Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

Bild:
<< vorherige Seite

mit der Verfass. u. Beschaff. des Staats.
nungen des Staats ein Vertrauen, eine Liebe und eine
Einigkeit gegen einander geben, die zu der Thätigkeit
der Unterthanen und den guten Fortgang aller Maaß-
regeln und Anstalten sehr viel beytragen. Der Zwie-
spalt in der Religion und insonderheit die öffentliche Aus-
übung des Gottesdienstes zweyer Religionspartheyen
ist kein Zustand, den man in einer Stadt, oder in dem
gesammten Staate, wünschen soll. Wenn es demnach
möglich ist blühende Manufacturen und Fabriken zu
Stande zu bringen, ohne die öffentliche uneingeschränk-
te Ausübung eines gegenseitigen Gottesdienstes zuzu-
laßen, so wird dieses allemal mehr anzurathen seyn,
ob ich gleich weit entfernet bin, zu glauben, daß es
besser sey ein armes Land, das die Reinigkeit des Glau-
bens besitzet, als ein reiches, mit vielerley Religions-
secten erfülltes, Land zu haben; daß es besser sey gar
keine Manufacturen und Fabriken zu haben, als solche
mit Einführung der Ketzereyen zu gründen. Wenn
man aber die öffentliche Ausübung des Gottesdienstes
verschiedenen Religionspartheyen zuläßt: so muß die
Regierung allemal diesen Enthusiasmus oder die Bi-
gotterie in allen Religionen zu mäßigen wissen, der
seinen Nächsten bloß deshalb hasset, weil er einer an-
dern Glaubensmeinung zugethan ist. Dieser Haß,
welcher die Quelle der Partheyen und der Unruhen ist,
kann ohnedem schwehrlich bey dem Pöbel stattfinden,
wenn man ihn nicht zugleich in einer gewissen Dumm-
heit und Unwissenheit erhält, welche mit der Geschick-
lichkeit und dem Erfindungsgeiste, welche die Manu-
facturen und Fabriken erforden, wenig verträglich ist.

Wenn
C

mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.
nungen des Staats ein Vertrauen, eine Liebe und eine
Einigkeit gegen einander geben, die zu der Thaͤtigkeit
der Unterthanen und den guten Fortgang aller Maaß-
regeln und Anſtalten ſehr viel beytragen. Der Zwie-
ſpalt in der Religion und inſonderheit die oͤffentliche Aus-
uͤbung des Gottesdienſtes zweyer Religionspartheyen
iſt kein Zuſtand, den man in einer Stadt, oder in dem
geſammten Staate, wuͤnſchen ſoll. Wenn es demnach
moͤglich iſt bluͤhende Manufacturen und Fabriken zu
Stande zu bringen, ohne die oͤffentliche uneingeſchraͤnk-
te Ausuͤbung eines gegenſeitigen Gottesdienſtes zuzu-
laßen, ſo wird dieſes allemal mehr anzurathen ſeyn,
ob ich gleich weit entfernet bin, zu glauben, daß es
beſſer ſey ein armes Land, das die Reinigkeit des Glau-
bens beſitzet, als ein reiches, mit vielerley Religions-
ſecten erfuͤlltes, Land zu haben; daß es beſſer ſey gar
keine Manufacturen und Fabriken zu haben, als ſolche
mit Einfuͤhrung der Ketzereyen zu gruͤnden. Wenn
man aber die oͤffentliche Ausuͤbung des Gottesdienſtes
verſchiedenen Religionspartheyen zulaͤßt: ſo muß die
Regierung allemal dieſen Enthuſiasmus oder die Bi-
gotterie in allen Religionen zu maͤßigen wiſſen, der
ſeinen Naͤchſten bloß deshalb haſſet, weil er einer an-
dern Glaubensmeinung zugethan iſt. Dieſer Haß,
welcher die Quelle der Partheyen und der Unruhen iſt,
kann ohnedem ſchwehrlich bey dem Poͤbel ſtattfinden,
wenn man ihn nicht zugleich in einer gewiſſen Dumm-
heit und Unwiſſenheit erhaͤlt, welche mit der Geſchick-
lichkeit und dem Erfindungsgeiſte, welche die Manu-
facturen und Fabriken erforden, wenig vertraͤglich iſt.

Wenn
C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0061" n="33"/><fw place="top" type="header">mit der Verfa&#x017F;&#x017F;. u. Be&#x017F;chaff. des Staats.</fw><lb/>
nungen des Staats ein Vertrauen, eine Liebe und eine<lb/>
Einigkeit gegen einander geben, die zu der Tha&#x0364;tigkeit<lb/>
der Unterthanen und den guten Fortgang aller Maaß-<lb/>
regeln und An&#x017F;talten &#x017F;ehr viel beytragen. Der Zwie-<lb/>
&#x017F;palt in der Religion und in&#x017F;onderheit die o&#x0364;ffentliche Aus-<lb/>
u&#x0364;bung des Gottesdien&#x017F;tes zweyer Religionspartheyen<lb/>
i&#x017F;t kein Zu&#x017F;tand, den man in einer Stadt, oder in dem<lb/>
ge&#x017F;ammten Staate, wu&#x0364;n&#x017F;chen &#x017F;oll. Wenn es demnach<lb/>
mo&#x0364;glich i&#x017F;t blu&#x0364;hende Manufacturen und Fabriken zu<lb/>
Stande zu bringen, ohne die o&#x0364;ffentliche uneinge&#x017F;chra&#x0364;nk-<lb/>
te Ausu&#x0364;bung eines gegen&#x017F;eitigen Gottesdien&#x017F;tes zuzu-<lb/>
laßen, &#x017F;o wird die&#x017F;es allemal mehr anzurathen &#x017F;eyn,<lb/>
ob ich gleich weit entfernet bin, zu glauben, daß es<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey ein armes Land, das die Reinigkeit des Glau-<lb/>
bens be&#x017F;itzet, als ein reiches, mit vielerley Religions-<lb/>
&#x017F;ecten erfu&#x0364;lltes, Land zu haben; daß es be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey gar<lb/>
keine Manufacturen und Fabriken zu haben, als &#x017F;olche<lb/>
mit Einfu&#x0364;hrung der Ketzereyen zu gru&#x0364;nden. Wenn<lb/>
man aber die o&#x0364;ffentliche Ausu&#x0364;bung des Gottesdien&#x017F;tes<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Religionspartheyen zula&#x0364;ßt: &#x017F;o muß die<lb/>
Regierung allemal die&#x017F;en Enthu&#x017F;iasmus oder die Bi-<lb/>
gotterie in allen Religionen zu ma&#x0364;ßigen wi&#x017F;&#x017F;en, der<lb/>
&#x017F;einen Na&#x0364;ch&#x017F;ten bloß deshalb ha&#x017F;&#x017F;et, weil er einer an-<lb/>
dern Glaubensmeinung zugethan i&#x017F;t. Die&#x017F;er Haß,<lb/>
welcher die Quelle der Partheyen und der Unruhen i&#x017F;t,<lb/>
kann ohnedem &#x017F;chwehrlich bey dem Po&#x0364;bel &#x017F;tattfinden,<lb/>
wenn man ihn nicht zugleich in einer gewi&#x017F;&#x017F;en Dumm-<lb/>
heit und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit erha&#x0364;lt, welche mit der Ge&#x017F;chick-<lb/>
lichkeit und dem Erfindungsgei&#x017F;te, welche die Manu-<lb/>
facturen und Fabriken erforden, wenig vertra&#x0364;glich i&#x017F;t.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C</fw><fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0061] mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats. nungen des Staats ein Vertrauen, eine Liebe und eine Einigkeit gegen einander geben, die zu der Thaͤtigkeit der Unterthanen und den guten Fortgang aller Maaß- regeln und Anſtalten ſehr viel beytragen. Der Zwie- ſpalt in der Religion und inſonderheit die oͤffentliche Aus- uͤbung des Gottesdienſtes zweyer Religionspartheyen iſt kein Zuſtand, den man in einer Stadt, oder in dem geſammten Staate, wuͤnſchen ſoll. Wenn es demnach moͤglich iſt bluͤhende Manufacturen und Fabriken zu Stande zu bringen, ohne die oͤffentliche uneingeſchraͤnk- te Ausuͤbung eines gegenſeitigen Gottesdienſtes zuzu- laßen, ſo wird dieſes allemal mehr anzurathen ſeyn, ob ich gleich weit entfernet bin, zu glauben, daß es beſſer ſey ein armes Land, das die Reinigkeit des Glau- bens beſitzet, als ein reiches, mit vielerley Religions- ſecten erfuͤlltes, Land zu haben; daß es beſſer ſey gar keine Manufacturen und Fabriken zu haben, als ſolche mit Einfuͤhrung der Ketzereyen zu gruͤnden. Wenn man aber die oͤffentliche Ausuͤbung des Gottesdienſtes verſchiedenen Religionspartheyen zulaͤßt: ſo muß die Regierung allemal dieſen Enthuſiasmus oder die Bi- gotterie in allen Religionen zu maͤßigen wiſſen, der ſeinen Naͤchſten bloß deshalb haſſet, weil er einer an- dern Glaubensmeinung zugethan iſt. Dieſer Haß, welcher die Quelle der Partheyen und der Unruhen iſt, kann ohnedem ſchwehrlich bey dem Poͤbel ſtattfinden, wenn man ihn nicht zugleich in einer gewiſſen Dumm- heit und Unwiſſenheit erhaͤlt, welche mit der Geſchick- lichkeit und dem Erfindungsgeiſte, welche die Manu- facturen und Fabriken erforden, wenig vertraͤglich iſt. Wenn C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/61
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/61>, abgerufen am 28.11.2024.