den: daß ihr Verstand alle Wahrheiten, die zu ihrer zeitlichen und ewigen Glück- seligkeit nüzlich und nöthig sind, wissen und begreifen möge, und daß ihr Wil- len und Herz geleitet werde, die Schön- heit und Güte dieser Wahrheiten zu em- pfinden, und ihnen mit Lust zu folgen.
§. 402. Ein jeder Mensch, wenigstens der gesittete, hat einen Begrif von der Schul- digkeit, Gott zu dienen, um zeitlich und ewig glückselig zu werden. Das ist: er hat eine Religion. Da aber nun die Religion einen wesentlichen Einfluß in die Handlungen der Menschen hat, und der Begrif von dersel- ben einen grosen Theil der Wirksamkeit des Menschen leitet, so kann der Religionsbe- grif, je nachdem er beschaffen ist, einen Menschen zeitlich und ewig glücklich, oder unglücklich machen. Es gibt wahre und falsche Religionsbegriffe.
§. 403. Wenn ein Mensch einen fal- schen Religionsbegrif hat, so kann ihn die gesezgebende Gewalt nicht zwingen, einen wahren zu haben, indem er einen
fal-
Allgemeine
den: daß ihr Verſtand alle Wahrheiten, die zu ihrer zeitlichen und ewigen Gluͤck- ſeligkeit nuͤzlich und noͤthig ſind, wiſſen und begreifen moͤge, und daß ihr Wil- len und Herz geleitet werde, die Schoͤn- heit und Guͤte dieſer Wahrheiten zu em- pfinden, und ihnen mit Luſt zu folgen.
§. 402. Ein jeder Menſch, wenigſtens der geſittete, hat einen Begrif von der Schul- digkeit, Gott zu dienen, um zeitlich und ewig gluͤckſelig zu werden. Das iſt: er hat eine Religion. Da aber nun die Religion einen weſentlichen Einfluß in die Handlungen der Menſchen hat, und der Begrif von derſel- ben einen groſen Theil der Wirkſamkeit des Menſchen leitet, ſo kann der Religionsbe- grif, je nachdem er beſchaffen iſt, einen Menſchen zeitlich und ewig gluͤcklich, oder ungluͤcklich machen. Es gibt wahre und falſche Religionsbegriffe.
§. 403. Wenn ein Menſch einen fal- ſchen Religionsbegrif hat, ſo kann ihn die geſezgebende Gewalt nicht zwingen, einen wahren zu haben, indem er einen
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Allgemeine
den: daß ihr Verſtand alle Wahrheiten,
die zu ihrer zeitlichen und ewigen Gluͤck-
ſeligkeit nuͤzlich und noͤthig ſind, wiſſen
und begreifen moͤge, und daß ihr Wil-
len und Herz geleitet werde, die Schoͤn-
heit und Guͤte dieſer Wahrheiten zu em-
pfinden, und ihnen mit Luſt zu folgen.
§. 402. Ein jeder Menſch, wenigſtens der
geſittete, hat einen Begrif von der Schul-
digkeit, Gott zu dienen, um zeitlich und ewig
gluͤckſelig zu werden. Das iſt: er hat eine
Religion. Da aber nun die Religion einen
weſentlichen Einfluß in die Handlungen der
Menſchen hat, und der Begrif von derſel-
ben einen groſen Theil der Wirkſamkeit des
Menſchen leitet, ſo kann der Religionsbe-
grif, je nachdem er beſchaffen iſt, einen
Menſchen zeitlich und ewig gluͤcklich, oder
ungluͤcklich machen. Es gibt wahre und
falſche Religionsbegriffe.
§. 403. Wenn ein Menſch einen fal-
ſchen Religionsbegrif hat, ſo kann ihn
die geſezgebende Gewalt nicht zwingen,
einen wahren zu haben, indem er einen
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/220>, abgerufen am 01.08.2024.
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