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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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VI. Abschn. Das Meer verändert
gen, indem man vorgiebt, daß sie so groß gewesen
sey, als Europa und Africa zusammengenommen.
Man redet von sehr mächtigen und blühenden Reichen,
die sich auf dieser Jnsul befunden haben, und die so
gar ihre Herrschaft und Colonien in andere Welttheile
erstrecket haben m).

Man würde zu weit gehen, wenn man diese Nach-
richten von der Jnsul Atlantis unter die Fabeln des
Alterthums rechnen wollte. Es war dieses eine all-
gemeine Sage in den Zeiten vor Christi Geburth, und
sie wurde so allgemein vor wahr und richtig angenom-
men, daß sie niemahls ein Philosoph und Gelehrter
des Alterthums, die doch eben sowohl, als unsere
heutigen Gelehrten zum Critisiren und zum Zweifeln
geneigt waren, hat einfallen lassen, einige Bedenk-
lichkeit zu haben, ob auch jemahls eine Jnsul Atlantis
gewesen wäre. Plato und Aristoteles reden selbst
von dieser Jnsul und ihrem Untergange in ihren

Schriften,
m) Plato im Timäo ist unter denen alten glaubwürdigen
Schriftstellern hauptsächlich derjenige, welcher von der
Jnsul Atlantis Nachricht giebt; er saget selbst, daß
er diese Nachrichten aus einer Handschrift des Solons,
des Atheniensischen Gesetzgebers, genommen habe, wel-
cher dieselben auf seinen Reisen insonderheit von denen
Egyptischen Priestern zu Theben erhalten habe. Es ist
bekannt, daß Oberegypten, worinnen Theben lag, im
Verhältniß gegen Niederegypten, eine hohe Lage hat,
und es kann mithin seyn, daß Oberegypten bey verschie-
denen Veränderungen der Pole von Ueberschwemmun-
gen und Austretungen der Meere befreyet geblieben ist,
dahero dann diese Priester, welche die Gelehrten des
Landes waren, von denen ältesten Veränderungen an
dem Weltcörper gar wohl Nachricht haben konnten.

VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert
gen, indem man vorgiebt, daß ſie ſo groß geweſen
ſey, als Europa und Africa zuſammengenommen.
Man redet von ſehr maͤchtigen und bluͤhenden Reichen,
die ſich auf dieſer Jnſul befunden haben, und die ſo
gar ihre Herrſchaft und Colonien in andere Welttheile
erſtrecket haben m).

Man wuͤrde zu weit gehen, wenn man dieſe Nach-
richten von der Jnſul Atlantis unter die Fabeln des
Alterthums rechnen wollte. Es war dieſes eine all-
gemeine Sage in den Zeiten vor Chriſti Geburth, und
ſie wurde ſo allgemein vor wahr und richtig angenom-
men, daß ſie niemahls ein Philoſoph und Gelehrter
des Alterthums, die doch eben ſowohl, als unſere
heutigen Gelehrten zum Critiſiren und zum Zweifeln
geneigt waren, hat einfallen laſſen, einige Bedenk-
lichkeit zu haben, ob auch jemahls eine Jnſul Atlantis
geweſen waͤre. Plato und Ariſtoteles reden ſelbſt
von dieſer Jnſul und ihrem Untergange in ihren

Schriften,
m) Plato im Timaͤo iſt unter denen alten glaubwuͤrdigen
Schriftſtellern hauptſaͤchlich derjenige, welcher von der
Jnſul Atlantis Nachricht giebt; er ſaget ſelbſt, daß
er dieſe Nachrichten aus einer Handſchrift des Solons,
des Athenienſiſchen Geſetzgebers, genommen habe, wel-
cher dieſelben auf ſeinen Reiſen inſonderheit von denen
Egyptiſchen Prieſtern zu Theben erhalten habe. Es iſt
bekannt, daß Oberegypten, worinnen Theben lag, im
Verhaͤltniß gegen Niederegypten, eine hohe Lage hat,
und es kann mithin ſeyn, daß Oberegypten bey verſchie-
denen Veraͤnderungen der Pole von Ueberſchwemmun-
gen und Austretungen der Meere befreyet geblieben iſt,
dahero dann dieſe Prieſter, welche die Gelehrten des
Landes waren, von denen aͤlteſten Veraͤnderungen an
dem Weltcoͤrper gar wohl Nachricht haben konnten.
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[202/0230] VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert gen, indem man vorgiebt, daß ſie ſo groß geweſen ſey, als Europa und Africa zuſammengenommen. Man redet von ſehr maͤchtigen und bluͤhenden Reichen, die ſich auf dieſer Jnſul befunden haben, und die ſo gar ihre Herrſchaft und Colonien in andere Welttheile erſtrecket haben m). Man wuͤrde zu weit gehen, wenn man dieſe Nach- richten von der Jnſul Atlantis unter die Fabeln des Alterthums rechnen wollte. Es war dieſes eine all- gemeine Sage in den Zeiten vor Chriſti Geburth, und ſie wurde ſo allgemein vor wahr und richtig angenom- men, daß ſie niemahls ein Philoſoph und Gelehrter des Alterthums, die doch eben ſowohl, als unſere heutigen Gelehrten zum Critiſiren und zum Zweifeln geneigt waren, hat einfallen laſſen, einige Bedenk- lichkeit zu haben, ob auch jemahls eine Jnſul Atlantis geweſen waͤre. Plato und Ariſtoteles reden ſelbſt von dieſer Jnſul und ihrem Untergange in ihren Schriften, m) Plato im Timaͤo iſt unter denen alten glaubwuͤrdigen Schriftſtellern hauptſaͤchlich derjenige, welcher von der Jnſul Atlantis Nachricht giebt; er ſaget ſelbſt, daß er dieſe Nachrichten aus einer Handſchrift des Solons, des Athenienſiſchen Geſetzgebers, genommen habe, wel- cher dieſelben auf ſeinen Reiſen inſonderheit von denen Egyptiſchen Prieſtern zu Theben erhalten habe. Es iſt bekannt, daß Oberegypten, worinnen Theben lag, im Verhaͤltniß gegen Niederegypten, eine hohe Lage hat, und es kann mithin ſeyn, daß Oberegypten bey verſchie- denen Veraͤnderungen der Pole von Ueberſchwemmun- gen und Austretungen der Meere befreyet geblieben iſt, dahero dann dieſe Prieſter, welche die Gelehrten des Landes waren, von denen aͤlteſten Veraͤnderungen an dem Weltcoͤrper gar wohl Nachricht haben konnten.

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/230>, abgerufen am 22.11.2024.