prophezeiten 1). Auch in Spanien wusste man, dass Ehen zwischen so nahen Verwandten keine guten Aussichten haben 2).
Keine sechs Monde waren nach jenem Todesfall (9. Okto- ber 1646) verflossen, als bereits die Kapitulationen in Pressburg unterzeichnet wurden (2. April 1647). Die Vermählung durch Stellvertretung fand im folgenden Jahr in Wien statt. In Trient musste sie vom November 1648 bis zum Frühjahr warten, weil der Oberhofmeister, der Herzog von Najera y Maqueda, erst im April mit ihrem Hofstaat in Mailand ankam. Der Graf von Lumiares übergab ihr den Schmuck (joya); er bestand aus 22 Diamanten, deren grösster auf 25000 Escudos geschätzt wurde, das Ganze auf 80000. Keine Reise einer spanischen Königin war je mit soviel Hindernissen, sogar finanziellen verbunden ge- wesen. Zwei und ein halbes Jahr waren seit der Verlobung ver- flossen, als die nunmehr vierzehnjährige von ihrem dreissig Jahre ältern Gemahl in Navalcarnero empfangen wurde, wo der Erz- bischof von Toledo die Trauung vollzog:
que apenas catorce apriles bebio del alba la risa.
Aber der Empfang in der Hauptstadt sollte ihr und der Welt noch einmal zeigen, was dies alte Spanien war. "Der Hof, sagt Basadonna, wollte beweisen, dass er noch Wunder thun könne, jetzt wo Jedermann glaubte, dass man am Boden liege." Freilich war es die Stadt die alles zu bezahlen und durch Steuern aufzu- bringen hatte. Und dieser gute Wille, die noch immer stand- haltende Liebe zum Königshaus erschien dem Venezianer als der Wunder grösstes. "Die nationale Eitelkeit nicht zu ver- gessen, die sich so gern am Schein satt isst."
Die Ausschmückung der Stadt von Buen Retiro bis zum Alcazar war wohl das beste was dort jemals in dieser Art ge- leistet worden ist. Noch nie hatte Madrid eine so zahlreiche, tüchtige Malergemeinde besessen. Das Theater von Buen Retiro war ihre Schule im decorativen Fach gewesen. Sie wirkten im Bunde mit den Bildhauern, Architekten und Dichtern, wie denn Calderon, der die Feier in der Comödie Guardate de la agua mansa geschildert hat, die Ideen zu den Triumphbögen angab.
1) Basadonna, chiffrirte Depesche vom 3. August 1649. Matrimonio il piu improprio.
2) Ni suceden descendencias que se logren de casamientos parientes. Tirso, Esto si que es negociar. III, 8.
Sechstes Buch.
prophezeiten 1). Auch in Spanien wusste man, dass Ehen zwischen so nahen Verwandten keine guten Aussichten haben 2).
Keine sechs Monde waren nach jenem Todesfall (9. Okto- ber 1646) verflossen, als bereits die Kapitulationen in Pressburg unterzeichnet wurden (2. April 1647). Die Vermählung durch Stellvertretung fand im folgenden Jahr in Wien statt. In Trient musste sie vom November 1648 bis zum Frühjahr warten, weil der Oberhofmeister, der Herzog von Nájera y Maqueda, erst im April mit ihrem Hofstaat in Mailand ankam. Der Graf von Lumiares übergab ihr den Schmuck (joya); er bestand aus 22 Diamanten, deren grösster auf 25000 Escudos geschätzt wurde, das Ganze auf 80000. Keine Reise einer spanischen Königin war je mit soviel Hindernissen, sogar finanziellen verbunden ge- wesen. Zwei und ein halbes Jahr waren seit der Verlobung ver- flossen, als die nunmehr vierzehnjährige von ihrem dreissig Jahre ältern Gemahl in Navalcarnero empfangen wurde, wo der Erz- bischof von Toledo die Trauung vollzog:
que apénas catorce apriles bebió del alba la risa.
Aber der Empfang in der Hauptstadt sollte ihr und der Welt noch einmal zeigen, was dies alte Spanien war. „Der Hof, sagt Basadonna, wollte beweisen, dass er noch Wunder thun könne, jetzt wo Jedermann glaubte, dass man am Boden liege.“ Freilich war es die Stadt die alles zu bezahlen und durch Steuern aufzu- bringen hatte. Und dieser gute Wille, die noch immer stand- haltende Liebe zum Königshaus erschien dem Venezianer als der Wunder grösstes. „Die nationale Eitelkeit nicht zu ver- gessen, die sich so gern am Schein satt isst.“
Die Ausschmückung der Stadt von Buen Retiro bis zum Alcazar war wohl das beste was dort jemals in dieser Art ge- leistet worden ist. Noch nie hatte Madrid eine so zahlreiche, tüchtige Malergemeinde besessen. Das Theater von Buen Retiro war ihre Schule im decorativen Fach gewesen. Sie wirkten im Bunde mit den Bildhauern, Architekten und Dichtern, wie denn Calderon, der die Feier in der Comödie Guárdate de la agua mansa geschildert hat, die Ideen zu den Triumphbögen angab.
1) Basadonna, chiffrirte Depesche vom 3. August 1649. Matrimonio il più improprio.
2) Ni suceden descendencias que se logren de casamientos parientes. Tirso, Esto sí que es negociar. III, 8.
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Sechstes Buch.
prophezeiten 1). Auch in Spanien wusste man, dass Ehen zwischen
so nahen Verwandten keine guten Aussichten haben 2).
Keine sechs Monde waren nach jenem Todesfall (9. Okto-
ber 1646) verflossen, als bereits die Kapitulationen in Pressburg
unterzeichnet wurden (2. April 1647). Die Vermählung durch
Stellvertretung fand im folgenden Jahr in Wien statt. In Trient
musste sie vom November 1648 bis zum Frühjahr warten, weil
der Oberhofmeister, der Herzog von Nájera y Maqueda, erst im
April mit ihrem Hofstaat in Mailand ankam. Der Graf von
Lumiares übergab ihr den Schmuck (joya); er bestand aus
22 Diamanten, deren grösster auf 25000 Escudos geschätzt wurde,
das Ganze auf 80000. Keine Reise einer spanischen Königin
war je mit soviel Hindernissen, sogar finanziellen verbunden ge-
wesen. Zwei und ein halbes Jahr waren seit der Verlobung ver-
flossen, als die nunmehr vierzehnjährige von ihrem dreissig Jahre
ältern Gemahl in Navalcarnero empfangen wurde, wo der Erz-
bischof von Toledo die Trauung vollzog:
que apénas catorce apriles
bebió del alba la risa.
Aber der Empfang in der Hauptstadt sollte ihr und der Welt
noch einmal zeigen, was dies alte Spanien war. „Der Hof, sagt
Basadonna, wollte beweisen, dass er noch Wunder thun könne,
jetzt wo Jedermann glaubte, dass man am Boden liege.“ Freilich
war es die Stadt die alles zu bezahlen und durch Steuern aufzu-
bringen hatte. Und dieser gute Wille, die noch immer stand-
haltende Liebe zum Königshaus erschien dem Venezianer als
der Wunder grösstes. „Die nationale Eitelkeit nicht zu ver-
gessen, die sich so gern am Schein satt isst.“
Die Ausschmückung der Stadt von Buen Retiro bis zum
Alcazar war wohl das beste was dort jemals in dieser Art ge-
leistet worden ist. Noch nie hatte Madrid eine so zahlreiche,
tüchtige Malergemeinde besessen. Das Theater von Buen Retiro
war ihre Schule im decorativen Fach gewesen. Sie wirkten im
Bunde mit den Bildhauern, Architekten und Dichtern, wie denn
Calderon, der die Feier in der Comödie Guárdate de la agua
mansa geschildert hat, die Ideen zu den Triumphbögen angab.
1) Basadonna, chiffrirte Depesche vom 3. August 1649. Matrimonio il più
improprio.
2) Ni suceden descendencias que se logren de casamientos parientes. Tirso,
Esto sí que es negociar. III, 8.
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/306>, abgerufen am 16.02.2025.
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