§. 450. Der Steueranschlag, oder die Be- stimmung der ordentlichen Steuern auf die Erwerber, kommt in verschiedenen Staaten dem Staatswirthe oder dem Fürsten allein zu, in andern aber müssen die Landstände dabei zu Rathe gezogen werden. Jn beiden Fällen aber ist es ein unumstöslicher Grund- saz: daß die Abgabe des Erwerbers sich verhalten müsse, wie der Genuß, den er vom Staate hat, oder wie das Staats- bedürfniß, welches er verursacht.
§. 451. Weil aber das Verhältniß eines Erwerbers gegen die Staatsbedürfnisse über- aus schwer zu bestimmen ist, so ist auch der Steueranschlag nach obigem Grundsaze schwer auszuführen. Die geschicktesten Staatskun- dige haben sich von je her sehr damit bemüht, um den wahren Maasstab des Steueranschla- ges ausfindig zu machen; aber bis daher ist noch nichts rechtes herausgekommen, worauf man sich verlassen könne.
§. 452. Weil die Landwirthschaft das Hauptgewerb des Staates ist, der Bauer eigentlich im wahren Sinne als Bauer be-
trach-
Allgemeine
§. 450. Der Steueranſchlag, oder die Be- ſtimmung der ordentlichen Steuern auf die Erwerber, kommt in verſchiedenen Staaten dem Staatswirthe oder dem Fuͤrſten allein zu, in andern aber muͤſſen die Landſtaͤnde dabei zu Rathe gezogen werden. Jn beiden Faͤllen aber iſt es ein unumſtoͤslicher Grund- ſaz: daß die Abgabe des Erwerbers ſich verhalten muͤſſe, wie der Genuß, den er vom Staate hat, oder wie das Staats- beduͤrfniß, welches er verurſacht.
§. 451. Weil aber das Verhaͤltniß eines Erwerbers gegen die Staatsbeduͤrfniſſe uͤber- aus ſchwer zu beſtimmen iſt, ſo iſt auch der Steueranſchlag nach obigem Grundſaze ſchwer auszufuͤhren. Die geſchickteſten Staatskun- dige haben ſich von je her ſehr damit bemuͤht, um den wahren Maasſtab des Steueranſchla- ges ausfindig zu machen; aber bis daher iſt noch nichts rechtes herausgekommen, worauf man ſich verlaſſen koͤnne.
§. 452. Weil die Landwirthſchaft das Hauptgewerb des Staates iſt, der Bauer eigentlich im wahren Sinne als Bauer be-
trach-
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Allgemeine
§. 450. Der Steueranſchlag, oder die Be-
ſtimmung der ordentlichen Steuern auf die
Erwerber, kommt in verſchiedenen Staaten
dem Staatswirthe oder dem Fuͤrſten allein
zu, in andern aber muͤſſen die Landſtaͤnde
dabei zu Rathe gezogen werden. Jn beiden
Faͤllen aber iſt es ein unumſtoͤslicher Grund-
ſaz: daß die Abgabe des Erwerbers ſich
verhalten muͤſſe, wie der Genuß, den
er vom Staate hat, oder wie das Staats-
beduͤrfniß, welches er verurſacht.
§. 451. Weil aber das Verhaͤltniß eines
Erwerbers gegen die Staatsbeduͤrfniſſe uͤber-
aus ſchwer zu beſtimmen iſt, ſo iſt auch der
Steueranſchlag nach obigem Grundſaze ſchwer
auszufuͤhren. Die geſchickteſten Staatskun-
dige haben ſich von je her ſehr damit bemuͤht,
um den wahren Maasſtab des Steueranſchla-
ges ausfindig zu machen; aber bis daher iſt
noch nichts rechtes herausgekommen, worauf
man ſich verlaſſen koͤnne.
§. 452. Weil die Landwirthſchaft das
Hauptgewerb des Staates iſt, der Bauer
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/244>, abgerufen am 01.08.2024.
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