Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.Buen Retiro. zweites Aranjuez mit Palast, Theater, Plaza, Weiher und Parkgewollt. Ausserordentliche Hindernisse hatten sich entgegen- gestellt: das Terrain war ungleich, dürr und sandig; man musste Berge abtragen und Thäler ausfüllen, Wasserströme in Röhren von den Bergen (Chamartin) herleiten, "einen Brunnen für jede Blume"; aber der Sand von Madrid ist der dankbarste für den Kunstgärtner. Nicht geringer war der Widerstand, den das Un- ternehmen bei Hoch und Niedrig fand1). Die Madrider murrten, dass dem Verkehr mit dem Land, wie im Westen durch die Casa del campo, nun auch im Osten dieser breite Schlagbaum vorge- schoben werden sollte. Der Adel war empört über den schamlosen Verkauf der hohen Aemter und Ordenstitel, die Reichen, weil sie für die Ausstattung aufs naivste gebrandschatzt, die Stadt, weil sie zu hohen Anleihen genöthigt wurde, die alten Hofleute, weil die Schlösser von Aranjuez und Pardo geplündert und die Bauten unterbrochen wurden. Das Volk stiess noch lange nach dem Tode des Olivares, bei einem Brande (1653) Flüche gegen sein Andenken aus, der diesen Palast mit dem Blut und Schweiss der Armen gebaut habe. "Man verkauft, sagt Quevedo, dem armen Landmann den Pflug, um Ew. Majestät überflüssige Bal- kons zu bauen." Der König, der ja unter seinem Schlosse die Casa del Campo mit Weihern und Park besass, meinte selbst, hier hätte man mit soviel Geld wunderbare Erfolge erzielen können. Zum erstenmal hört man von einem Hoffest in diesen Ge- 1) Ora questo retiro e il soggetto dell' universale mormoratione. Franc. Corner, 7. Dec. 1633. Serrano sagt, man hätte mit dem Geld un buon nervo d'esercito an einem nothwendigen Punkt halten können. 22
Buen Retiro. zweites Aranjuez mit Palast, Theater, Plaza, Weiher und Parkgewollt. Ausserordentliche Hindernisse hatten sich entgegen- gestellt: das Terrain war ungleich, dürr und sandig; man musste Berge abtragen und Thäler ausfüllen, Wasserströme in Röhren von den Bergen (Chamartin) herleiten, „einen Brunnen für jede Blume“; aber der Sand von Madrid ist der dankbarste für den Kunstgärtner. Nicht geringer war der Widerstand, den das Un- ternehmen bei Hoch und Niedrig fand1). Die Madrider murrten, dass dem Verkehr mit dem Land, wie im Westen durch die Casa del campo, nun auch im Osten dieser breite Schlagbaum vorge- schoben werden sollte. Der Adel war empört über den schamlosen Verkauf der hohen Aemter und Ordenstitel, die Reichen, weil sie für die Ausstattung aufs naivste gebrandschatzt, die Stadt, weil sie zu hohen Anleihen genöthigt wurde, die alten Hofleute, weil die Schlösser von Aranjuez und Pardo geplündert und die Bauten unterbrochen wurden. Das Volk stiess noch lange nach dem Tode des Olivares, bei einem Brande (1653) Flüche gegen sein Andenken aus, der diesen Palast mit dem Blut und Schweiss der Armen gebaut habe. „Man verkauft, sagt Quevedo, dem armen Landmann den Pflug, um Ew. Majestät überflüssige Bal- kons zu bauen.“ Der König, der ja unter seinem Schlosse die Casa del Campo mit Weihern und Park besass, meinte selbst, hier hätte man mit soviel Geld wunderbare Erfolge erzielen können. Zum erstenmal hört man von einem Hoffest in diesen Ge- 1) Ora questo retiro è il soggetto dell’ universale mormoratione. Franc. Corner, 7. Dec. 1633. Serrano sagt, man hätte mit dem Geld un buon nervo d’esercito an einem nothwendigen Punkt halten können. 22
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Buen Retiro.
zweites Aranjuez mit Palast, Theater, Plaza, Weiher und Park
gewollt. Ausserordentliche Hindernisse hatten sich entgegen-
gestellt: das Terrain war ungleich, dürr und sandig; man musste
Berge abtragen und Thäler ausfüllen, Wasserströme in Röhren
von den Bergen (Chamartin) herleiten, „einen Brunnen für jede
Blume“; aber der Sand von Madrid ist der dankbarste für den
Kunstgärtner. Nicht geringer war der Widerstand, den das Un-
ternehmen bei Hoch und Niedrig fand 1). Die Madrider murrten,
dass dem Verkehr mit dem Land, wie im Westen durch die Casa
del campo, nun auch im Osten dieser breite Schlagbaum vorge-
schoben werden sollte. Der Adel war empört über den schamlosen
Verkauf der hohen Aemter und Ordenstitel, die Reichen, weil
sie für die Ausstattung aufs naivste gebrandschatzt, die Stadt,
weil sie zu hohen Anleihen genöthigt wurde, die alten Hofleute,
weil die Schlösser von Aranjuez und Pardo geplündert und die
Bauten unterbrochen wurden. Das Volk stiess noch lange nach
dem Tode des Olivares, bei einem Brande (1653) Flüche gegen
sein Andenken aus, der diesen Palast mit dem Blut und Schweiss
der Armen gebaut habe. „Man verkauft, sagt Quevedo, dem
armen Landmann den Pflug, um Ew. Majestät überflüssige Bal-
kons zu bauen.“ Der König, der ja unter seinem Schlosse die
Casa del Campo mit Weihern und Park besass, meinte selbst,
hier hätte man mit soviel Geld wunderbare Erfolge erzielen
können.
Zum erstenmal hört man von einem Hoffest in diesen Ge-
filden im Jahre 1631, als Olivares und seine Frau den König in
die Monterey’schen Gärten zur Feier der Johannisnacht luden.
Quevedo, Antonio de Mendoza und Lope schrieben dazu zwei
Comödien; die schöne und tugendhafte Schauspielerin Maria Ri-
quelma begrüsste Philipp in Versen. Die eine Comödie führte den
ominösen Titel Quien mas miente, medra mas (Wer am meisten
lügt, kommt am meisten vorwärts). Bei der Geburt eines kö-
niglichen Neffen, Ferdinand, des Sohnes seiner Schwester Maria,
empfing der Gründer seinen Herrn zum erstenmal (1. Oktober 1632),
indem er ihm den Schlüssel des Alkaide auf silberner Schüssel über-
reichte, dieses Amt war ihm natürlich übertragen worden. Der
alte Name Gallinero wurde verboten, und ein Stein im Prado
1) Ora questo retiro è il soggetto dell’ universale mormoratione. Franc. Corner,
7. Dec. 1633. Serrano sagt, man hätte mit dem Geld un buon nervo d’esercito an
einem nothwendigen Punkt halten können.
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