Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.dessen noch -- und morgen, Constance, schreibe ich an deine Schwestern; denn bei der Hochzeit müssen sie sein, um Lust zu bekommen! -- -- 10. Und mein Gelübde, zu warten, bis ich wie ein Sultan unter drei Houri's der Schönsten das Schnupftuch zuwerfen könnte? Ach, lieben Brüder und Schwestern, wißt ihr noch nicht, wie wenig dergleichen Ballast einem Herzen hilft, dessen Segel die Leidenschaft gefaßt hat? Die Geliebte hebt mit Einem Blick alle Gelübde! Angelique, die zweite Tochter von Mr. Gerson, kam in wenig Tagen an. Sie war in Rochelle bei Verwandten gewesen. So schön sie war, so schien sie es weniger neben ihrer Schwester, und ich wünschte mir Glück, ohne es zu wissen, wenigstens unter Zweien die beste Wahl getroffen zu haben. Victoire, die dritte, blieb aus. Statt ihrer kam nach acht bis zehn Tagen ein Brief an ihre Schwester Angelique, daß sie mit der Tante, bei welcher sie sich aushielt, verreis't wäre und bald zurückkommen würde. Das verzögerte die Hochzeit, und ich hatte hinlängliche Muße, die beiden Schwestern in ihrer Verschiedenheit kennen zu lernen. Angelique war um einen Zoll kleiner, ihre Taille um einen Zoll stärker, ihre Haut um einen Grad gefärbter, ihre Zähne waren nicht ganz so klein und weiß, mit Einem Worte, jeder dessen noch — und morgen, Constance, schreibe ich an deine Schwestern; denn bei der Hochzeit müssen sie sein, um Lust zu bekommen! — — 10. Und mein Gelübde, zu warten, bis ich wie ein Sultan unter drei Houri's der Schönsten das Schnupftuch zuwerfen könnte? Ach, lieben Brüder und Schwestern, wißt ihr noch nicht, wie wenig dergleichen Ballast einem Herzen hilft, dessen Segel die Leidenschaft gefaßt hat? Die Geliebte hebt mit Einem Blick alle Gelübde! Angelique, die zweite Tochter von Mr. Gerson, kam in wenig Tagen an. Sie war in Rochelle bei Verwandten gewesen. So schön sie war, so schien sie es weniger neben ihrer Schwester, und ich wünschte mir Glück, ohne es zu wissen, wenigstens unter Zweien die beste Wahl getroffen zu haben. Victoire, die dritte, blieb aus. Statt ihrer kam nach acht bis zehn Tagen ein Brief an ihre Schwester Angelique, daß sie mit der Tante, bei welcher sie sich aushielt, verreis't wäre und bald zurückkommen würde. Das verzögerte die Hochzeit, und ich hatte hinlängliche Muße, die beiden Schwestern in ihrer Verschiedenheit kennen zu lernen. Angelique war um einen Zoll kleiner, ihre Taille um einen Zoll stärker, ihre Haut um einen Grad gefärbter, ihre Zähne waren nicht ganz so klein und weiß, mit Einem Worte, jeder <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="9"> <p><pb facs="#f0039"/> dessen noch — und morgen, Constance, schreibe ich an deine Schwestern; denn bei der Hochzeit müssen sie sein, um Lust zu bekommen! — —</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="10"> <head>10.</head> <p>Und mein Gelübde, zu warten, bis ich wie ein Sultan unter drei Houri's der Schönsten das Schnupftuch zuwerfen könnte? Ach, lieben Brüder und Schwestern, wißt ihr noch nicht, wie wenig dergleichen Ballast einem Herzen hilft, dessen Segel die Leidenschaft gefaßt hat? Die Geliebte hebt mit Einem Blick alle Gelübde!</p><lb/> <p>Angelique, die zweite Tochter von Mr. Gerson, kam in wenig Tagen an. Sie war in Rochelle bei Verwandten gewesen. So schön sie war, so schien sie es weniger neben ihrer Schwester, und ich wünschte mir Glück, ohne es zu wissen, wenigstens unter Zweien die beste Wahl getroffen zu haben.</p><lb/> <p>Victoire, die dritte, blieb aus. Statt ihrer kam nach acht bis zehn Tagen ein Brief an ihre Schwester Angelique, daß sie mit der Tante, bei welcher sie sich aushielt, verreis't wäre und bald zurückkommen würde.</p><lb/> <p>Das verzögerte die Hochzeit, und ich hatte hinlängliche Muße, die beiden Schwestern in ihrer Verschiedenheit kennen zu lernen. Angelique war um einen Zoll kleiner, ihre Taille um einen Zoll stärker, ihre Haut um einen Grad gefärbter, ihre Zähne waren nicht ganz so klein und weiß, mit Einem Worte, jeder<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
dessen noch — und morgen, Constance, schreibe ich an deine Schwestern; denn bei der Hochzeit müssen sie sein, um Lust zu bekommen! — —
10. Und mein Gelübde, zu warten, bis ich wie ein Sultan unter drei Houri's der Schönsten das Schnupftuch zuwerfen könnte? Ach, lieben Brüder und Schwestern, wißt ihr noch nicht, wie wenig dergleichen Ballast einem Herzen hilft, dessen Segel die Leidenschaft gefaßt hat? Die Geliebte hebt mit Einem Blick alle Gelübde!
Angelique, die zweite Tochter von Mr. Gerson, kam in wenig Tagen an. Sie war in Rochelle bei Verwandten gewesen. So schön sie war, so schien sie es weniger neben ihrer Schwester, und ich wünschte mir Glück, ohne es zu wissen, wenigstens unter Zweien die beste Wahl getroffen zu haben.
Victoire, die dritte, blieb aus. Statt ihrer kam nach acht bis zehn Tagen ein Brief an ihre Schwester Angelique, daß sie mit der Tante, bei welcher sie sich aushielt, verreis't wäre und bald zurückkommen würde.
Das verzögerte die Hochzeit, und ich hatte hinlängliche Muße, die beiden Schwestern in ihrer Verschiedenheit kennen zu lernen. Angelique war um einen Zoll kleiner, ihre Taille um einen Zoll stärker, ihre Haut um einen Grad gefärbter, ihre Zähne waren nicht ganz so klein und weiß, mit Einem Worte, jeder
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Zitationshilfe: | Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/39>, abgerufen am 16.02.2025. |