Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.Beziehungen zu Roms Künstlern. andere Worte gebraucht, und Salvator, dem er ganz aus derSeele sprach, ihn zu sehr in seinem Sinne verstanden. Die Worte könnte nämlich ganz wohl dieser selbst gesprochen haben. "Er redete, sagt sein langjähriger Bekannter Passeri (S. 434), von Paul Veronese mehr als von allen andern und überhaupt war der Stil Venedigs nach seinem Herzen. Dagegen mit Ra- phael waren seine Beziehungen nicht besonders freundschaftlich, wie überhaupt die Neapolitaner ihn steinern und trocken nennen 1)." Uebrigens spricht Velazquez nicht von Raphaels Anmuth [Abbildung]
penelo Venedigs giebt erJuan de Pareja. den Vorzug. Die Schärfe seiner Worte scheint von Widerspruchsgeist beein- flusst, gegen die damalige Raphaelschwärmerei viel- leicht. Der Urbinate ist wol zu keiner Zeit, ob- wohl man es den Gemäl- den nicht immer ansieht, mehr studirt und ver- herrlicht worden, als im siebzehnten Jahrhundert und in Rom, denn im sechzehnten verdunkelte ihn Michel Angelo, im achtzehnten die Antike, und heutzutage beschäf- tigt er nur die Kunstgelehrten und das geniessende Publikum. Zu jener Zeit hiessen die Stanzen "die Akademie der Maler", und das Gartenhaus des Chigi war nicht bloss von Tou- risten belagert. Wie viele Malerleben hallen diese Stimmung wieder: nicht nur die der Poussin, Lesueur und Sassoferrato, auch Bernini's, Maratta's und Andrea Sacchi's, den der Anblick 1) In Hofmann's Serapionsbrüdern (Schriften IV 40) drückt er sich freilich anders aus. "Ihr versteht den Raphael, Ihr werdet mir nicht antworten wie der Velazquez, den ich neulich fragte, was er von dem Sanzio halte. Tizian, erwiderte er mir, sei der grösste Maler, Raphael wisse nichts von der Carnation. -- In diesem Spanier ist das Fleisch, aber nicht das Wort; und doch erheben sie ihn in S. Luca bis in den Himmel, weil er einmal Kirschen gemalt, welche die Spatzen angepickt" (!). II. 12
Beziehungen zu Roms Künstlern. andere Worte gebraucht, und Salvator, dem er ganz aus derSeele sprach, ihn zu sehr in seinem Sinne verstanden. Die Worte könnte nämlich ganz wohl dieser selbst gesprochen haben. „Er redete, sagt sein langjähriger Bekannter Passeri (S. 434), von Paul Veronese mehr als von allen andern und überhaupt war der Stil Venedigs nach seinem Herzen. Dagegen mit Ra- phael waren seine Beziehungen nicht besonders freundschaftlich, wie überhaupt die Neapolitaner ihn steinern und trocken nennen 1).“ Uebrigens spricht Velazquez nicht von Raphaels Anmuth [Abbildung]
penelo Venedigs giebt erJuan de Pareja. den Vorzug. Die Schärfe seiner Worte scheint von Widerspruchsgeist beein- flusst, gegen die damalige Raphaelschwärmerei viel- leicht. Der Urbinate ist wol zu keiner Zeit, ob- wohl man es den Gemäl- den nicht immer ansieht, mehr studirt und ver- herrlicht worden, als im siebzehnten Jahrhundert und in Rom, denn im sechzehnten verdunkelte ihn Michel Angelo, im achtzehnten die Antike, und heutzutage beschäf- tigt er nur die Kunstgelehrten und das geniessende Publikum. Zu jener Zeit hiessen die Stanzen „die Akademie der Maler“, und das Gartenhaus des Chigi war nicht bloss von Tou- risten belagert. Wie viele Malerleben hallen diese Stimmung wieder: nicht nur die der Poussin, Lesueur und Sassoferrato, auch Bernini’s, Maratta’s und Andrea Sacchi’s, den der Anblick 1) In Hofmann’s Serapionsbrüdern (Schriften IV 40) drückt er sich freilich anders aus. „Ihr versteht den Raphael, Ihr werdet mir nicht antworten wie der Velazquez, den ich neulich fragte, was er von dem Sanzio halte. Tizian, erwiderte er mir, sei der grösste Maler, Raphael wisse nichts von der Carnation. — In diesem Spanier ist das Fleisch, aber nicht das Wort; und doch erheben sie ihn in S. Luca bis in den Himmel, weil er einmal Kirschen gemalt, welche die Spatzen angepickt“ (!). II. 12
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Beziehungen zu Roms Künstlern.
andere Worte gebraucht, und Salvator, dem er ganz aus der
Seele sprach, ihn zu sehr in seinem Sinne verstanden. Die
Worte könnte nämlich ganz wohl dieser selbst gesprochen haben.
„Er redete, sagt sein langjähriger Bekannter Passeri (S. 434),
von Paul Veronese mehr als von allen andern und überhaupt
war der Stil Venedigs nach seinem Herzen. Dagegen mit Ra-
phael waren seine Beziehungen nicht besonders freundschaftlich,
wie überhaupt die Neapolitaner ihn steinern und trocken nennen 1).“
Uebrigens spricht Velazquez nicht von Raphaels Anmuth
und Ausdruck, von seinen Linien, sondern von der Technik: dem
[Abbildung Juan de Pareja.]
penelo Venedigs giebt er
den Vorzug. Die Schärfe
seiner Worte scheint von
Widerspruchsgeist beein-
flusst, gegen die damalige
Raphaelschwärmerei viel-
leicht. Der Urbinate ist
wol zu keiner Zeit, ob-
wohl man es den Gemäl-
den nicht immer ansieht,
mehr studirt und ver-
herrlicht worden, als im
siebzehnten Jahrhundert
und in Rom, denn im
sechzehnten verdunkelte
ihn Michel Angelo, im
achtzehnten die Antike,
und heutzutage beschäf-
tigt er nur die Kunstgelehrten und das geniessende Publikum.
Zu jener Zeit hiessen die Stanzen „die Akademie der Maler“,
und das Gartenhaus des Chigi war nicht bloss von Tou-
risten belagert. Wie viele Malerleben hallen diese Stimmung
wieder: nicht nur die der Poussin, Lesueur und Sassoferrato,
auch Bernini’s, Maratta’s und Andrea Sacchi’s, den der Anblick
1) In Hofmann’s Serapionsbrüdern (Schriften IV 40) drückt er sich freilich
anders aus. „Ihr versteht den Raphael, Ihr werdet mir nicht antworten wie der
Velazquez, den ich neulich fragte, was er von dem Sanzio halte. Tizian, erwiderte
er mir, sei der grösste Maler, Raphael wisse nichts von der Carnation. — In
diesem Spanier ist das Fleisch, aber nicht das Wort; und doch erheben sie ihn
in S. Luca bis in den Himmel, weil er einmal Kirschen gemalt, welche die Spatzen
angepickt“ (!).
II. 12
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