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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Die Manieristen.

Zu derselben Zeit als Vargas nach achtundzwanzigjähriger
Abwesenheit ganz italianisirt nach Sevilla zurückkam, Vicente
Joanes Macip nach Valencia, als Simon von Chalons in Avignon
auftrat, Heemskerk Holland mit seinen Carricaturen Michelangelo's
überschwemmte, erschienen mehrere Niederländer dieses Bekennt-
nisses in Andalusien. Juan Tellez, Herzog von Osuna, liess in
den fünfziger Jahren die merkwürdige weitläufige Gruftkirche der
Colegiata zu Osuna durch ein Consortium von Holländern aus-
statten. Unter einer grossen Zahl verschiedener Hände in zwei
Dutzend kleinen Gemälden, findet man zwei bezeichnet, Gerald
Wytvel de Utrecht
, und Hernandus Stormius Ziriczeensis Faciebat
1555, in dem man hier einen Nachahmer jenes Heemskerk er-
kennt. In seinem grossen Retablo der Evangelistenkapelle der
Kathedrale, am Orte gemalt, sind die auf Wolken schwebenden,
silhouettenartigen Gestalten der vier Evangelisten dem Stich des
Agostino Veneziano entlehnt; die heiligen Jungfrauen von Se-
villa in der Predella dagegen haben noch ganz niederdeutsche
Typen, während der heil. Gregor am Altar die romanische Her-
kunft nicht verläugnet. So vermittelt hier ein Holländer den
Spaniern Julio Romano1). In einer völlig abweichenden Manier
malte zu derselben Zeit Franz Frutet, auch Frutos Flores ge-
nannt. Sein Hauptwerk, den Retablo mit der Kreuzigung und
dem heil. Bernhard vor der Mutter Gottes, lieferte er für das
Hospital S. Cosmas und Damian. Von fern scheint es in der
Art des Michael Cocxcyen; genauer besehen übertrifft er ihn
weit in Mannichfaltigkeit der Köpfe von den edelsten Formen bis
zu Pöbelfratzen, alles in sauberen Umrissen, mit viel Wechsel
heller, meist gebrochener Farben. Die dem Spasimo und Burg-
brand entlehnten Figuren sind von jeher aufgefallen.

Alle liess weit hinter sich, durch Vielseitigkeit der Studien
und Stilformen wie durch Erfolge, der Brüsseler Peeter de Kem-
peneer (von Kempen), dort Maese Pedro Campanna genannt (nach
Pacheco 1588 im 98. Jahre dort verstorben). Er war einer von
denen die, nachdem sie die Schule der Heimath durchgemacht,
sich auf italienischen Reisen eine eigene, nach Bedürfnis wandel-
bare Art schufen. Zum erstenmale taucht er auf als Decorations-
maler an dem Triumphbogen beim Einzug Carl V. in Bologna
(1530). Dann studirte er die Alterthümer: Pacheco besass noch

1) Von ihm war wahrscheinlich ein Retablo in S. Vicente, zu dem der heil.
Rochus und Sebastian in der Sacristei und die Stifter in den nördlichen Porteria
der Kirche gehörten.
Die Manieristen.

Zu derselben Zeit als Vargas nach achtundzwanzigjähriger
Abwesenheit ganz italianisirt nach Sevilla zurückkam, Vicente
Joanes Macip nach Valencia, als Simon von Châlons in Avignon
auftrat, Heemskerk Holland mit seinen Carricaturen Michelangelo’s
überschwemmte, erschienen mehrere Niederländer dieses Bekennt-
nisses in Andalusien. Juan Tellez, Herzog von Osuna, liess in
den fünfziger Jahren die merkwürdige weitläufige Gruftkirche der
Colegiata zu Osuna durch ein Consortium von Holländern aus-
statten. Unter einer grossen Zahl verschiedener Hände in zwei
Dutzend kleinen Gemälden, findet man zwei bezeichnet, Gerald
Wytvel de Utrecht
, und Hernandus Stormius Ziriczeensis Faciebat
1555, in dem man hier einen Nachahmer jenes Heemskerk er-
kennt. In seinem grossen Retablo der Evangelistenkapelle der
Kathedrale, am Orte gemalt, sind die auf Wolken schwebenden,
silhouettenartigen Gestalten der vier Evangelisten dem Stich des
Agostino Veneziano entlehnt; die heiligen Jungfrauen von Se-
villa in der Predella dagegen haben noch ganz niederdeutsche
Typen, während der heil. Gregor am Altar die romanische Her-
kunft nicht verläugnet. So vermittelt hier ein Holländer den
Spaniern Julio Romano1). In einer völlig abweichenden Manier
malte zu derselben Zeit Franz Frutet, auch Frutos Flores ge-
nannt. Sein Hauptwerk, den Retablo mit der Kreuzigung und
dem heil. Bernhard vor der Mutter Gottes, lieferte er für das
Hospital S. Cosmas und Damian. Von fern scheint es in der
Art des Michael Cocxcyen; genauer besehen übertrifft er ihn
weit in Mannichfaltigkeit der Köpfe von den edelsten Formen bis
zu Pöbelfratzen, alles in sauberen Umrissen, mit viel Wechsel
heller, meist gebrochener Farben. Die dem Spasimo und Burg-
brand entlehnten Figuren sind von jeher aufgefallen.

Alle liess weit hinter sich, durch Vielseitigkeit der Studien
und Stilformen wie durch Erfolge, der Brüsseler Peeter de Kem-
peneer (von Kempen), dort Maese Pedro Campaña genannt (nach
Pacheco 1588 im 98. Jahre dort verstorben). Er war einer von
denen die, nachdem sie die Schule der Heimath durchgemacht,
sich auf italienischen Reisen eine eigene, nach Bedürfnis wandel-
bare Art schufen. Zum erstenmale taucht er auf als Decorations-
maler an dem Triumphbogen beim Einzug Carl V. in Bologna
(1530). Dann studirte er die Alterthümer: Pacheco besass noch

1) Von ihm war wahrscheinlich ein Retablo in S. Vicente, zu dem der heil.
Rochus und Sebastian in der Sacristei und die Stifter in den nördlichen Porteria
der Kirche gehörten.
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[45/0065] Die Manieristen. Zu derselben Zeit als Vargas nach achtundzwanzigjähriger Abwesenheit ganz italianisirt nach Sevilla zurückkam, Vicente Joanes Macip nach Valencia, als Simon von Châlons in Avignon auftrat, Heemskerk Holland mit seinen Carricaturen Michelangelo’s überschwemmte, erschienen mehrere Niederländer dieses Bekennt- nisses in Andalusien. Juan Tellez, Herzog von Osuna, liess in den fünfziger Jahren die merkwürdige weitläufige Gruftkirche der Colegiata zu Osuna durch ein Consortium von Holländern aus- statten. Unter einer grossen Zahl verschiedener Hände in zwei Dutzend kleinen Gemälden, findet man zwei bezeichnet, Gerald Wytvel de Utrecht, und Hernandus Stormius Ziriczeensis Faciebat 1555, in dem man hier einen Nachahmer jenes Heemskerk er- kennt. In seinem grossen Retablo der Evangelistenkapelle der Kathedrale, am Orte gemalt, sind die auf Wolken schwebenden, silhouettenartigen Gestalten der vier Evangelisten dem Stich des Agostino Veneziano entlehnt; die heiligen Jungfrauen von Se- villa in der Predella dagegen haben noch ganz niederdeutsche Typen, während der heil. Gregor am Altar die romanische Her- kunft nicht verläugnet. So vermittelt hier ein Holländer den Spaniern Julio Romano 1). In einer völlig abweichenden Manier malte zu derselben Zeit Franz Frutet, auch Frutos Flores ge- nannt. Sein Hauptwerk, den Retablo mit der Kreuzigung und dem heil. Bernhard vor der Mutter Gottes, lieferte er für das Hospital S. Cosmas und Damian. Von fern scheint es in der Art des Michael Cocxcyen; genauer besehen übertrifft er ihn weit in Mannichfaltigkeit der Köpfe von den edelsten Formen bis zu Pöbelfratzen, alles in sauberen Umrissen, mit viel Wechsel heller, meist gebrochener Farben. Die dem Spasimo und Burg- brand entlehnten Figuren sind von jeher aufgefallen. Alle liess weit hinter sich, durch Vielseitigkeit der Studien und Stilformen wie durch Erfolge, der Brüsseler Peeter de Kem- peneer (von Kempen), dort Maese Pedro Campaña genannt (nach Pacheco 1588 im 98. Jahre dort verstorben). Er war einer von denen die, nachdem sie die Schule der Heimath durchgemacht, sich auf italienischen Reisen eine eigene, nach Bedürfnis wandel- bare Art schufen. Zum erstenmale taucht er auf als Decorations- maler an dem Triumphbogen beim Einzug Carl V. in Bologna (1530). Dann studirte er die Alterthümer: Pacheco besass noch 1) Von ihm war wahrscheinlich ein Retablo in S. Vicente, zu dem der heil. Rochus und Sebastian in der Sacristei und die Stifter in den nördlichen Porteria der Kirche gehörten.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/65>, abgerufen am 24.11.2024.