Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.Sechstes Buch. Dass es wirklich jener Pareja ist, zeigt die Uebereinstim- Er trägt ein schmutzig dunkelgrünes zugeknöpftes Wams Der Eindruck des Bildes in Castle Howard (das in Lord Innocenz X war noch immer eine hohe, majestätische Erscheinung; ein 75er, 1) Mignard s'attacha a rendre heureusement, outre une ressemblance par-
faite, dans les traits du Pontife, le caractere de cette vieillesse forte et vigoureuse qui n'a p. a. d. rien de vieux. La Vie de Mignard, par l'abbe de Monville. Am- sterdam 1731. 21. Sechstes Buch. Dass es wirklich jener Pareja ist, zeigt die Uebereinstim- Er trägt ein schmutzig dunkelgrünes zugeknöpftes Wams Der Eindruck des Bildes in Castle Howard (das in Lord Innocenz X war noch immer eine hohe, majestätische Erscheinung; ein 75er, 1) Mignard s’attacha à rendre heureusement, outre une ressemblance par-
faite, dans les traits du Pontife, le caractère de cette vieillesse forte et vigoureuse qui n’a p. a. d. rien de vieux. La Vie de Mignard, par l’abbé de Monville. Am- sterdam 1731. 21. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0200" n="180"/> <fw place="top" type="header">Sechstes Buch.</fw><lb/> <p>Dass es wirklich jener Pareja ist, zeigt die Uebereinstim-<lb/> mung mit dessen Selbstporträt in der „Berufung des Matthäus“<lb/> im Museum zu Madrid. Nur, während Velazquez das Rassenhafte<lb/> betont, hat er selbst sich in begreiflicher Eitelkeit europäisirt;<lb/> beide verhalten sich zueinander etwa wie die Köpfe des älteren<lb/> und jüngern Dumas.</p><lb/> <p>Er trägt ein schmutzig dunkelgrünes zugeknöpftes Wams<lb/> und einen breiten weissen Kragen mit Spitzensaum, der zu der<lb/> dunklen Figur gut passt.</p><lb/> <p>Der Eindruck des Bildes in Castle Howard (das in Lord<lb/> Gower’s historischen Galerien veröffentlicht ist) stimmt ganz zu<lb/> der Schilderung Schmidt’s. Auch in jenen an guten Bildnissen<lb/> reichen Sälen fällt es auf durch Lebendigkeit. Um über das<lb/> Verhältniss der beiden ganz übereinstimmenden Exemplare des<lb/> Bildes zu urtheilen, müsste man sie nebeneinander sehn.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Innocenz X</hi> </head><lb/> <p>war noch immer eine hohe, majestätische Erscheinung; ein 75er,<lb/> hatte er nach Ameyden „die Stimme, die Farbe und den Gang<lb/> eines Jünglings“, Dank seiner unverwüstlich robusten Natur. In<lb/> seiner Jugend hatte er diese durch Studiren nicht geschädigt, viel-<lb/> mehr an den Vergnügungen und Händeln seiner Standesgenossen<lb/> sich betheiligt; noch jetzt war er sehr beweglich, ein rüstiger<lb/> Fussgänger und verlachte die Warnungen seiner Aerzte (<hi rendition="#i">voi<lb/> avete sempre paura</hi>). In Mignard’s Bildniss hatte man bewundert,<lb/> wie glücklich er diess Greisenalter ohne Greisenhaftigkeit wieder-<lb/> gegeben habe <note place="foot" n="1)">Mignard s’attacha à rendre heureusement, outre une ressemblance par-<lb/> faite, dans les traits du Pontife, le caractère de cette vieillesse forte et vigoureuse<lb/> qui n’a p. a. d. rien de vieux. La Vie de Mignard, par l’abbé de Monville. Am-<lb/> sterdam 1731. 21.</note>. Nach der vornehmen Abgeschlossenheit seines<lb/> Vorgängers Urban, eines feinen Florentiners mit schöngeistigen<lb/> Bedürfnissen, erfreute sich Rom wieder eines Pontifex, dessen<lb/> Erholung war Audienzen, oft (im Quirinalsgarten) in Masse zu<lb/> geben; er beschreibt dem Gesandten in froher Aufregung die<lb/> Pilgerschaar, die ihn am 27. Mai aus der Chiesa nuova mit be-<lb/> täubenden Zurufen nach Hause geleitete. Obwol von satur-<lb/> nischem Temperament und oft grüblerischem Brüten verfallend,<lb/> war er mit Personen seines Vertrauens aufgeräumt, expansiv,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0200]
Sechstes Buch.
Dass es wirklich jener Pareja ist, zeigt die Uebereinstim-
mung mit dessen Selbstporträt in der „Berufung des Matthäus“
im Museum zu Madrid. Nur, während Velazquez das Rassenhafte
betont, hat er selbst sich in begreiflicher Eitelkeit europäisirt;
beide verhalten sich zueinander etwa wie die Köpfe des älteren
und jüngern Dumas.
Er trägt ein schmutzig dunkelgrünes zugeknöpftes Wams
und einen breiten weissen Kragen mit Spitzensaum, der zu der
dunklen Figur gut passt.
Der Eindruck des Bildes in Castle Howard (das in Lord
Gower’s historischen Galerien veröffentlicht ist) stimmt ganz zu
der Schilderung Schmidt’s. Auch in jenen an guten Bildnissen
reichen Sälen fällt es auf durch Lebendigkeit. Um über das
Verhältniss der beiden ganz übereinstimmenden Exemplare des
Bildes zu urtheilen, müsste man sie nebeneinander sehn.
Innocenz X
war noch immer eine hohe, majestätische Erscheinung; ein 75er,
hatte er nach Ameyden „die Stimme, die Farbe und den Gang
eines Jünglings“, Dank seiner unverwüstlich robusten Natur. In
seiner Jugend hatte er diese durch Studiren nicht geschädigt, viel-
mehr an den Vergnügungen und Händeln seiner Standesgenossen
sich betheiligt; noch jetzt war er sehr beweglich, ein rüstiger
Fussgänger und verlachte die Warnungen seiner Aerzte (voi
avete sempre paura). In Mignard’s Bildniss hatte man bewundert,
wie glücklich er diess Greisenalter ohne Greisenhaftigkeit wieder-
gegeben habe 1). Nach der vornehmen Abgeschlossenheit seines
Vorgängers Urban, eines feinen Florentiners mit schöngeistigen
Bedürfnissen, erfreute sich Rom wieder eines Pontifex, dessen
Erholung war Audienzen, oft (im Quirinalsgarten) in Masse zu
geben; er beschreibt dem Gesandten in froher Aufregung die
Pilgerschaar, die ihn am 27. Mai aus der Chiesa nuova mit be-
täubenden Zurufen nach Hause geleitete. Obwol von satur-
nischem Temperament und oft grüblerischem Brüten verfallend,
war er mit Personen seines Vertrauens aufgeräumt, expansiv,
1) Mignard s’attacha à rendre heureusement, outre une ressemblance par-
faite, dans les traits du Pontife, le caractère de cette vieillesse forte et vigoureuse
qui n’a p. a. d. rien de vieux. La Vie de Mignard, par l’abbé de Monville. Am-
sterdam 1731. 21.
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