Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

der Gebirge auf dem Erdcörper.
sechs Meilen vergrößert. Diese vermehrte Oberfläche
hat zwar ihren Nutzen in Ansehung der Bergwerke,
und daß dieselbe wenigstens mit Waldungen bewach-
sen seyn kann. Allein, sie leistet zum Unterhalte und
Aufenthalte der Menschen viel weniger Vortheil und
Bequehmlichkeit. Der daraus erwachsene Nutzen oder
Nachtheil würde sich demnach in einem ziemlichen
Gleichgewichte erhalten, wenn man beyde gegen ein-
ander berechnen sollte; und es ist folglich wenig
Grund vorhanden, daraus zu schließen, daß es der
Weisheit des Schöpfers gemäß gewesen sey, des grös-
sern Vortheils halber die Gebirge zugleich bey der
Schöpfung mit zu erschaffen. Die besondere Be-
schaffenheit der Gebirge, da ihr Jnnerstes fast ledig-
lich aus ungeheuren Felsen bestehet, lässet auch gar
nicht vermuthen, daß sie vom Anfange an in eben die-
sem Zustande mit erschaffen worden sind. Vernünfti-
ger Weise muß man annehmen, daß in der Schö-
pfung nur homogene und gleichartige Materien ent-
standen sind, und daß die Steinwerdung und die Ent-
stehung ungeheurer Felsen nur Wirkungen und Folgen
viel späterer Zeiten sind. Dasjenige, was ich in der
Einleitung von der Schöpfung und Entstehung unse-
rer Erdkugel und der übrigen Planeten vorgetragen
habe, hat so viel Wahrscheinlichkeit vor sich, und se-
tzet überzeugend voraus, daß bey Entstehung des Erd-
cörpers noch keine Gebirge auf demselben statt gefun-
den haben, daß sich vernünftige Leser dabey beruhigen
können, bis jemand mit Ueberzeugung darthun wird,
daß es der Weisheit des Schöpfers und der nothwen-
digen Beschaffenheit des Erdcörpers gemäß gewesen

sey,

der Gebirge auf dem Erdcoͤrper.
ſechs Meilen vergroͤßert. Dieſe vermehrte Oberflaͤche
hat zwar ihren Nutzen in Anſehung der Bergwerke,
und daß dieſelbe wenigſtens mit Waldungen bewach-
ſen ſeyn kann. Allein, ſie leiſtet zum Unterhalte und
Aufenthalte der Menſchen viel weniger Vortheil und
Bequehmlichkeit. Der daraus erwachſene Nutzen oder
Nachtheil wuͤrde ſich demnach in einem ziemlichen
Gleichgewichte erhalten, wenn man beyde gegen ein-
ander berechnen ſollte; und es iſt folglich wenig
Grund vorhanden, daraus zu ſchließen, daß es der
Weisheit des Schoͤpfers gemaͤß geweſen ſey, des groͤſ-
ſern Vortheils halber die Gebirge zugleich bey der
Schoͤpfung mit zu erſchaffen. Die beſondere Be-
ſchaffenheit der Gebirge, da ihr Jnnerſtes faſt ledig-
lich aus ungeheuren Felſen beſtehet, laͤſſet auch gar
nicht vermuthen, daß ſie vom Anfange an in eben die-
ſem Zuſtande mit erſchaffen worden ſind. Vernuͤnfti-
ger Weiſe muß man annehmen, daß in der Schoͤ-
pfung nur homogene und gleichartige Materien ent-
ſtanden ſind, und daß die Steinwerdung und die Ent-
ſtehung ungeheurer Felſen nur Wirkungen und Folgen
viel ſpaͤterer Zeiten ſind. Dasjenige, was ich in der
Einleitung von der Schoͤpfung und Entſtehung unſe-
rer Erdkugel und der uͤbrigen Planeten vorgetragen
habe, hat ſo viel Wahrſcheinlichkeit vor ſich, und ſe-
tzet uͤberzeugend voraus, daß bey Entſtehung des Erd-
coͤrpers noch keine Gebirge auf demſelben ſtatt gefun-
den haben, daß ſich vernuͤnftige Leſer dabey beruhigen
koͤnnen, bis jemand mit Ueberzeugung darthun wird,
daß es der Weisheit des Schoͤpfers und der nothwen-
digen Beſchaffenheit des Erdcoͤrpers gemaͤß geweſen

ſey,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0071" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Gebirge auf dem Erdco&#x0364;rper.</hi></fw><lb/>
&#x017F;echs Meilen vergro&#x0364;ßert. Die&#x017F;e vermehrte Oberfla&#x0364;che<lb/>
hat zwar ihren Nutzen in An&#x017F;ehung der Bergwerke,<lb/>
und daß die&#x017F;elbe wenig&#x017F;tens mit Waldungen bewach-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;eyn kann. Allein, &#x017F;ie lei&#x017F;tet zum Unterhalte und<lb/>
Aufenthalte der Men&#x017F;chen viel weniger Vortheil und<lb/>
Bequehmlichkeit. Der daraus erwach&#x017F;ene Nutzen oder<lb/>
Nachtheil wu&#x0364;rde &#x017F;ich demnach in einem ziemlichen<lb/>
Gleichgewichte erhalten, wenn man beyde gegen ein-<lb/>
ander berechnen &#x017F;ollte; und es i&#x017F;t folglich wenig<lb/>
Grund vorhanden, daraus zu &#x017F;chließen, daß es der<lb/>
Weisheit des Scho&#x0364;pfers gema&#x0364;ß gewe&#x017F;en &#x017F;ey, des gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern Vortheils halber die Gebirge zugleich bey der<lb/>
Scho&#x0364;pfung mit zu er&#x017F;chaffen. Die be&#x017F;ondere Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit der Gebirge, da ihr Jnner&#x017F;tes fa&#x017F;t ledig-<lb/>
lich aus ungeheuren Fel&#x017F;en be&#x017F;tehet, la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et auch gar<lb/>
nicht vermuthen, daß &#x017F;ie vom Anfange an in eben die-<lb/>
&#x017F;em Zu&#x017F;tande mit er&#x017F;chaffen worden &#x017F;ind. Vernu&#x0364;nfti-<lb/>
ger Wei&#x017F;e muß man annehmen, daß in der Scho&#x0364;-<lb/>
pfung nur homogene und gleichartige Materien ent-<lb/>
&#x017F;tanden &#x017F;ind, und daß die Steinwerdung und die Ent-<lb/>
&#x017F;tehung ungeheurer Fel&#x017F;en nur Wirkungen und Folgen<lb/>
viel &#x017F;pa&#x0364;terer Zeiten &#x017F;ind. Dasjenige, was ich in der<lb/>
Einleitung von der Scho&#x0364;pfung und Ent&#x017F;tehung un&#x017F;e-<lb/>
rer Erdkugel und der u&#x0364;brigen Planeten vorgetragen<lb/>
habe, hat &#x017F;o viel Wahr&#x017F;cheinlichkeit vor &#x017F;ich, und &#x017F;e-<lb/>
tzet u&#x0364;berzeugend voraus, daß bey Ent&#x017F;tehung des Erd-<lb/>
co&#x0364;rpers noch keine Gebirge auf dem&#x017F;elben &#x017F;tatt gefun-<lb/>
den haben, daß &#x017F;ich vernu&#x0364;nftige Le&#x017F;er dabey beruhigen<lb/>
ko&#x0364;nnen, bis jemand mit Ueberzeugung darthun wird,<lb/>
daß es der Weisheit des Scho&#x0364;pfers und der nothwen-<lb/>
digen Be&#x017F;chaffenheit des Erdco&#x0364;rpers gema&#x0364;ß gewe&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ey,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0071] der Gebirge auf dem Erdcoͤrper. ſechs Meilen vergroͤßert. Dieſe vermehrte Oberflaͤche hat zwar ihren Nutzen in Anſehung der Bergwerke, und daß dieſelbe wenigſtens mit Waldungen bewach- ſen ſeyn kann. Allein, ſie leiſtet zum Unterhalte und Aufenthalte der Menſchen viel weniger Vortheil und Bequehmlichkeit. Der daraus erwachſene Nutzen oder Nachtheil wuͤrde ſich demnach in einem ziemlichen Gleichgewichte erhalten, wenn man beyde gegen ein- ander berechnen ſollte; und es iſt folglich wenig Grund vorhanden, daraus zu ſchließen, daß es der Weisheit des Schoͤpfers gemaͤß geweſen ſey, des groͤſ- ſern Vortheils halber die Gebirge zugleich bey der Schoͤpfung mit zu erſchaffen. Die beſondere Be- ſchaffenheit der Gebirge, da ihr Jnnerſtes faſt ledig- lich aus ungeheuren Felſen beſtehet, laͤſſet auch gar nicht vermuthen, daß ſie vom Anfange an in eben die- ſem Zuſtande mit erſchaffen worden ſind. Vernuͤnfti- ger Weiſe muß man annehmen, daß in der Schoͤ- pfung nur homogene und gleichartige Materien ent- ſtanden ſind, und daß die Steinwerdung und die Ent- ſtehung ungeheurer Felſen nur Wirkungen und Folgen viel ſpaͤterer Zeiten ſind. Dasjenige, was ich in der Einleitung von der Schoͤpfung und Entſtehung unſe- rer Erdkugel und der uͤbrigen Planeten vorgetragen habe, hat ſo viel Wahrſcheinlichkeit vor ſich, und ſe- tzet uͤberzeugend voraus, daß bey Entſtehung des Erd- coͤrpers noch keine Gebirge auf demſelben ſtatt gefun- den haben, daß ſich vernuͤnftige Leſer dabey beruhigen koͤnnen, bis jemand mit Ueberzeugung darthun wird, daß es der Weisheit des Schoͤpfers und der nothwen- digen Beſchaffenheit des Erdcoͤrpers gemaͤß geweſen ſey,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/71
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/71>, abgerufen am 23.11.2024.