sonen auseinanderliegend, scheinen sie in einem Zug gemalt. Die landschaftliche Umgebung ist in allen dreien gleichartig behan- delt und wol nach dem vierten Jahrzehnt; am freisten in dem zuerst aufgenommenen Ferdinand.
In dem Bildniss des Zwergs El primo ist der Kopf sehr früh und die Scripturen und Bände am Boden ganz in der fleis- sigen bodegones-Manier; der alte Hintergrund dagegen, der wol gar einen Innenraum vorstellte, ist kassirt und eine Bergland- schaft darüber gelegt.
Viel zu denken geben die grossen Reiterbilder. In denen Philipp III und der Margaretha liegt ein Beispiel von fremder Hand gemalter, viel älterer Darstellungen vor, die Velazquez, um sie den Ansprüchen der Gegenwart gemäss salonfähig zu machen, in Umgebung und Rossen übermalt hat, Theile der letzteren sogar mehr als einmal.
Während das Reiterbild des Prinzen in herrlich genialer Einheit des Gusses und unberührt vor uns steht, während das des Olivares (das ja nicht in den Palast kam) nur eine gleich- zeitige Veränderung in dem skizzirten Mittelgrund aufweist: so sind die des regierenden Königspaars vielfach überarbeitet. Alter der dargestellten Personen und malerische Behandlung passen nicht zusammen. Das so zarte, helle und doch bestimmte Köpfchen der Tochter Heinrich IV ist sehr jugendlich; die Dra- perie zeigt Schülerhand. Der Kopf ihres Gemahls gehört in die Mitte der Dreissig. Pferd und Landschaft dürften später erneuert sein. Es sind auch hier rechts und links breite Leinwandstreifen angesetzt, die Pinselstriche aber gehen in ununterbrochenen Zü- gen über den alten und neuen Theil, nur dass ihr Eindruck dort in Folge des Durchwirkens der früheren Malerei verändert wird. Der Farbenteig ist gegen die Gewohnheit des Meisters so ver- schwenderisch aufgetragen, um das alte zuzudecken. Diess ist dennoch, nicht blos in den Beinen der Pferde, sondern auch in der Figur des Reiters noch erkennbar. Unter dem Blau des Himmels sieht man noch die in Schulterhöhe flatternde rothe Schärpe (wie bei Philipp III), den alten Federbusch.
Solche Anstückungen sind auffallend auch in den "We- berinnen", dagegen ist die Behauptung, dass der Kopf der In- fantin (Prado Nr. 1084) älter sei als das übrige, falsch, und nur aus der unrichtigen Benennung gefolgert.
II. 2
Die Bildnisskunst des Meisters.
sonen auseinanderliegend, scheinen sie in einem Zug gemalt. Die landschaftliche Umgebung ist in allen dreien gleichartig behan- delt und wol nach dem vierten Jahrzehnt; am freisten in dem zuerst aufgenommenen Ferdinand.
In dem Bildniss des Zwergs El primo ist der Kopf sehr früh und die Scripturen und Bände am Boden ganz in der fleis- sigen bodegones-Manier; der alte Hintergrund dagegen, der wol gar einen Innenraum vorstellte, ist kassirt und eine Bergland- schaft darüber gelegt.
Viel zu denken geben die grossen Reiterbilder. In denen Philipp III und der Margaretha liegt ein Beispiel von fremder Hand gemalter, viel älterer Darstellungen vor, die Velazquez, um sie den Ansprüchen der Gegenwart gemäss salonfähig zu machen, in Umgebung und Rossen übermalt hat, Theile der letzteren sogar mehr als einmal.
Während das Reiterbild des Prinzen in herrlich genialer Einheit des Gusses und unberührt vor uns steht, während das des Olivares (das ja nicht in den Palast kam) nur eine gleich- zeitige Veränderung in dem skizzirten Mittelgrund aufweist: so sind die des regierenden Königspaars vielfach überarbeitet. Alter der dargestellten Personen und malerische Behandlung passen nicht zusammen. Das so zarte, helle und doch bestimmte Köpfchen der Tochter Heinrich IV ist sehr jugendlich; die Dra- perie zeigt Schülerhand. Der Kopf ihres Gemahls gehört in die Mitte der Dreissig. Pferd und Landschaft dürften später erneuert sein. Es sind auch hier rechts und links breite Leinwandstreifen angesetzt, die Pinselstriche aber gehen in ununterbrochenen Zü- gen über den alten und neuen Theil, nur dass ihr Eindruck dort in Folge des Durchwirkens der früheren Malerei verändert wird. Der Farbenteig ist gegen die Gewohnheit des Meisters so ver- schwenderisch aufgetragen, um das alte zuzudecken. Diess ist dennoch, nicht blos in den Beinen der Pferde, sondern auch in der Figur des Reiters noch erkennbar. Unter dem Blau des Himmels sieht man noch die in Schulterhöhe flatternde rothe Schärpe (wie bei Philipp III), den alten Federbusch.
Solche Anstückungen sind auffallend auch in den „We- berinnen“, dagegen ist die Behauptung, dass der Kopf der In- fantin (Prado Nr. 1084) älter sei als das übrige, falsch, und nur aus der unrichtigen Benennung gefolgert.
II. 2
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[17/0037]
Die Bildnisskunst des Meisters.
sonen auseinanderliegend, scheinen sie in einem Zug gemalt. Die
landschaftliche Umgebung ist in allen dreien gleichartig behan-
delt und wol nach dem vierten Jahrzehnt; am freisten in dem
zuerst aufgenommenen Ferdinand.
In dem Bildniss des Zwergs El primo ist der Kopf sehr
früh und die Scripturen und Bände am Boden ganz in der fleis-
sigen bodegones-Manier; der alte Hintergrund dagegen, der wol
gar einen Innenraum vorstellte, ist kassirt und eine Bergland-
schaft darüber gelegt.
Viel zu denken geben die grossen Reiterbilder. In denen
Philipp III und der Margaretha liegt ein Beispiel von fremder
Hand gemalter, viel älterer Darstellungen vor, die Velazquez, um
sie den Ansprüchen der Gegenwart gemäss salonfähig zu machen,
in Umgebung und Rossen übermalt hat, Theile der letzteren
sogar mehr als einmal.
Während das Reiterbild des Prinzen in herrlich genialer
Einheit des Gusses und unberührt vor uns steht, während das
des Olivares (das ja nicht in den Palast kam) nur eine gleich-
zeitige Veränderung in dem skizzirten Mittelgrund aufweist: so
sind die des regierenden Königspaars vielfach überarbeitet.
Alter der dargestellten Personen und malerische Behandlung
passen nicht zusammen. Das so zarte, helle und doch bestimmte
Köpfchen der Tochter Heinrich IV ist sehr jugendlich; die Dra-
perie zeigt Schülerhand. Der Kopf ihres Gemahls gehört in die
Mitte der Dreissig. Pferd und Landschaft dürften später erneuert
sein. Es sind auch hier rechts und links breite Leinwandstreifen
angesetzt, die Pinselstriche aber gehen in ununterbrochenen Zü-
gen über den alten und neuen Theil, nur dass ihr Eindruck dort
in Folge des Durchwirkens der früheren Malerei verändert wird.
Der Farbenteig ist gegen die Gewohnheit des Meisters so ver-
schwenderisch aufgetragen, um das alte zuzudecken. Diess ist
dennoch, nicht blos in den Beinen der Pferde, sondern auch in
der Figur des Reiters noch erkennbar. Unter dem Blau des
Himmels sieht man noch die in Schulterhöhe flatternde rothe
Schärpe (wie bei Philipp III), den alten Federbusch.
Solche Anstückungen sind auffallend auch in den „We-
berinnen“, dagegen ist die Behauptung, dass der Kopf der In-
fantin (Prado Nr. 1084) älter sei als das übrige, falsch, und nur
aus der unrichtigen Benennung gefolgert.
II. 2
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/37>, abgerufen am 24.11.2024.
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