allgemeine Glückseligkeit, und der Staats- wirth selbst gewinnt in dem Verhältnisse der Bevölkerung auch eine stärkere Nahrungs- quelle für sich, die er aus dem reinen Ertra- ge errichtet: folglich soll die Polizei dafür sorgen, damit der Staat auf alle nur mögliche Weise mit tüchtigen Erwerbern bevölkert, und diesen Gelegenheit zu hin- länglichem Gewerbe an die Hand gege- ben werde.
§. 409. Obgleich durch die Kirchenzucht der Religionen die Tugenden befördert, und die Laster verhindert werden, so ist dieselbe doch nicht hinlänglich. Da es aber eine er- wiesene Wahrheit ist, daß herrschende Laster im Staate die einzelne und allgemeine Glück- seligkeit auf die wirksamste Weise schwächen, die Tugend und gute Sitten aber dieselbe mächtig befördern, so ist klar: daß die Po- lizei mit allem Fleise Anstallten treffen müsse, wodurch die Laster verhindert und bestraft, die Tugend aber befördert und belohnt werde.
§. 410.
Allgemeine
allgemeine Gluͤckſeligkeit, und der Staats- wirth ſelbſt gewinnt in dem Verhaͤltniſſe der Bevoͤlkerung auch eine ſtaͤrkere Nahrungs- quelle fuͤr ſich, die er aus dem reinen Ertra- ge errichtet: folglich ſoll die Polizei dafuͤr ſorgen, damit der Staat auf alle nur moͤgliche Weiſe mit tuͤchtigen Erwerbern bevoͤlkert, und dieſen Gelegenheit zu hin- laͤnglichem Gewerbe an die Hand gege- ben werde.
§. 409. Obgleich durch die Kirchenzucht der Religionen die Tugenden befoͤrdert, und die Laſter verhindert werden, ſo iſt dieſelbe doch nicht hinlaͤnglich. Da es aber eine er- wieſene Wahrheit iſt, daß herrſchende Laſter im Staate die einzelne und allgemeine Gluͤck- ſeligkeit auf die wirkſamſte Weiſe ſchwaͤchen, die Tugend und gute Sitten aber dieſelbe maͤchtig befoͤrdern, ſo iſt klar: daß die Po- lizei mit allem Fleiſe Anſtallten treffen muͤſſe, wodurch die Laſter verhindert und beſtraft, die Tugend aber befoͤrdert und belohnt werde.
§. 410.
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Allgemeine
allgemeine Gluͤckſeligkeit, und der Staats-
wirth ſelbſt gewinnt in dem Verhaͤltniſſe der
Bevoͤlkerung auch eine ſtaͤrkere Nahrungs-
quelle fuͤr ſich, die er aus dem reinen Ertra-
ge errichtet: folglich ſoll die Polizei dafuͤr
ſorgen, damit der Staat auf alle nur
moͤgliche Weiſe mit tuͤchtigen Erwerbern
bevoͤlkert, und dieſen Gelegenheit zu hin-
laͤnglichem Gewerbe an die Hand gege-
ben werde.
§. 409. Obgleich durch die Kirchenzucht
der Religionen die Tugenden befoͤrdert, und
die Laſter verhindert werden, ſo iſt dieſelbe
doch nicht hinlaͤnglich. Da es aber eine er-
wieſene Wahrheit iſt, daß herrſchende Laſter
im Staate die einzelne und allgemeine Gluͤck-
ſeligkeit auf die wirkſamſte Weiſe ſchwaͤchen,
die Tugend und gute Sitten aber dieſelbe
maͤchtig befoͤrdern, ſo iſt klar: daß die Po-
lizei mit allem Fleiſe Anſtallten treffen
muͤſſe, wodurch die Laſter verhindert
und beſtraft, die Tugend aber befoͤrdert
und belohnt werde.
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/224>, abgerufen am 01.08.2024.
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