und die Marter des h. Gines (Prado 530); ferner ein verlornes Bild Caravaggio's, S. Margaretha einen Todten erweckend.
Endlich hatte der noch in Neapel (1653) regierende D. Garcia de Avellanada y Haro, Graf von Castrillo, bereits einen dritten Raphael geschickt; den Besuch der Maria bei Elisabeth (Prado 368), das für S. Silvestro zu Aquila in den Abruzzen gemalte und dort mehr als ein Jahrhundert lang eifersüchtig bewahrte anmuthige Bild. --
Diese italienischen Gemälde waren selbst nach ihrem heutigen Geldwerth nur ein kleiner Theil des Raubs, welchen die immer nur sehr kurze Zeit regierenden Vicekönige dem ihnen anvertrauten Reiche abpressten, allerdings aber das einzige was nicht rasch in alle Winde zerstob. Ihre stolzklingenden Namen: Scaurus und Fabius heisst ihr wie sonst, doch erröthen der Ahnen Bilder im Vorsaal euch; (A. W. Schlegel) erinnern an der einst in Europa so hochangesehenen spanischen Staats- und Regierungskunst Entartung zu wüster Paschawirth- schaft. Unter diesen Gebern sind drei Guzmans 1), der Neffe, der Schwager und der Schwiegersohn des Olivares. Die neapoli- tanische Revolte, deren Zusammentreffen mit der Freigebung Hollands wie eine Schicksalswarnung aussah, war in sich selbst zerfallen; dennoch hatte man sichs nicht versagen können, mit blutiger Härte zu strafen. Angesichts dieser vier Namen aus der Schaar der gierigsten und unfähigsten Blutsauger, die je der Fluch eines Volkes und Landes gewesen sind, deren Aussaat noch jetzt geerntet wird, nachdem ihre Tyrannei längst in Nichts zerfallen ist, kann man nicht umhin, selbst der Bornirtheit spanischer Hoffart zuzutrauen, dass der Gedanke einer Art Sühne des Raubs vorgeschwebt habe, als Philipp sich dieser Kunstwerke entäusserte und sie in jenes heilige Haus stiftete, das sich über dem Staub seiner Ahnen (und bald dem eignen) erhob.
Die Aufstellung der 41 Gemälde wurde also Velazquez über- tragen. Der bevorzugte Raum sollte die schöne Sakristei sein, ein 108 Fuss langer und 30 breiter Saal mit flachem Tonnen- gewölbe, der sein Licht durch neun hohe Fenster über dem Ge- sims der linken Langseite empfängt. Sie war dort der günstigste Aufstellungsraum für Gemälde. Sigüenza sagt, beim Eintritt scheine sich immer sein Herz zu erweitern. Schon Philipp II
1) Si no era liberal por lo que tenia de Guzman, sagt Novoa von Haro, Docum. ined. 69, 112.
Siebentes Buch.
und die Marter des h. Ginés (Prado 530); ferner ein verlornes Bild Caravaggio’s, S. Margaretha einen Todten erweckend.
Endlich hatte der noch in Neapel (1653) regierende D. Garcia de Avellanada y Haro, Graf von Castrillo, bereits einen dritten Raphael geschickt; den Besuch der Maria bei Elisabeth (Prado 368), das für S. Silvestro zu Aquila in den Abruzzen gemalte und dort mehr als ein Jahrhundert lang eifersüchtig bewahrte anmuthige Bild. —
Diese italienischen Gemälde waren selbst nach ihrem heutigen Geldwerth nur ein kleiner Theil des Raubs, welchen die immer nur sehr kurze Zeit regierenden Vicekönige dem ihnen anvertrauten Reiche abpressten, allerdings aber das einzige was nicht rasch in alle Winde zerstob. Ihre stolzklingenden Namen: Scaurus und Fabius heisst ihr wie sonst, doch erröthen der Ahnen Bilder im Vorsaal euch; (A. W. Schlegel) erinnern an der einst in Europa so hochangesehenen spanischen Staats- und Regierungskunst Entartung zu wüster Paschawirth- schaft. Unter diesen Gebern sind drei Guzmans 1), der Neffe, der Schwager und der Schwiegersohn des Olivares. Die neapoli- tanische Revolte, deren Zusammentreffen mit der Freigebung Hollands wie eine Schicksalswarnung aussah, war in sich selbst zerfallen; dennoch hatte man sichs nicht versagen können, mit blutiger Härte zu strafen. Angesichts dieser vier Namen aus der Schaar der gierigsten und unfähigsten Blutsauger, die je der Fluch eines Volkes und Landes gewesen sind, deren Aussaat noch jetzt geerntet wird, nachdem ihre Tyrannei längst in Nichts zerfallen ist, kann man nicht umhin, selbst der Bornirtheit spanischer Hoffart zuzutrauen, dass der Gedanke einer Art Sühne des Raubs vorgeschwebt habe, als Philipp sich dieser Kunstwerke entäusserte und sie in jenes heilige Haus stiftete, das sich über dem Staub seiner Ahnen (und bald dem eignen) erhob.
Die Aufstellung der 41 Gemälde wurde also Velazquez über- tragen. Der bevorzugte Raum sollte die schöne Sakristei sein, ein 108 Fuss langer und 30 breiter Saal mit flachem Tonnen- gewölbe, der sein Licht durch neun hohe Fenster über dem Ge- sims der linken Langseite empfängt. Sie war dort der günstigste Aufstellungsraum für Gemälde. Sigüenza sagt, beim Eintritt scheine sich immer sein Herz zu erweitern. Schon Philipp II
1) Si no era liberal por lo que tenia de Guzman, sagt Novoa von Haro, Docum. inéd. 69, 112.
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Bild Caravaggio’s, S. Margaretha einen Todten erweckend.
Endlich hatte der noch in Neapel (1653) regierende D. Garcia
de Avellanada y Haro, Graf von Castrillo, bereits einen dritten
Raphael geschickt; den Besuch der Maria bei Elisabeth (Prado
368), das für S. Silvestro zu Aquila in den Abruzzen gemalte
und dort mehr als ein Jahrhundert lang eifersüchtig bewahrte
anmuthige Bild. —
Diese italienischen Gemälde waren selbst nach ihrem heutigen
Geldwerth nur ein kleiner Theil des Raubs, welchen die immer nur
sehr kurze Zeit regierenden Vicekönige dem ihnen anvertrauten
Reiche abpressten, allerdings aber das einzige was nicht rasch
in alle Winde zerstob. Ihre stolzklingenden Namen:
Scaurus und Fabius heisst ihr wie sonst, doch erröthen der Ahnen
Bilder im Vorsaal euch; (A. W. Schlegel)
erinnern an der einst in Europa so hochangesehenen spanischen
Staats- und Regierungskunst Entartung zu wüster Paschawirth-
schaft. Unter diesen Gebern sind drei Guzmans 1), der Neffe,
der Schwager und der Schwiegersohn des Olivares. Die neapoli-
tanische Revolte, deren Zusammentreffen mit der Freigebung
Hollands wie eine Schicksalswarnung aussah, war in sich selbst
zerfallen; dennoch hatte man sichs nicht versagen können, mit
blutiger Härte zu strafen. Angesichts dieser vier Namen aus der
Schaar der gierigsten und unfähigsten Blutsauger, die je der
Fluch eines Volkes und Landes gewesen sind, deren Aussaat
noch jetzt geerntet wird, nachdem ihre Tyrannei längst in Nichts
zerfallen ist, kann man nicht umhin, selbst der Bornirtheit
spanischer Hoffart zuzutrauen, dass der Gedanke einer Art Sühne
des Raubs vorgeschwebt habe, als Philipp sich dieser Kunstwerke
entäusserte und sie in jenes heilige Haus stiftete, das sich über
dem Staub seiner Ahnen (und bald dem eignen) erhob.
Die Aufstellung der 41 Gemälde wurde also Velazquez über-
tragen. Der bevorzugte Raum sollte die schöne Sakristei sein,
ein 108 Fuss langer und 30 breiter Saal mit flachem Tonnen-
gewölbe, der sein Licht durch neun hohe Fenster über dem Ge-
sims der linken Langseite empfängt. Sie war dort der günstigste
Aufstellungsraum für Gemälde. Sigüenza sagt, beim Eintritt
scheine sich immer sein Herz zu erweitern. Schon Philipp II
1) Si no era liberal por lo que tenia de Guzman, sagt Novoa von Haro,
Docum. inéd. 69, 112.
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/262>, abgerufen am 24.11.2024.
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