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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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V. Abschn. Von der ehemahligen Veränderung
Man nehme einen vollkommen runden Cörper von
Thon oder Leimen, der noch nicht vollkommen ausge-
trocknet ist, und mithin in allen seinen Theilen nicht
fest zusammenhängt, und drehe denselben durch eine
schnelle Bewegung um seine Axe; so wird derselbe gar
bald die vollkommen runde Figur verlassen, und eine
Gestalt annehmen, die an beyden Polen etwas einge-
drückt ist, eben dieses wird sich also mit dem Erdcör-
per ereignen, der in allen seinen Theilen nichts weni-
ger als eine feste Verbindung und Zusammenfügung
mit einander hat; und da, wo sich die Pole befinden,
wird derselbe allemahl eine platte Figur erlangen. Die
Unordnungen, welche durch das Umwälzen und den
Fortlauf des Erdcörpers entstehen, müssen sich in viel
größerer Maaße ereignen, wenn nicht die festen und
schwehren Theile dieses Cörpers vermöge der natürli-
chen Eigenschaft ihrer Schwehre beständig nach dem
Mittelpunct der Erde zu drückten, und mithin eine
größere Zerrüttung und Verwüstung seiner Theile ver-
hinterten.

Hieraus kann man demnach beurtheilen, wie es
möglich ist, daß der Erdcörper seine Pole verändern
kann, und daß dennoch seine Pole in einer kurzen Zeit
nach einer solchen Veränderung bald wiederum eben die
etwas platte und eingedrückte Figur annehmen, wel-
che die vorigen Pole gehabt haben. Freylich werden
bey einer solchen außerordentlichen und erstaunlichen
Veränderung ungeheure Verwüstungen auf dem Erd-
cörper entstehen; er wird in allen seinen Theilen bewe-
get werden, die Lage und Zusammenfügung seiner fe-
sten und flüßigen Materien werden sich verändern, das

Meer

V. Abſchn. Von der ehemahligen Veraͤnderung
Man nehme einen vollkommen runden Coͤrper von
Thon oder Leimen, der noch nicht vollkommen ausge-
trocknet iſt, und mithin in allen ſeinen Theilen nicht
feſt zuſammenhaͤngt, und drehe denſelben durch eine
ſchnelle Bewegung um ſeine Axe; ſo wird derſelbe gar
bald die vollkommen runde Figur verlaſſen, und eine
Geſtalt annehmen, die an beyden Polen etwas einge-
druͤckt iſt, eben dieſes wird ſich alſo mit dem Erdcoͤr-
per ereignen, der in allen ſeinen Theilen nichts weni-
ger als eine feſte Verbindung und Zuſammenfuͤgung
mit einander hat; und da, wo ſich die Pole befinden,
wird derſelbe allemahl eine platte Figur erlangen. Die
Unordnungen, welche durch das Umwaͤlzen und den
Fortlauf des Erdcoͤrpers entſtehen, muͤſſen ſich in viel
groͤßerer Maaße ereignen, wenn nicht die feſten und
ſchwehren Theile dieſes Coͤrpers vermoͤge der natuͤrli-
chen Eigenſchaft ihrer Schwehre beſtaͤndig nach dem
Mittelpunct der Erde zu druͤckten, und mithin eine
groͤßere Zerruͤttung und Verwuͤſtung ſeiner Theile ver-
hinterten.

Hieraus kann man demnach beurtheilen, wie es
moͤglich iſt, daß der Erdcoͤrper ſeine Pole veraͤndern
kann, und daß dennoch ſeine Pole in einer kurzen Zeit
nach einer ſolchen Veraͤnderung bald wiederum eben die
etwas platte und eingedruͤckte Figur annehmen, wel-
che die vorigen Pole gehabt haben. Freylich werden
bey einer ſolchen außerordentlichen und erſtaunlichen
Veraͤnderung ungeheure Verwuͤſtungen auf dem Erd-
coͤrper entſtehen; er wird in allen ſeinen Theilen bewe-
get werden, die Lage und Zuſammenfuͤgung ſeiner fe-
ſten und fluͤßigen Materien werden ſich veraͤndern, das

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[182/0210] V. Abſchn. Von der ehemahligen Veraͤnderung Man nehme einen vollkommen runden Coͤrper von Thon oder Leimen, der noch nicht vollkommen ausge- trocknet iſt, und mithin in allen ſeinen Theilen nicht feſt zuſammenhaͤngt, und drehe denſelben durch eine ſchnelle Bewegung um ſeine Axe; ſo wird derſelbe gar bald die vollkommen runde Figur verlaſſen, und eine Geſtalt annehmen, die an beyden Polen etwas einge- druͤckt iſt, eben dieſes wird ſich alſo mit dem Erdcoͤr- per ereignen, der in allen ſeinen Theilen nichts weni- ger als eine feſte Verbindung und Zuſammenfuͤgung mit einander hat; und da, wo ſich die Pole befinden, wird derſelbe allemahl eine platte Figur erlangen. Die Unordnungen, welche durch das Umwaͤlzen und den Fortlauf des Erdcoͤrpers entſtehen, muͤſſen ſich in viel groͤßerer Maaße ereignen, wenn nicht die feſten und ſchwehren Theile dieſes Coͤrpers vermoͤge der natuͤrli- chen Eigenſchaft ihrer Schwehre beſtaͤndig nach dem Mittelpunct der Erde zu druͤckten, und mithin eine groͤßere Zerruͤttung und Verwuͤſtung ſeiner Theile ver- hinterten. Hieraus kann man demnach beurtheilen, wie es moͤglich iſt, daß der Erdcoͤrper ſeine Pole veraͤndern kann, und daß dennoch ſeine Pole in einer kurzen Zeit nach einer ſolchen Veraͤnderung bald wiederum eben die etwas platte und eingedruͤckte Figur annehmen, wel- che die vorigen Pole gehabt haben. Freylich werden bey einer ſolchen außerordentlichen und erſtaunlichen Veraͤnderung ungeheure Verwuͤſtungen auf dem Erd- coͤrper entſtehen; er wird in allen ſeinen Theilen bewe- get werden, die Lage und Zuſammenfuͤgung ſeiner fe- ſten und fluͤßigen Materien werden ſich veraͤndern, das Meer

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/210>, abgerufen am 24.11.2024.