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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779.

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Allgemeine

§. 95. Aufmerkende Beobachtung lehret
den ersten Landwirth, daß rieselnde Ueber-
feuchtung des Futterbodens, mehrerer Re-
gen, und endlich auch der fette blühende
Wuchs an dem Orte, wo der Mist eines
Viehes liegt und fault, folglich nächst dem
Wasser auch der Mist das Futter veredle und
vermehre: daher entsteht eben die erste An-
leitung: wie der Futterboden zu Vermeh-
rung und Verbesserung seiner Erzeugun-
gen gewässert, gedüngt und bearbeitet
werden müsse.

§. 96. Vielleicht die Beobachtung, daß
das Vieh durch den Genuß der noch wild-
wachsenden Getreidarten schleunig wuchse,
fett und fleischig wurde; vielleicht noch an-
dere Ursachen leiteten den Menschen zum Ge-
nusse der Melfrüchte: man genoß sie erst roh,
kochte sie mit dem Fleische, und fand sie
schmackhafter: man zerrieb sie, reinigte das
Mehl von den Hülsen, vermischte sie mit Was-
ser, machte allerhand Versuche durch Rösten
und Braten, und fand endlich eine vortref-
liche Nahrung, die bald zu den wesentlichsten
Befriedigungsmitteln werden konnte.

§. 97.
Allgemeine

§. 95. Aufmerkende Beobachtung lehret
den erſten Landwirth, daß rieſelnde Ueber-
feuchtung des Futterbodens, mehrerer Re-
gen, und endlich auch der fette bluͤhende
Wuchs an dem Orte, wo der Miſt eines
Viehes liegt und fault, folglich naͤchſt dem
Waſſer auch der Miſt das Futter veredle und
vermehre: daher entſteht eben die erſte An-
leitung: wie der Futterboden zu Vermeh-
rung und Verbeſſerung ſeiner Erzeugun-
gen gewaͤſſert, geduͤngt und bearbeitet
werden muͤſſe.

§. 96. Vielleicht die Beobachtung, daß
das Vieh durch den Genuß der noch wild-
wachſenden Getreidarten ſchleunig wuchſe,
fett und fleiſchig wurde; vielleicht noch an-
dere Urſachen leiteten den Menſchen zum Ge-
nuſſe der Melfruͤchte: man genoß ſie erſt roh,
kochte ſie mit dem Fleiſche, und fand ſie
ſchmackhafter: man zerrieb ſie, reinigte das
Mehl von den Huͤlſen, vermiſchte ſie mit Waſ-
ſer, machte allerhand Verſuche durch Roͤſten
und Braten, und fand endlich eine vortref-
liche Nahrung, die bald zu den weſentlichſten
Befriedigungsmitteln werden konnte.

§. 97.
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[54/0074] Allgemeine §. 95. Aufmerkende Beobachtung lehret den erſten Landwirth, daß rieſelnde Ueber- feuchtung des Futterbodens, mehrerer Re- gen, und endlich auch der fette bluͤhende Wuchs an dem Orte, wo der Miſt eines Viehes liegt und fault, folglich naͤchſt dem Waſſer auch der Miſt das Futter veredle und vermehre: daher entſteht eben die erſte An- leitung: wie der Futterboden zu Vermeh- rung und Verbeſſerung ſeiner Erzeugun- gen gewaͤſſert, geduͤngt und bearbeitet werden muͤſſe. §. 96. Vielleicht die Beobachtung, daß das Vieh durch den Genuß der noch wild- wachſenden Getreidarten ſchleunig wuchſe, fett und fleiſchig wurde; vielleicht noch an- dere Urſachen leiteten den Menſchen zum Ge- nuſſe der Melfruͤchte: man genoß ſie erſt roh, kochte ſie mit dem Fleiſche, und fand ſie ſchmackhafter: man zerrieb ſie, reinigte das Mehl von den Huͤlſen, vermiſchte ſie mit Waſ- ſer, machte allerhand Verſuche durch Roͤſten und Braten, und fand endlich eine vortref- liche Nahrung, die bald zu den weſentlichſten Befriedigungsmitteln werden konnte. §. 97.

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/74>, abgerufen am 24.11.2024.