ten, so entsteht daher eine sonderbare Staats- verfassung. Ein jeder ist Fürst in seinem Thei- le, und Bürger des Staates.
§. 377. Wenn ein jeder Hausvatter Theil an der gesezgebenden Gewalt hat, und also der Staat durch Deputirte regiert wird, so heißt diese Staatsverfassung: Volksherr- schung (Demokratie). Wenn aber verschie- dene Edelleute ihre kleine Staaten zusammen in einen grosen vereinigen, in welchem also die gesezgebende Gewalt blos unter den Edel- leuten ist, so gibt das den Grund zur Feu- dalverfassung, und ist eine Gattung der Edelherrschaft (Aristokratie).
§. 378. Wenn in einem Staate die Edel- leute, ohne eigene Unterthanen zu haben, die Gemeinherrschaft an sich zogen, und also die Gemeine von der gesezgebenden Gewalt ent- weder freiwillig oder gezwungen entledigten, so entstund daher die zweite Hauptgattung der Edelherrschaft.
§. 379. Die mannigfaltigen Vorfallenhei- ten im Staate, je nach seiner vielfältigen in- neren und äuseren Lage, beschäftigten die
Raths-
Staatswiſſenſchaft
ten, ſo entſteht daher eine ſonderbare Staats- verfaſſung. Ein jeder iſt Fuͤrſt in ſeinem Thei- le, und Buͤrger des Staates.
§. 377. Wenn ein jeder Hausvatter Theil an der geſezgebenden Gewalt hat, und alſo der Staat durch Deputirte regiert wird, ſo heißt dieſe Staatsverfaſſung: Volksherr- ſchung (Demokratie). Wenn aber verſchie- dene Edelleute ihre kleine Staaten zuſammen in einen groſen vereinigen, in welchem alſo die geſezgebende Gewalt blos unter den Edel- leuten iſt, ſo gibt das den Grund zur Feu- dalverfaſſung, und iſt eine Gattung der Edelherrſchaft (Ariſtokratie).
§. 378. Wenn in einem Staate die Edel- leute, ohne eigene Unterthanen zu haben, die Gemeinherrſchaft an ſich zogen, und alſo die Gemeine von der geſezgebenden Gewalt ent- weder freiwillig oder gezwungen entledigten, ſo entſtund daher die zweite Hauptgattung der Edelherrſchaft.
§. 379. Die mannigfaltigen Vorfallenhei- ten im Staate, je nach ſeiner vielfaͤltigen in- neren und aͤuſeren Lage, beſchaͤftigten die
Raths-
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Staatswiſſenſchaft
ten, ſo entſteht daher eine ſonderbare Staats-
verfaſſung. Ein jeder iſt Fuͤrſt in ſeinem Thei-
le, und Buͤrger des Staates.
§. 377. Wenn ein jeder Hausvatter Theil
an der geſezgebenden Gewalt hat, und alſo
der Staat durch Deputirte regiert wird, ſo
heißt dieſe Staatsverfaſſung: Volksherr-
ſchung (Demokratie). Wenn aber verſchie-
dene Edelleute ihre kleine Staaten zuſammen
in einen groſen vereinigen, in welchem alſo
die geſezgebende Gewalt blos unter den Edel-
leuten iſt, ſo gibt das den Grund zur Feu-
dalverfaſſung, und iſt eine Gattung der
Edelherrſchaft (Ariſtokratie).
§. 378. Wenn in einem Staate die Edel-
leute, ohne eigene Unterthanen zu haben, die
Gemeinherrſchaft an ſich zogen, und alſo die
Gemeine von der geſezgebenden Gewalt ent-
weder freiwillig oder gezwungen entledigten,
ſo entſtund daher die zweite Hauptgattung
der Edelherrſchaft.
§. 379. Die mannigfaltigen Vorfallenhei-
ten im Staate, je nach ſeiner vielfaͤltigen in-
neren und aͤuſeren Lage, beſchaͤftigten die
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/207>, abgerufen am 16.07.2024.
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