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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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dürfen, dass sie bei gutem Willen allenfalls ebenso scheusslich malen
könnten. Heiter ist es, wie das in den Ateliers aufgefangene, für Ca-
binetstücke des Pinsels gemünzte Malerjargon mit Kennermiene auf
Strass übertragen wird, den anzusehen der Taxator selbst keine Ge-
duld gehabt hätte, wenn er nicht zufällig durch eine berühmte Galerie
hindurchgegangen wäre, und der Name, Dank einem schneidigen Kunst-
händler, daran hängen geblieben wäre.

Zwei Gemälde im Museum zu Palermo (Nr. 4. 79) gehören zu den
Ignoti, die wie gemacht scheinen, entdeckungssüchtige Forscher in eine
täuschende Aufwallung zu versetzen. Es sind Hirtenstücke, mit no-
vellistischen Bestandtheilen, und für Süditaliener sehr gründlich aus-
studirten und ausgeführten Ziegen, Schaafen, Pferden und Hunden, in
einer Manier, die dem Rosa di Tivoli nahesteht. Die Malweise hat
aber viel Aehnlichkeit mit den Naturalisten, und bei einer Gruppe muss
Jedem das Paar rechts im "Bacchus" in den Sinn kommen. Sie sind auch
von mehreren dem Meister zugeschrieben worden, bei genauerer Prüfung
aber findet man doch nichts von seiner besonderen Art. Es sind wahr-
scheinlich Arbeiten eines sicilischen Bukolikers, von dem dort noch
andere Gemälde vorkommen, wo die Thiere von derselben Hand, die
Figuren aber viel geringer sind: Orpheus (1017 "Giuseppe Salerno") und
ein Hirtenstück (353, "französische Schule"). Da nun von jenen beiden
Pendants das eine holländisch, das andere spanisch heisst, so haben
wir hier vier Bilder derselben Hand unter vier Nationalschulen vertheilt!

Einige gut gemalte Volksfiguren eines Unbekannten, die jenen echten
in der Auffassung nahe stehen, begegnen in englischen Sammlungen. Sie
sind in einem kupfrigen, mattschimmernden Ton gemalt. Die Köchin
ein Weinglas spülend, bei dem Herzog von Bedford; ein Schäfer, eine
Bauerndirne, bei der Gräfin Yarborough; der schlafende Knabe, bei Ed-
ward A. Leatham, Esq. Der von L. Gruner 1826 gestochene Schäfer
ist Velazquez ganz fremd. (Curtis 81, o. l. q. 78. 81, a.)

Unter den zahlreichen Stücken, deren Urheber wol nie entdeckt
werden dürften, finden sich doch auch einige von einem kenntlichen
Meister, der diesen Kreisen seine Anregung verdankte, obwol sein Wir-
kungskreis Cordova wurde. Antonio del Castillo y Saavedra (geb. 1603),
der 1626 nach Sevilla kam, lernte hier den Bodegonesgeschmack kennen;
er warf sich besonders auf die Bauern- und Hirtenstücke. Nach ihrer
Zahl scheinen diese seine Cabannas sehr beliebt gewesen zu sein. "Er
begab sich aufs Land und zeichnete Hütten, Ochsen, Wagen und alle
Werkzeuge des Ackerbaues, mit allen Zufälligkeiten und Einfällen der
Natur; diese malte er dann mit grosser Wahrheit". Wie die Bassanos
übertrug er diese Art auf biblisch-legendarische Scenen, die er im Stil

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dürfen, dass sie bei gutem Willen allenfalls ebenso scheusslich malen
könnten. Heiter ist es, wie das in den Ateliers aufgefangene, für Ca-
binetstücke des Pinsels gemünzte Malerjargon mit Kennermiene auf
Strass übertragen wird, den anzusehen der Taxator selbst keine Ge-
duld gehabt hätte, wenn er nicht zufällig durch eine berühmte Galerie
hindurchgegangen wäre, und der Name, Dank einem schneidigen Kunst-
händler, daran hängen geblieben wäre.

Zwei Gemälde im Museum zu Palermo (Nr. 4. 79) gehören zu den
Ignoti, die wie gemacht scheinen, entdeckungssüchtige Forscher in eine
täuschende Aufwallung zu versetzen. Es sind Hirtenstücke, mit no-
vellistischen Bestandtheilen, und für Süditaliener sehr gründlich aus-
studirten und ausgeführten Ziegen, Schaafen, Pferden und Hunden, in
einer Manier, die dem Rosa di Tivoli nahesteht. Die Malweise hat
aber viel Aehnlichkeit mit den Naturalisten, und bei einer Gruppe muss
Jedem das Paar rechts im „Bacchus“ in den Sinn kommen. Sie sind auch
von mehreren dem Meister zugeschrieben worden, bei genauerer Prüfung
aber findet man doch nichts von seiner besonderen Art. Es sind wahr-
scheinlich Arbeiten eines sicilischen Bukolikers, von dem dort noch
andere Gemälde vorkommen, wo die Thiere von derselben Hand, die
Figuren aber viel geringer sind: Orpheus (1017 „Giuseppe Salerno“) und
ein Hirtenstück (353, „französische Schule“). Da nun von jenen beiden
Pendants das eine holländisch, das andere spanisch heisst, so haben
wir hier vier Bilder derselben Hand unter vier Nationalschulen vertheilt!

Einige gut gemalte Volksfiguren eines Unbekannten, die jenen echten
in der Auffassung nahe stehen, begegnen in englischen Sammlungen. Sie
sind in einem kupfrigen, mattschimmernden Ton gemalt. Die Köchin
ein Weinglas spülend, bei dem Herzog von Bedford; ein Schäfer, eine
Bauerndirne, bei der Gräfin Yarborough; der schlafende Knabe, bei Ed-
ward A. Leatham, Esq. Der von L. Gruner 1826 gestochene Schäfer
ist Velazquez ganz fremd. (Curtis 81, o. l. q. 78. 81, a.)

Unter den zahlreichen Stücken, deren Urheber wol nie entdeckt
werden dürften, finden sich doch auch einige von einem kenntlichen
Meister, der diesen Kreisen seine Anregung verdankte, obwol sein Wir-
kungskreis Cordova wurde. Antonio del Castillo y Saavedra (geb. 1603),
der 1626 nach Sevilla kam, lernte hier den Bodegonesgeschmack kennen;
er warf sich besonders auf die Bauern- und Hirtenstücke. Nach ihrer
Zahl scheinen diese seine Cabañas sehr beliebt gewesen zu sein. „Er
begab sich aufs Land und zeichnete Hütten, Ochsen, Wagen und alle
Werkzeuge des Ackerbaues, mit allen Zufälligkeiten und Einfällen der
Natur; diese malte er dann mit grosser Wahrheit“. Wie die Bassanos
übertrug er diese Art auf biblisch-legendarische Scenen, die er im Stil

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[140/0160] Zweites Buch. dürfen, dass sie bei gutem Willen allenfalls ebenso scheusslich malen könnten. Heiter ist es, wie das in den Ateliers aufgefangene, für Ca- binetstücke des Pinsels gemünzte Malerjargon mit Kennermiene auf Strass übertragen wird, den anzusehen der Taxator selbst keine Ge- duld gehabt hätte, wenn er nicht zufällig durch eine berühmte Galerie hindurchgegangen wäre, und der Name, Dank einem schneidigen Kunst- händler, daran hängen geblieben wäre. Zwei Gemälde im Museum zu Palermo (Nr. 4. 79) gehören zu den Ignoti, die wie gemacht scheinen, entdeckungssüchtige Forscher in eine täuschende Aufwallung zu versetzen. Es sind Hirtenstücke, mit no- vellistischen Bestandtheilen, und für Süditaliener sehr gründlich aus- studirten und ausgeführten Ziegen, Schaafen, Pferden und Hunden, in einer Manier, die dem Rosa di Tivoli nahesteht. Die Malweise hat aber viel Aehnlichkeit mit den Naturalisten, und bei einer Gruppe muss Jedem das Paar rechts im „Bacchus“ in den Sinn kommen. Sie sind auch von mehreren dem Meister zugeschrieben worden, bei genauerer Prüfung aber findet man doch nichts von seiner besonderen Art. Es sind wahr- scheinlich Arbeiten eines sicilischen Bukolikers, von dem dort noch andere Gemälde vorkommen, wo die Thiere von derselben Hand, die Figuren aber viel geringer sind: Orpheus (1017 „Giuseppe Salerno“) und ein Hirtenstück (353, „französische Schule“). Da nun von jenen beiden Pendants das eine holländisch, das andere spanisch heisst, so haben wir hier vier Bilder derselben Hand unter vier Nationalschulen vertheilt! Einige gut gemalte Volksfiguren eines Unbekannten, die jenen echten in der Auffassung nahe stehen, begegnen in englischen Sammlungen. Sie sind in einem kupfrigen, mattschimmernden Ton gemalt. Die Köchin ein Weinglas spülend, bei dem Herzog von Bedford; ein Schäfer, eine Bauerndirne, bei der Gräfin Yarborough; der schlafende Knabe, bei Ed- ward A. Leatham, Esq. Der von L. Gruner 1826 gestochene Schäfer ist Velazquez ganz fremd. (Curtis 81, o. l. q. 78. 81, a.) Unter den zahlreichen Stücken, deren Urheber wol nie entdeckt werden dürften, finden sich doch auch einige von einem kenntlichen Meister, der diesen Kreisen seine Anregung verdankte, obwol sein Wir- kungskreis Cordova wurde. Antonio del Castillo y Saavedra (geb. 1603), der 1626 nach Sevilla kam, lernte hier den Bodegonesgeschmack kennen; er warf sich besonders auf die Bauern- und Hirtenstücke. Nach ihrer Zahl scheinen diese seine Cabañas sehr beliebt gewesen zu sein. „Er begab sich aufs Land und zeichnete Hütten, Ochsen, Wagen und alle Werkzeuge des Ackerbaues, mit allen Zufälligkeiten und Einfällen der Natur; diese malte er dann mit grosser Wahrheit“. Wie die Bassanos übertrug er diese Art auf biblisch-legendarische Scenen, die er im Stil

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/160>, abgerufen am 21.11.2024.