Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt, von der Nothwendigkeit
Dinge eine andere Gestalt und Gebrauch bekommen,
zu denen Manufacturen und Fabriken. Allein in en-
gen Verstande beleget man nur diejenigen Bearbei-
tungen der natürlichen Dinge mit diesen Namen, die
erst in neuern Zeiten bey einer Nation eingeführet
worden, oder die erst bey derselben in Gang gebracht
werden sollen. Wenn die Bearbeitung der natürlichen
Dinge auf so vielerley Arten geschehen kann, die eine
fast unendliche Verschiedenheit ausmachen können; so
siehet man leichte, daß ein arbeitsames und nachdenken-
des Volk tausenderley Erfindungen in dergleichen Be-
arbeitungen der Dinge machen kann, die andre Völker
nicht haben. So bald sich andre Völker einbilden wer-
den, daß diese neuen Erfindungen die Bequemlichkei-
ten des Lebens mehr befördern, es mag diese Einbil-
dung einigen Grund haben, oder nicht; so werden die
reichen und vermögenden Personen unter diesen Völ-
kern ihre natürlichen Güther, oder ihr Geld, anwen-
den, um sich diese wahren oder eingebildeten grössern
Bequemlichkeiten des Lebens zu verschaffen. Dieser
Erfolg ist so natürlich und unfehlbar, daß er nur durch
Aufhebung des Umgangs zwischen zwey Völkern und
durch andere gewaltsame Mittel gehemmet werden
kann: und man muß dannenhero die Furcht, die man
hin und wieder bemerket und davon wir unten mehr
reden werden, daß ein in denen Manufacturen und
Fabriken späther anfangendes Volk es schwehr oder
gar nicht dahin bringen könne, diesen seinen Arbeiten
auswärtigen Absatz zu verschaffen, größtentheils vor
ungegründet halten. Viele Europäische Nationen

befin-

I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeit
Dinge eine andere Geſtalt und Gebrauch bekommen,
zu denen Manufacturen und Fabriken. Allein in en-
gen Verſtande beleget man nur diejenigen Bearbei-
tungen der natuͤrlichen Dinge mit dieſen Namen, die
erſt in neuern Zeiten bey einer Nation eingefuͤhret
worden, oder die erſt bey derſelben in Gang gebracht
werden ſollen. Wenn die Bearbeitung der natuͤrlichen
Dinge auf ſo vielerley Arten geſchehen kann, die eine
faſt unendliche Verſchiedenheit ausmachen koͤnnen; ſo
ſiehet man leichte, daß ein arbeitſames und nachdenken-
des Volk tauſenderley Erfindungen in dergleichen Be-
arbeitungen der Dinge machen kann, die andre Voͤlker
nicht haben. So bald ſich andre Voͤlker einbilden wer-
den, daß dieſe neuen Erfindungen die Bequemlichkei-
ten des Lebens mehr befoͤrdern, es mag dieſe Einbil-
dung einigen Grund haben, oder nicht; ſo werden die
reichen und vermoͤgenden Perſonen unter dieſen Voͤl-
kern ihre natuͤrlichen Guͤther, oder ihr Geld, anwen-
den, um ſich dieſe wahren oder eingebildeten groͤſſern
Bequemlichkeiten des Lebens zu verſchaffen. Dieſer
Erfolg iſt ſo natuͤrlich und unfehlbar, daß er nur durch
Aufhebung des Umgangs zwiſchen zwey Voͤlkern und
durch andere gewaltſame Mittel gehemmet werden
kann: und man muß dannenhero die Furcht, die man
hin und wieder bemerket und davon wir unten mehr
reden werden, daß ein in denen Manufacturen und
Fabriken ſpaͤther anfangendes Volk es ſchwehr oder
gar nicht dahin bringen koͤnne, dieſen ſeinen Arbeiten
auswaͤrtigen Abſatz zu verſchaffen, groͤßtentheils vor
ungegruͤndet halten. Viele Europaͤiſche Nationen

befin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chnitt, von der Nothwendigkeit</fw><lb/>
Dinge eine andere Ge&#x017F;talt und Gebrauch bekommen,<lb/>
zu denen Manufacturen und Fabriken. Allein in en-<lb/>
gen Ver&#x017F;tande beleget man nur diejenigen Bearbei-<lb/>
tungen der natu&#x0364;rlichen Dinge mit die&#x017F;en Namen, die<lb/>
er&#x017F;t in neuern Zeiten bey einer Nation eingefu&#x0364;hret<lb/>
worden, oder die er&#x017F;t bey der&#x017F;elben in Gang gebracht<lb/>
werden &#x017F;ollen. Wenn die Bearbeitung der natu&#x0364;rlichen<lb/>
Dinge auf &#x017F;o vielerley Arten ge&#x017F;chehen kann, die eine<lb/>
fa&#x017F;t unendliche Ver&#x017F;chiedenheit ausmachen ko&#x0364;nnen; &#x017F;o<lb/>
&#x017F;iehet man leichte, daß ein arbeit&#x017F;ames und nachdenken-<lb/>
des Volk tau&#x017F;enderley Erfindungen in dergleichen Be-<lb/>
arbeitungen der Dinge machen kann, die andre Vo&#x0364;lker<lb/>
nicht haben. So bald &#x017F;ich andre Vo&#x0364;lker einbilden wer-<lb/>
den, daß die&#x017F;e neuen Erfindungen die Bequemlichkei-<lb/>
ten des Lebens mehr befo&#x0364;rdern, es mag die&#x017F;e Einbil-<lb/>
dung einigen Grund haben, oder nicht; &#x017F;o werden die<lb/>
reichen und vermo&#x0364;genden Per&#x017F;onen unter die&#x017F;en Vo&#x0364;l-<lb/>
kern ihre natu&#x0364;rlichen Gu&#x0364;ther, oder ihr Geld, anwen-<lb/>
den, um &#x017F;ich die&#x017F;e wahren oder eingebildeten gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
Bequemlichkeiten des Lebens zu ver&#x017F;chaffen. Die&#x017F;er<lb/>
Erfolg i&#x017F;t &#x017F;o natu&#x0364;rlich und unfehlbar, daß er nur durch<lb/>
Aufhebung des Umgangs zwi&#x017F;chen zwey Vo&#x0364;lkern und<lb/>
durch andere gewalt&#x017F;ame Mittel gehemmet werden<lb/>
kann: und man muß dannenhero die Furcht, die man<lb/>
hin und wieder bemerket und davon wir unten mehr<lb/>
reden werden, daß ein in denen Manufacturen und<lb/>
Fabriken &#x017F;pa&#x0364;ther anfangendes Volk es &#x017F;chwehr oder<lb/>
gar nicht dahin bringen ko&#x0364;nne, die&#x017F;en &#x017F;einen Arbeiten<lb/>
auswa&#x0364;rtigen Ab&#x017F;atz zu ver&#x017F;chaffen, gro&#x0364;ßtentheils vor<lb/>
ungegru&#x0364;ndet halten. Viele Europa&#x0364;i&#x017F;che Nationen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">befin-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0032] I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeit Dinge eine andere Geſtalt und Gebrauch bekommen, zu denen Manufacturen und Fabriken. Allein in en- gen Verſtande beleget man nur diejenigen Bearbei- tungen der natuͤrlichen Dinge mit dieſen Namen, die erſt in neuern Zeiten bey einer Nation eingefuͤhret worden, oder die erſt bey derſelben in Gang gebracht werden ſollen. Wenn die Bearbeitung der natuͤrlichen Dinge auf ſo vielerley Arten geſchehen kann, die eine faſt unendliche Verſchiedenheit ausmachen koͤnnen; ſo ſiehet man leichte, daß ein arbeitſames und nachdenken- des Volk tauſenderley Erfindungen in dergleichen Be- arbeitungen der Dinge machen kann, die andre Voͤlker nicht haben. So bald ſich andre Voͤlker einbilden wer- den, daß dieſe neuen Erfindungen die Bequemlichkei- ten des Lebens mehr befoͤrdern, es mag dieſe Einbil- dung einigen Grund haben, oder nicht; ſo werden die reichen und vermoͤgenden Perſonen unter dieſen Voͤl- kern ihre natuͤrlichen Guͤther, oder ihr Geld, anwen- den, um ſich dieſe wahren oder eingebildeten groͤſſern Bequemlichkeiten des Lebens zu verſchaffen. Dieſer Erfolg iſt ſo natuͤrlich und unfehlbar, daß er nur durch Aufhebung des Umgangs zwiſchen zwey Voͤlkern und durch andere gewaltſame Mittel gehemmet werden kann: und man muß dannenhero die Furcht, die man hin und wieder bemerket und davon wir unten mehr reden werden, daß ein in denen Manufacturen und Fabriken ſpaͤther anfangendes Volk es ſchwehr oder gar nicht dahin bringen koͤnne, dieſen ſeinen Arbeiten auswaͤrtigen Abſatz zu verſchaffen, groͤßtentheils vor ungegruͤndet halten. Viele Europaͤiſche Nationen befin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/32
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/32>, abgerufen am 27.11.2024.