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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Viertes Buch.

Gute Bilder schenkte grade damals der Zufall. Ende 1633
kamen von Neapel zwölf Wagenladungen, die Monterey zusam-
mengebracht hatte; dabei ging Buen Retiro nicht leer aus1).
Als der König im Herbst 1638 von der Jagd in den Forsten von
Guadalajara zurückkam und bei Olivares in Loeches einkehrte,
verehrte ihm der Wirth einige wenige aber werthvolle Bilder,
die er von seinem Schwager erhalten, "darunter ein berühmter
Tizian", wahrscheinlich die Bacchanalien, -- die indess nicht in
die Villa kamen. Des Königs Bruder, der Cardinalinfant Fer-
dinand sandte im Jahre 1637 sieben lebensgrosse Bronzestatuen
der Planeten, die in Lüttich erbeutet worden waren2); und im
Frühjahr 1638 traf sein Ayuda de Camara ein, der einen Wagen
mit 112 Gemälden brachte, Fabeln, Landschaften und Genrebilder,
die für Buen Retiro und für die Torre de la Parada gesammelt
und gemalt worden waren.

Dann wurden die einheimischen Künstler für kleine und
grosse Gemälde in Anspruch genommen. Auch Spanien besass
damals einige wenige Maler in Cabinetformat. Olivares fand,
dass die bei den Grossen Madrids so beliebten Landschaften
des Orrente im Geschmack der Bassano sich gut für den neuen
Palast eigneten und liess sie (nach Palomino) zu dem Zwecke
überall zusammensuchen, an zwanzig fanden sich, die besten
waren alttestamentliche Scenen. Der Madrider Juan de la Corte
(1597 + 1660) malte zahlreiche Fabeln und biblische Historien als
Landschaft-Staffagen, aber seine Arbeiten sind nicht galerie-
fähig befunden worden. Im Jagdschloss Riofrio bei San Ilde-
fonso sind noch einige zu sehen. Bedeutender muss Collantes
gewesen sein, wie seine Vision Ezechiels mit der Auferstehung
der Todten in einer Ruinenscenerie (1630) beweist, und sein
Brand Troja's (jetzt im Museum zu Granada).


1) Diese neapolitanischen Bilder erkennt man in dem Inventar (1701) leicht
wieder: es sind wahrscheinlich die fünf grossen Stücke der Geschichte Johannes
des Täufers vom Cavalier Massimo (Prado 306--8), einige Mythologien, Stillleben
vom Cavalier Recco, Fruchtstücke von Giuseppe Ruoppoli; römische Scenen von
Lanfranco: eine Naumachie und ein Kaiseropfer; endlich die vier Tartarusriesen
und anderes von Spagnoletto.
2) Despojos de un Frances enemigo que mataron en Lieja. Memorial histo-
rico XIV. 23. Juni 1637. In do. Palazzo si vanno accomodando tutte le cose
venute del superbo presente che mando qua l'Infante Cardinale, tra le quali partico-
larmente sono sette statue di bronzo di giusta statura e fattura eccelente, che
rappresentano li sette pianeti. Florent. Depesche vom 27. Juni 1637.
Viertes Buch.

Gute Bilder schenkte grade damals der Zufall. Ende 1633
kamen von Neapel zwölf Wagenladungen, die Monterey zusam-
mengebracht hatte; dabei ging Buen Retiro nicht leer aus1).
Als der König im Herbst 1638 von der Jagd in den Forsten von
Guadalajara zurückkam und bei Olivares in Loeches einkehrte,
verehrte ihm der Wirth einige wenige aber werthvolle Bilder,
die er von seinem Schwager erhalten, „darunter ein berühmter
Tizian“, wahrscheinlich die Bacchanalien, — die indess nicht in
die Villa kamen. Des Königs Bruder, der Cardinalinfant Fer-
dinand sandte im Jahre 1637 sieben lebensgrosse Bronzestatuen
der Planeten, die in Lüttich erbeutet worden waren2); und im
Frühjahr 1638 traf sein Ayuda de Cámara ein, der einen Wagen
mit 112 Gemälden brachte, Fabeln, Landschaften und Genrebilder,
die für Buen Retiro und für die Torre de la Parada gesammelt
und gemalt worden waren.

Dann wurden die einheimischen Künstler für kleine und
grosse Gemälde in Anspruch genommen. Auch Spanien besass
damals einige wenige Maler in Cabinetformat. Olivares fand,
dass die bei den Grossen Madrids so beliebten Landschaften
des Orrente im Geschmack der Bassano sich gut für den neuen
Palast eigneten und liess sie (nach Palomino) zu dem Zwecke
überall zusammensuchen, an zwanzig fanden sich, die besten
waren alttestamentliche Scenen. Der Madrider Juan de la Corte
(1597 † 1660) malte zahlreiche Fabeln und biblische Historien als
Landschaft-Staffagen, aber seine Arbeiten sind nicht galerie-
fähig befunden worden. Im Jagdschloss Riofrio bei San Ilde-
fonso sind noch einige zu sehen. Bedeutender muss Collántes
gewesen sein, wie seine Vision Ezechiels mit der Auferstehung
der Todten in einer Ruinenscenerie (1630) beweist, und sein
Brand Troja’s (jetzt im Museum zu Granada).


1) Diese neapolitanischen Bilder erkennt man in dem Inventar (1701) leicht
wieder: es sind wahrscheinlich die fünf grossen Stücke der Geschichte Johannes
des Täufers vom Cavalier Massimo (Prado 306—8), einige Mythologien, Stillleben
vom Cavalier Recco, Fruchtstücke von Giuseppe Ruoppoli; römische Scenen von
Lanfranco: eine Naumachie und ein Kaiseropfer; endlich die vier Tartarusriesen
und anderes von Spagnoletto.
2) Despojos de un Francés enemigo que mataron en Lieja. Memorial histó-
rico XIV. 23. Juni 1637. In do. Palazzo si vanno accomodando tutte le cose
venute del superbo presente che mandò quà l’Infante Cardinale, tra le quali partico-
larmente sono sette statue di bronzo di giusta statura e fattura eccelente, che
rappresentano li sette pianeti. Florent. Depesche vom 27. Juni 1637.
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[344/0370] Viertes Buch. Gute Bilder schenkte grade damals der Zufall. Ende 1633 kamen von Neapel zwölf Wagenladungen, die Monterey zusam- mengebracht hatte; dabei ging Buen Retiro nicht leer aus 1). Als der König im Herbst 1638 von der Jagd in den Forsten von Guadalajara zurückkam und bei Olivares in Loeches einkehrte, verehrte ihm der Wirth einige wenige aber werthvolle Bilder, die er von seinem Schwager erhalten, „darunter ein berühmter Tizian“, wahrscheinlich die Bacchanalien, — die indess nicht in die Villa kamen. Des Königs Bruder, der Cardinalinfant Fer- dinand sandte im Jahre 1637 sieben lebensgrosse Bronzestatuen der Planeten, die in Lüttich erbeutet worden waren 2); und im Frühjahr 1638 traf sein Ayuda de Cámara ein, der einen Wagen mit 112 Gemälden brachte, Fabeln, Landschaften und Genrebilder, die für Buen Retiro und für die Torre de la Parada gesammelt und gemalt worden waren. Dann wurden die einheimischen Künstler für kleine und grosse Gemälde in Anspruch genommen. Auch Spanien besass damals einige wenige Maler in Cabinetformat. Olivares fand, dass die bei den Grossen Madrids so beliebten Landschaften des Orrente im Geschmack der Bassano sich gut für den neuen Palast eigneten und liess sie (nach Palomino) zu dem Zwecke überall zusammensuchen, an zwanzig fanden sich, die besten waren alttestamentliche Scenen. Der Madrider Juan de la Corte (1597 † 1660) malte zahlreiche Fabeln und biblische Historien als Landschaft-Staffagen, aber seine Arbeiten sind nicht galerie- fähig befunden worden. Im Jagdschloss Riofrio bei San Ilde- fonso sind noch einige zu sehen. Bedeutender muss Collántes gewesen sein, wie seine Vision Ezechiels mit der Auferstehung der Todten in einer Ruinenscenerie (1630) beweist, und sein Brand Troja’s (jetzt im Museum zu Granada). 1) Diese neapolitanischen Bilder erkennt man in dem Inventar (1701) leicht wieder: es sind wahrscheinlich die fünf grossen Stücke der Geschichte Johannes des Täufers vom Cavalier Massimo (Prado 306—8), einige Mythologien, Stillleben vom Cavalier Recco, Fruchtstücke von Giuseppe Ruoppoli; römische Scenen von Lanfranco: eine Naumachie und ein Kaiseropfer; endlich die vier Tartarusriesen und anderes von Spagnoletto. 2) Despojos de un Francés enemigo que mataron en Lieja. Memorial histó- rico XIV. 23. Juni 1637. In do. Palazzo si vanno accomodando tutte le cose venute del superbo presente che mandò quà l’Infante Cardinale, tra le quali partico- larmente sono sette statue di bronzo di giusta statura e fattura eccelente, che rappresentano li sette pianeti. Florent. Depesche vom 27. Juni 1637.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/370>, abgerufen am 28.11.2024.