wie ein rascher Umguss, mehr aus freier Phantasie, als nach der Natur gemacht.
Beide Bilder scheinen in Figur und Umgebung dem umgemal- ten Porträt Ferdinands angepasst. Alle stehn unter einer Eiche (die auf dem letzteren am dünnsten ist), die Hunde befinden sich noch in Ruhe, ohne Witterung, in Erwartung des Schusses. Sie sitzen neben dem Jäger, bei Ferdinand ein mächtiger zimmtfarbiger Spürhund, von dem Bau der riesigen Windhunde, des Schreckens der Wanderer in der Nähe andalusischer Gehöfte; bei dem König eine mächtige Dogge (mastiff), bei dem Prinzen ein Zwergwindhund (galguillo) und ein schöner zum Schlaf hingestreckter Hühner- hund. Schwerlich dürfte sich unter Malern ein gründlicherer Kenner und Beobachter des Jagdhundes finden. Auch die Tracht ist bis auf Kleinigkeiten dieselbe. Jagdmütze, über das eine Ohr zurückgeschoben oder aufgekrempt; Wams von dunkler ge- blümter Seide, darüber Lederkoller oder Mäntelchen mit falschen Aermeln, lange Lederhandschuhe, weite Kniehosen, Feldstiefel. Der Prinz stützt trutzig die kleine Büchse auf den Rasen, der König hält das schwere lange Gewehr (escopeta) im herabhän- genden Arm, die Linke gelassen in der Seite; der Infant hat sie gefällt, im Begriff anzulegen.
Der Wildstand liegt inmitten der Berge, vielleicht in der Umgegend des Escorial; in der Ferne die Sierra. Der Standort ist an einem Abhang, der in mehreren Profilen nach dem Grund zu skizzirt ist. Zuerst folgt eine leere abschüssige Fläche von hellem Sand oder verdorrtem Rasen, dahinter dunkles Gebüsch. Am freisten ist der Blick bei D. Balthasar. Da sieht man im Mittelgrund einen mit spärlichem Eichen- unterholz bewachsenen Berg mit Burg; zuletzt noch ein Stück Ebene mit Städtchen dicht am Fuss der Kette. Ueberall Ein- klang zwischen Figur und Umgebung, in der Austheilung der For- men, Werthe und hohen Lichter. Die in den Wolken aufblitzen- den, durch die Zweige dringenden Sonnenblicke stehn in fein berechneten Beziehungen zu den hohen Lichtern im Antlitz, den weissen Flecken und Glanzstellen an dem treuen Begleiter zu Füssen des Waidmanns.
Die Wiederholung des königlichen Jägers im Louvre 1) ist interessant, weil sie in ihrem fast monochromen Charakter den
1) Nr. 552. Jetzt dem Mazo zugeschrieben, von dessen Art es aber nichts hat. Es wurde 1862 von O. Mündler für 23000 francs erworben. Das Stück der Suermondtgalerie Nr. 413 b ist eine schlechte Kopie. Von Ferdinand war eine gute
Die drei Jäger.
wie ein rascher Umguss, mehr aus freier Phantasie, als nach der Natur gemacht.
Beide Bilder scheinen in Figur und Umgebung dem umgemal- ten Porträt Ferdinands angepasst. Alle stehn unter einer Eiche (die auf dem letzteren am dünnsten ist), die Hunde befinden sich noch in Ruhe, ohne Witterung, in Erwartung des Schusses. Sie sitzen neben dem Jäger, bei Ferdinand ein mächtiger zimmtfarbiger Spürhund, von dem Bau der riesigen Windhunde, des Schreckens der Wanderer in der Nähe andalusischer Gehöfte; bei dem König eine mächtige Dogge (mastiff), bei dem Prinzen ein Zwergwindhund (galguillo) und ein schöner zum Schlaf hingestreckter Hühner- hund. Schwerlich dürfte sich unter Malern ein gründlicherer Kenner und Beobachter des Jagdhundes finden. Auch die Tracht ist bis auf Kleinigkeiten dieselbe. Jagdmütze, über das eine Ohr zurückgeschoben oder aufgekrempt; Wams von dunkler ge- blümter Seide, darüber Lederkoller oder Mäntelchen mit falschen Aermeln, lange Lederhandschuhe, weite Kniehosen, Feldstiefel. Der Prinz stützt trutzig die kleine Büchse auf den Rasen, der König hält das schwere lange Gewehr (escopeta) im herabhän- genden Arm, die Linke gelassen in der Seite; der Infant hat sie gefällt, im Begriff anzulegen.
Der Wildstand liegt inmitten der Berge, vielleicht in der Umgegend des Escorial; in der Ferne die Sierra. Der Standort ist an einem Abhang, der in mehreren Profilen nach dem Grund zu skizzirt ist. Zuerst folgt eine leere abschüssige Fläche von hellem Sand oder verdorrtem Rasen, dahinter dunkles Gebüsch. Am freisten ist der Blick bei D. Balthasar. Da sieht man im Mittelgrund einen mit spärlichem Eichen- unterholz bewachsenen Berg mit Burg; zuletzt noch ein Stück Ebene mit Städtchen dicht am Fuss der Kette. Ueberall Ein- klang zwischen Figur und Umgebung, in der Austheilung der For- men, Werthe und hohen Lichter. Die in den Wolken aufblitzen- den, durch die Zweige dringenden Sonnenblicke stehn in fein berechneten Beziehungen zu den hohen Lichtern im Antlitz, den weissen Flecken und Glanzstellen an dem treuen Begleiter zu Füssen des Waidmanns.
Die Wiederholung des königlichen Jägers im Louvre 1) ist interessant, weil sie in ihrem fast monochromen Charakter den
1) Nr. 552. Jetzt dem Mazo zugeschrieben, von dessen Art es aber nichts hat. Es wurde 1862 von O. Mündler für 23000 francs erworben. Das Stück der Suermondtgalerie Nr. 413 b ist eine schlechte Kopie. Von Ferdinand war eine gute
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Die drei Jäger.
wie ein rascher Umguss, mehr aus freier Phantasie, als nach der
Natur gemacht.
Beide Bilder scheinen in Figur und Umgebung dem umgemal-
ten Porträt Ferdinands angepasst. Alle stehn unter einer Eiche (die
auf dem letzteren am dünnsten ist), die Hunde befinden sich noch in
Ruhe, ohne Witterung, in Erwartung des Schusses. Sie sitzen
neben dem Jäger, bei Ferdinand ein mächtiger zimmtfarbiger
Spürhund, von dem Bau der riesigen Windhunde, des Schreckens
der Wanderer in der Nähe andalusischer Gehöfte; bei dem König
eine mächtige Dogge (mastiff), bei dem Prinzen ein Zwergwindhund
(galguillo) und ein schöner zum Schlaf hingestreckter Hühner-
hund. Schwerlich dürfte sich unter Malern ein gründlicherer
Kenner und Beobachter des Jagdhundes finden. Auch die Tracht
ist bis auf Kleinigkeiten dieselbe. Jagdmütze, über das eine Ohr
zurückgeschoben oder aufgekrempt; Wams von dunkler ge-
blümter Seide, darüber Lederkoller oder Mäntelchen mit falschen
Aermeln, lange Lederhandschuhe, weite Kniehosen, Feldstiefel.
Der Prinz stützt trutzig die kleine Büchse auf den Rasen, der
König hält das schwere lange Gewehr (escopeta) im herabhän-
genden Arm, die Linke gelassen in der Seite; der Infant hat
sie gefällt, im Begriff anzulegen.
Der Wildstand liegt inmitten der Berge, vielleicht in
der Umgegend des Escorial; in der Ferne die Sierra. Der
Standort ist an einem Abhang, der in mehreren Profilen nach
dem Grund zu skizzirt ist. Zuerst folgt eine leere abschüssige
Fläche von hellem Sand oder verdorrtem Rasen, dahinter
dunkles Gebüsch. Am freisten ist der Blick bei D. Balthasar.
Da sieht man im Mittelgrund einen mit spärlichem Eichen-
unterholz bewachsenen Berg mit Burg; zuletzt noch ein Stück
Ebene mit Städtchen dicht am Fuss der Kette. Ueberall Ein-
klang zwischen Figur und Umgebung, in der Austheilung der For-
men, Werthe und hohen Lichter. Die in den Wolken aufblitzen-
den, durch die Zweige dringenden Sonnenblicke stehn in fein
berechneten Beziehungen zu den hohen Lichtern im Antlitz, den
weissen Flecken und Glanzstellen an dem treuen Begleiter zu
Füssen des Waidmanns.
Die Wiederholung des königlichen Jägers im Louvre 1) ist
interessant, weil sie in ihrem fast monochromen Charakter den
1) Nr. 552. Jetzt dem Mazo zugeschrieben, von dessen Art es aber nichts
hat. Es wurde 1862 von O. Mündler für 23000 francs erworben. Das Stück der
Suermondtgalerie Nr. 413 b ist eine schlechte Kopie. Von Ferdinand war eine gute
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/421>, abgerufen am 16.02.2025.
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