Namen dieſer heiligen Orte
angezeigt; aber man hatte es uͤberſehen, und es
iſt daher wichtig, daß Hr. Miſſionarius Gerike
noch neuerlich (in ſeiner Seereiſe von London nach
Ceylon, 1773, p. 67) dem Jrthum widerſprochen
und uns belehrt hat, daß die Eingebornen von
Jndien nichts von Adam wiſſen, und es ſich auch
nie haben einfallen laſſen, ihre heiligen Orte nach
ihm zu benennen.
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[47/0133] Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes. fekten, — Prah bin tſjau, d. i. der Heilige, welcher iſt der Herr, oder auch nur ſchlechtweg Prah, der Herr, auch Budha oder (wie ſie das Wort mit hottentottiſcher Kehle und in einer Silbe auszuſprechen pflegen) P’húthàh. Die Singaleſen nennen ihn Budhum, die Sineſer und Japaner Sacka oder Sjacka, auch wol nur Fotoye, d. i. der Goͤtze, und mit einem Ehrennamen Si Tſun, d. i. der große Heilige. Jch finde von der Geburt und dem Vaterlande dieſes Religionsſtifters bei den verſchiedenen Nationen keine uͤbereinſtimmende Nachrichten. Die Siamer nennen ſein Vaterland Lanka, d. i. Ceylon (Selan). Von da, ſagen ſie, ſey ihre Lehre zuerſt zu ihnen heruͤbergebracht, und dann noch weiter durch die umliegende Laͤnder bis Sina und Japan ausgebreitet worden. Auf den hohen Bergſpitzen der Jnſel Ceylon, welche die Eu- ropaͤer Pico d’Adam nennen, behaupten ſie, waͤren noch jezt die Fusſtapfen ihres dort hervorgeſproſſenen und zuvor geuͤbten Religionsweſens anzutreffen. Daher ſie auch dieſen bei ihnen ſehr heilig gehaltenen Berg in ihren kosmographiſchen Tabellen als den Mittel- punkt der Welt vorſtellen *). Aber die Singaleſen ſelbſt widerſprechen dieſer ihrem Lande ſo ruͤhmlichen Meinung. Sie nennen das Geburtsland des Heiligen Macca Desja, und verſtehen darunter das Reich *) Die Menge der Gegenſtaͤnde, welche man auf und neben der Jnſel Selan mit dem Namen Budſo belegt findet, macht es in der That nicht unwahrſcheinlich, daß dieſer große Religionsſtifter aus dieſer Gegend zuerſt ausgegangen ſey, oder ſich wenigſtens dort ſehr thaͤtig bewieſen habe; ob man gleich ſchwerlich durch alle die widerſpre- chende Nachrichten der verſchiedenen Nationen und der Schriftſteller, die ſich recht und unrecht ver- ſtanden, ſich zu einer Entſcheidung wird durch- arbeiten koͤnnen, ob der Budhum vom feſten Lande nach der Jnſel, oder von dieſer nach jenes uͤbergieng? Die Jndier haben auf Selan einen Budſos- berg, ein Budſosgrab und eine Budſosbruͤcke. Unter der leztern verſtehen ſie die Reihe von Jn- ſelchens und Sandbaͤnken, welche von der Jnſel nach dem feſten Lande der Kuͤſte Koromandel geht, und die, wie die Singaleſen behaupten, Budhum hervorbrachte, da er vom feſten Lande nach Se- lan kam, und ſelbſt ſeine Lehren ausbreitete. Als die Portugieſen nach Jndien kamen, fanden ſie es ſehr analogiſch, dieſe Orte, die einmal mit heiligen Namen beehrt waren, der indiſchen Tra- dition zu entreißen, und ſie fuͤr die ihrige zu weihen. So entſtand ein Adamsberg, Adams- grab, Adamsbruͤcke; — einige Fabeln dazu wur- den bald erſonnen; — Selan ward fuͤr das Pa- radies erklaͤrt u. ſ. w. Dieſe Namen wurden nach und nach ſo gelaͤufig, daß man ſich ſchon uͤberredte, ſie waͤren uralt unter den Eingebornen, und es finde ſich alſo ſchon unter dieſen die Tra- dition von Adam. Baldaͤus (ſ. Beſchryving van Malabar en Coromandel p. 153) verſichert dieſes wirklich. Nun hatte zwar Kaͤmpfer in der Stelle des Textes und auch wol beilaͤufig andere, die wahren einlaͤndiſchen Namen dieſer heiligen Orte angezeigt; aber man hatte es uͤberſehen, und es iſt daher wichtig, daß Hr. Miſſionarius Gerike noch neuerlich (in ſeiner Seereiſe von London nach Ceylon, 1773, p. 67) dem Jrthum widerſprochen und uns belehrt hat, daß die Eingebornen von Jndien nichts von Adam wiſſen, und es ſich auch nie haben einfallen laſſen, ihre heiligen Orte nach ihm zu benennen.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/133>, abgerufen am 24.11.2024.