Synkretismus von Kostümen im Hoftheatergeschmack für jene Zeit bezeichnend ist.
In den letzten Lebensjahren unsres Malers findet man mehrere vornehme Jünglinge aus der Provinz in seiner Nähe. Juan de Alfaro y Gamez (1640 + 1680) war der Sohn eines kunstliebenden Edelmanns in Cordoba, der seinen Jungen bei Antonio del Castillo malen lernen liess und dann wohlempfohlen an den Hofmaler adressirte. Er wurde dessen begeisterter Verehrer und Kopist. Palomino, den er überredete von Cordoba nach Madrid überzu- siedeln, macht von ihm ebensoviel Rühmens, wie Cean gering- schätzig über ihn abspricht; Martinez nennt ihn unter denen, die sich ausländischer Kupferstiche für ihre Kompositionen bedienten. Als er bald hernach sich wieder in der Vaterstadt zeigte, machte er Aufsehn durch die neue flotte Manier, missfiel aber durch An- massung; und als er seine Gemälde im Kreuzgang von S. Fran- cisco sämmtlich mit dem Namen versehen hatte, machte ihn sein alter Lehrer Castillo zum Sprichwort, indem er unter ein von ihm selbst hinzugefügtes setzte: Non pinxit Alfarus. Seine Bild- nisse der Erzbischöfe Francisco Alarcon und Alfonso de Salizares zeigen, dass er wenig von Velazquez gelernt hat: auf röthlichem Grund scharfer Lichteinfall und schwere braune Schatten. Später war er eine ständige Erscheinung im Hause des Regidors von Madrid, Pedro de Arce, wo er Gelegenheit hatte, die Dichter und Schriftsteller aufzunehmen. Bekannt ist sein Bildniss Calderons, einst in der Kapelle des Friedhofs von S. Nicolas, jetzt im Hos- pital de presbiteros seculares in der Nähe des Platzes Antonio Martin. In der rohen und nachlässigen Malerei dieses grämlich bittern Greisenkopfs ist keine Spur von dem Geist des heitern und gedankenreichen Dichters; man möchte wünschen, dass es eine untergeschobene Kopie sei. Am glücklichsten war er in kleinen Bildnissen, in der Art van Dyck's, sie waren "von so ausserordentlichem Reiz (primor), dass er nicht zu übertreffen war". Solche kleine Bildnisse waren damals sehr gefragt; gute Beispiele sind die Murillo zugeschriebenen Büsten des Herzogs von Osuna und eines Unbekannten in der Galerie La Caze.
Nicolas de Villacis (+ 1690), ein Sohn vornehmer und reicher Eltern in Murcia, trat Velazquez ebenfalls nahe; er unternahm dann eine Reise nach Italien, wo er, dem Hofgeschmack folgend, die Quadraturmalerei studirte. Nach der Rückkehr hat er in seiner Vaterstadt, in S. Trinidad und S. Domingo, die Murcianer mit solchen poetischen Architekturen entzückt. Velazquez hätte ihn gern am
Siebentes Buch.
Synkretismus von Kostümen im Hoftheatergeschmack für jene Zeit bezeichnend ist.
In den letzten Lebensjahren unsres Malers findet man mehrere vornehme Jünglinge aus der Provinz in seiner Nähe. Juan de Alfaro y Gamez (1640 † 1680) war der Sohn eines kunstliebenden Edelmanns in Cordoba, der seinen Jungen bei Antonio del Castillo malen lernen liess und dann wohlempfohlen an den Hofmaler adressirte. Er wurde dessen begeisterter Verehrer und Kopist. Palomino, den er überredete von Cordoba nach Madrid überzu- siedeln, macht von ihm ebensoviel Rühmens, wie Cean gering- schätzig über ihn abspricht; Martinez nennt ihn unter denen, die sich ausländischer Kupferstiche für ihre Kompositionen bedienten. Als er bald hernach sich wieder in der Vaterstadt zeigte, machte er Aufsehn durch die neue flotte Manier, missfiel aber durch An- massung; und als er seine Gemälde im Kreuzgang von S. Fran- cisco sämmtlich mit dem Namen versehen hatte, machte ihn sein alter Lehrer Castillo zum Sprichwort, indem er unter ein von ihm selbst hinzugefügtes setzte: Non pinxit Alfarus. Seine Bild- nisse der Erzbischöfe Francisco Alarcon und Alfonso de Salizares zeigen, dass er wenig von Velazquez gelernt hat: auf röthlichem Grund scharfer Lichteinfall und schwere braune Schatten. Später war er eine ständige Erscheinung im Hause des Regidors von Madrid, Pedro de Arce, wo er Gelegenheit hatte, die Dichter und Schriftsteller aufzunehmen. Bekannt ist sein Bildniss Calderons, einst in der Kapelle des Friedhofs von S. Nicolas, jetzt im Hos- pital de presbiteros seculares in der Nähe des Platzes Antonio Martin. In der rohen und nachlässigen Malerei dieses grämlich bittern Greisenkopfs ist keine Spur von dem Geist des heitern und gedankenreichen Dichters; man möchte wünschen, dass es eine untergeschobene Kopie sei. Am glücklichsten war er in kleinen Bildnissen, in der Art van Dyck’s, sie waren „von so ausserordentlichem Reiz (primor), dass er nicht zu übertreffen war“. Solche kleine Bildnisse waren damals sehr gefragt; gute Beispiele sind die Murillo zugeschriebenen Büsten des Herzogs von Osuna und eines Unbekannten in der Galerie La Caze.
Nicolas de Villacis († 1690), ein Sohn vornehmer und reicher Eltern in Murcia, trat Velazquez ebenfalls nahe; er unternahm dann eine Reise nach Italien, wo er, dem Hofgeschmack folgend, die Quadraturmalerei studirte. Nach der Rückkehr hat er in seiner Vaterstadt, in S. Trinidad und S. Domingo, die Murcianer mit solchen poetischen Architekturen entzückt. Velazquez hätte ihn gern am
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Siebentes Buch.
Synkretismus von Kostümen im Hoftheatergeschmack für jene
Zeit bezeichnend ist.
In den letzten Lebensjahren unsres Malers findet man mehrere
vornehme Jünglinge aus der Provinz in seiner Nähe. Juan de
Alfaro y Gamez (1640 † 1680) war der Sohn eines kunstliebenden
Edelmanns in Cordoba, der seinen Jungen bei Antonio del Castillo
malen lernen liess und dann wohlempfohlen an den Hofmaler
adressirte. Er wurde dessen begeisterter Verehrer und Kopist.
Palomino, den er überredete von Cordoba nach Madrid überzu-
siedeln, macht von ihm ebensoviel Rühmens, wie Cean gering-
schätzig über ihn abspricht; Martinez nennt ihn unter denen, die
sich ausländischer Kupferstiche für ihre Kompositionen bedienten.
Als er bald hernach sich wieder in der Vaterstadt zeigte, machte
er Aufsehn durch die neue flotte Manier, missfiel aber durch An-
massung; und als er seine Gemälde im Kreuzgang von S. Fran-
cisco sämmtlich mit dem Namen versehen hatte, machte ihn sein
alter Lehrer Castillo zum Sprichwort, indem er unter ein von
ihm selbst hinzugefügtes setzte: Non pinxit Alfarus. Seine Bild-
nisse der Erzbischöfe Francisco Alarcon und Alfonso de Salizares
zeigen, dass er wenig von Velazquez gelernt hat: auf röthlichem
Grund scharfer Lichteinfall und schwere braune Schatten. Später
war er eine ständige Erscheinung im Hause des Regidors von
Madrid, Pedro de Arce, wo er Gelegenheit hatte, die Dichter und
Schriftsteller aufzunehmen. Bekannt ist sein Bildniss Calderons,
einst in der Kapelle des Friedhofs von S. Nicolas, jetzt im Hos-
pital de presbiteros seculares in der Nähe des Platzes Antonio
Martin. In der rohen und nachlässigen Malerei dieses grämlich
bittern Greisenkopfs ist keine Spur von dem Geist des heitern
und gedankenreichen Dichters; man möchte wünschen, dass es
eine untergeschobene Kopie sei. Am glücklichsten war er in
kleinen Bildnissen, in der Art van Dyck’s, sie waren „von so
ausserordentlichem Reiz (primor), dass er nicht zu übertreffen
war“. Solche kleine Bildnisse waren damals sehr gefragt; gute
Beispiele sind die Murillo zugeschriebenen Büsten des Herzogs
von Osuna und eines Unbekannten in der Galerie La Caze.
Nicolas de Villacis († 1690), ein Sohn vornehmer und reicher
Eltern in Murcia, trat Velazquez ebenfalls nahe; er unternahm
dann eine Reise nach Italien, wo er, dem Hofgeschmack folgend, die
Quadraturmalerei studirte. Nach der Rückkehr hat er in seiner
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/290>, abgerufen am 28.11.2024.
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