Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.I. Abschn. Von der Beschaffenheit Man will ihm dieses nicht bestreiten. Allein, er giebtselbst durch seine Schrift genugsam zu erkennen, daß er weiter nichts als ein handwerksmäßiger Bergver- ständiger ist; und er hätte sich wohl nicht einfallen las- sen sollen, sich an die Schmiedung oder Erfindung neuer Lehrgebäude in der Naturkunde zu wagen, wel- ches seine Kräfte ganz augenscheinlich weit überstei- get; diese Schrift eines Ungenannten ist zwar nicht von der Beträchtlichkeit, daß dieses vermeynte neue Lehrgebäude eine ausführliche Widerlegung verdiente. Allein, da ich dadurch Gelegenheit erlange, die Na- tur und Beschaffenheit unsers Erdcörpers desto mehr aufzuklären; so will ich mich dieser Arbeit unterziehen, und überzeugend vor Augen legen, wie schwach alles dasjenige ist, was der Verfasser zu Behauptung sei- nes angeblichen Lehrgebäudes anführet. Der Verfasser glaubet, daß das hohe oder Fel- und
I. Abſchn. Von der Beſchaffenheit Man will ihm dieſes nicht beſtreiten. Allein, er giebtſelbſt durch ſeine Schrift genugſam zu erkennen, daß er weiter nichts als ein handwerksmaͤßiger Bergver- ſtaͤndiger iſt; und er haͤtte ſich wohl nicht einfallen laſ- ſen ſollen, ſich an die Schmiedung oder Erfindung neuer Lehrgebaͤude in der Naturkunde zu wagen, wel- ches ſeine Kraͤfte ganz augenſcheinlich weit uͤberſtei- get; dieſe Schrift eines Ungenannten iſt zwar nicht von der Betraͤchtlichkeit, daß dieſes vermeynte neue Lehrgebaͤude eine ausfuͤhrliche Widerlegung verdiente. Allein, da ich dadurch Gelegenheit erlange, die Na- tur und Beſchaffenheit unſers Erdcoͤrpers deſto mehr aufzuklaͤren; ſo will ich mich dieſer Arbeit unterziehen, und uͤberzeugend vor Augen legen, wie ſchwach alles dasjenige iſt, was der Verfaſſer zu Behauptung ſei- nes angeblichen Lehrgebaͤudes anfuͤhret. Der Verfaſſer glaubet, daß das hohe oder Fel- und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0078" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abſchn. Von der Beſchaffenheit</hi></fw><lb/> Man will ihm dieſes nicht beſtreiten. Allein, er giebt<lb/> ſelbſt durch ſeine Schrift genugſam zu erkennen, daß<lb/> er weiter nichts als ein handwerksmaͤßiger Bergver-<lb/> ſtaͤndiger iſt; und er haͤtte ſich wohl nicht einfallen laſ-<lb/> ſen ſollen, ſich an die Schmiedung oder Erfindung<lb/> neuer Lehrgebaͤude in der Naturkunde zu wagen, wel-<lb/> ches ſeine Kraͤfte ganz augenſcheinlich weit uͤberſtei-<lb/> get; dieſe Schrift eines Ungenannten iſt zwar nicht<lb/> von der Betraͤchtlichkeit, daß dieſes vermeynte neue<lb/> Lehrgebaͤude eine ausfuͤhrliche Widerlegung verdiente.<lb/> Allein, da ich dadurch Gelegenheit erlange, die Na-<lb/> tur und Beſchaffenheit unſers Erdcoͤrpers deſto mehr<lb/> aufzuklaͤren; ſo will ich mich dieſer Arbeit unterziehen,<lb/> und uͤberzeugend vor Augen legen, wie ſchwach alles<lb/> dasjenige iſt, was der Verfaſſer zu Behauptung ſei-<lb/> nes angeblichen Lehrgebaͤudes anfuͤhret.</p><lb/> <p>Der Verfaſſer glaubet, daß das hohe oder Fel-<lb/> ſengebirge allemahl aus einem feinen Kalkſteine be-<lb/> ſtehe. Es kann ſeyn, daß dieſes von dem Theil des<lb/> Carpathiſchen Gebirges, woran die Schweizer Berg-<lb/> werke liegen, und von denen Gebirgen in dem Ban-<lb/> nat und Siebenbuͤrgen, woſelbſt der Verfaſſer gut be-<lb/> kannt zu ſeyn ſcheinet, ganz richtig iſt. Allein, daß<lb/> alle hohe Gebirge auf dem Erdcoͤrper aus dergleichen<lb/> feinen Kalkſteinen beſtehen ſollten, das iſt ſo offen-<lb/> bahr falſch und unrichtig, daß eben der Verfaſſer da-<lb/> durch zu erkennen giebt, daß er weiter nichts als die<lb/> Gebirge in jetztgedachter Gegend kennet, und ſich we-<lb/> der durch Buͤcher, noch durch Correſpondenz eine er-<lb/> weiterte Kenntniß von der Beſchaffenheit der hohen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0078]
I. Abſchn. Von der Beſchaffenheit
Man will ihm dieſes nicht beſtreiten. Allein, er giebt
ſelbſt durch ſeine Schrift genugſam zu erkennen, daß
er weiter nichts als ein handwerksmaͤßiger Bergver-
ſtaͤndiger iſt; und er haͤtte ſich wohl nicht einfallen laſ-
ſen ſollen, ſich an die Schmiedung oder Erfindung
neuer Lehrgebaͤude in der Naturkunde zu wagen, wel-
ches ſeine Kraͤfte ganz augenſcheinlich weit uͤberſtei-
get; dieſe Schrift eines Ungenannten iſt zwar nicht
von der Betraͤchtlichkeit, daß dieſes vermeynte neue
Lehrgebaͤude eine ausfuͤhrliche Widerlegung verdiente.
Allein, da ich dadurch Gelegenheit erlange, die Na-
tur und Beſchaffenheit unſers Erdcoͤrpers deſto mehr
aufzuklaͤren; ſo will ich mich dieſer Arbeit unterziehen,
und uͤberzeugend vor Augen legen, wie ſchwach alles
dasjenige iſt, was der Verfaſſer zu Behauptung ſei-
nes angeblichen Lehrgebaͤudes anfuͤhret.
Der Verfaſſer glaubet, daß das hohe oder Fel-
ſengebirge allemahl aus einem feinen Kalkſteine be-
ſtehe. Es kann ſeyn, daß dieſes von dem Theil des
Carpathiſchen Gebirges, woran die Schweizer Berg-
werke liegen, und von denen Gebirgen in dem Ban-
nat und Siebenbuͤrgen, woſelbſt der Verfaſſer gut be-
kannt zu ſeyn ſcheinet, ganz richtig iſt. Allein, daß
alle hohe Gebirge auf dem Erdcoͤrper aus dergleichen
feinen Kalkſteinen beſtehen ſollten, das iſt ſo offen-
bahr falſch und unrichtig, daß eben der Verfaſſer da-
durch zu erkennen giebt, daß er weiter nichts als die
Gebirge in jetztgedachter Gegend kennet, und ſich we-
der durch Buͤcher, noch durch Correſpondenz eine er-
weiterte Kenntniß von der Beſchaffenheit der hohen
und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/78 |
Zitationshilfe: | Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/78>, abgerufen am 15.08.2024. |