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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

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mit der Verfass. u. Beschaff. des Staats.
sen Satz schon in meiner Staatswirthschaft behauptet
und mit guten Gründen unterstützet; und ich bin noch
immer dieser Meinung, ob sie gleich einigen paradox
scheinen mag. Die Menschen in ihren natürlichen
rohen Zustande neigen nur allzusehr zur Faulheit.
Die Teutschen in ihren barbarischen Zeiten hielten es
vor eine Schande zu arbeiten; und der Freyherr von
Hollberg in seiner dänischen und norwegischen Staats-
geschichte zeiget, daß auch die übrigen nordischen Völ-
ker ihre Glückseeligkeit in der Faulheit und in Fressen
und Saufen gesuchet haben. Jhre Begriffe von
einer künftigen Glückseeligkeit, liefen lediglich dahinaus;
und sie erwarteten von ihren Odin zur Belohnung ih-
rer Tapferkeit nichts als dergleichen Wohlleben. Die-
ser natürliche Hang der Menschen zur Faulheit zeiget
sich demnach gemeiniglich, wenn sie ein fruchtbares
Land bewohnen und wenig oder gar keine Abgaben ha-
ben. Da alsdenn der Lebensunterhalt bey weniger
Arbeit nicht schwehr wird: so haben die wenigsten Lust
viel zu arbeiten. Es ermangelt demnach nicht allein
die Arbeitsamkeit in denen Manufacturen, sondern der
Landmann cultiviret den Boden gar schlecht. Was
er erzeuget, das verzehret er selbst, weil ihn die Abga-
ben nicht nöthigen baar Geld herbey zu schaffen. Die
Städte haben also wenig Zufuhre; und der nöthige
Zusammenhang zwischen den Manufacturen und der
Landwirthschaft ermangelt folglich. Dahingegen
muß er sich ungleich mehr regen, mehr Producte er-
zeugen und solche zu Gelde machen, wenn er ziemliche
Abgaben zu bezahlen hat. Mittelmäßige Abgaben

sind
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mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.
ſen Satz ſchon in meiner Staatswirthſchaft behauptet
und mit guten Gruͤnden unterſtuͤtzet; und ich bin noch
immer dieſer Meinung, ob ſie gleich einigen paradox
ſcheinen mag. Die Menſchen in ihren natuͤrlichen
rohen Zuſtande neigen nur allzuſehr zur Faulheit.
Die Teutſchen in ihren barbariſchen Zeiten hielten es
vor eine Schande zu arbeiten; und der Freyherr von
Hollberg in ſeiner daͤniſchen und norwegiſchen Staats-
geſchichte zeiget, daß auch die uͤbrigen nordiſchen Voͤl-
ker ihre Gluͤckſeeligkeit in der Faulheit und in Freſſen
und Saufen geſuchet haben. Jhre Begriffe von
einer kuͤnftigen Gluͤckſeeligkeit, liefen lediglich dahinaus;
und ſie erwarteten von ihren Odin zur Belohnung ih-
rer Tapferkeit nichts als dergleichen Wohlleben. Die-
ſer natuͤrliche Hang der Menſchen zur Faulheit zeiget
ſich demnach gemeiniglich, wenn ſie ein fruchtbares
Land bewohnen und wenig oder gar keine Abgaben ha-
ben. Da alsdenn der Lebensunterhalt bey weniger
Arbeit nicht ſchwehr wird: ſo haben die wenigſten Luſt
viel zu arbeiten. Es ermangelt demnach nicht allein
die Arbeitſamkeit in denen Manufacturen, ſondern der
Landmann cultiviret den Boden gar ſchlecht. Was
er erzeuget, das verzehret er ſelbſt, weil ihn die Abga-
ben nicht noͤthigen baar Geld herbey zu ſchaffen. Die
Staͤdte haben alſo wenig Zufuhre; und der noͤthige
Zuſammenhang zwiſchen den Manufacturen und der
Landwirthſchaft ermangelt folglich. Dahingegen
muß er ſich ungleich mehr regen, mehr Producte er-
zeugen und ſolche zu Gelde machen, wenn er ziemliche
Abgaben zu bezahlen hat. Mittelmaͤßige Abgaben

ſind
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[55/0083] mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats. ſen Satz ſchon in meiner Staatswirthſchaft behauptet und mit guten Gruͤnden unterſtuͤtzet; und ich bin noch immer dieſer Meinung, ob ſie gleich einigen paradox ſcheinen mag. Die Menſchen in ihren natuͤrlichen rohen Zuſtande neigen nur allzuſehr zur Faulheit. Die Teutſchen in ihren barbariſchen Zeiten hielten es vor eine Schande zu arbeiten; und der Freyherr von Hollberg in ſeiner daͤniſchen und norwegiſchen Staats- geſchichte zeiget, daß auch die uͤbrigen nordiſchen Voͤl- ker ihre Gluͤckſeeligkeit in der Faulheit und in Freſſen und Saufen geſuchet haben. Jhre Begriffe von einer kuͤnftigen Gluͤckſeeligkeit, liefen lediglich dahinaus; und ſie erwarteten von ihren Odin zur Belohnung ih- rer Tapferkeit nichts als dergleichen Wohlleben. Die- ſer natuͤrliche Hang der Menſchen zur Faulheit zeiget ſich demnach gemeiniglich, wenn ſie ein fruchtbares Land bewohnen und wenig oder gar keine Abgaben ha- ben. Da alsdenn der Lebensunterhalt bey weniger Arbeit nicht ſchwehr wird: ſo haben die wenigſten Luſt viel zu arbeiten. Es ermangelt demnach nicht allein die Arbeitſamkeit in denen Manufacturen, ſondern der Landmann cultiviret den Boden gar ſchlecht. Was er erzeuget, das verzehret er ſelbſt, weil ihn die Abga- ben nicht noͤthigen baar Geld herbey zu ſchaffen. Die Staͤdte haben alſo wenig Zufuhre; und der noͤthige Zuſammenhang zwiſchen den Manufacturen und der Landwirthſchaft ermangelt folglich. Dahingegen muß er ſich ungleich mehr regen, mehr Producte er- zeugen und ſolche zu Gelde machen, wenn er ziemliche Abgaben zu bezahlen hat. Mittelmaͤßige Abgaben ſind D 4

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/83>, abgerufen am 23.11.2024.