diese Menschen leben, sie wurfen sich einem wohlhabenden Hausvatter hin, er nahm sie an, gegen treue Dienste für ihr Wohl, Gut und Leben zu sorgen. Ein armer Vatter ver- kaufte gar die Seinigen aus Dürftigkeit, viel- leicht auch seine eigene und seines Weibes Person, so entstand leibeigene Knechtschaft, die wahre eigentliche Unterthanen des Haus- vatters.
§. 372. Ein groser empor strebender Geist konnte den Vorzug des ältern Bruders nicht ertragen, er glaubte nicht an die Rechte der Erstgeburt, er wich aus, richtete ein eige- nes Geschlecht auf, wurde Herr und Stamm- vatter desselben.
§. 373. Durch Jrrthum oder durch Ge- walt, oder durch beides zusammen, konn- ten Geschlechtshäupter unter sich in ihr Ei- genthum Eingriff thun. Sie unterredeten sich gütlich darüber, das ewige und jedem Menschen einleuchtende Gesez, der Grund- saz des gesellschaftlichen Lebens, wurde ih- nen Maasstab, sie leiteten eine nähere Be- stimmung daraus her für ihren Fall. Und so
ent-
Allgemeine
dieſe Menſchen leben, ſie wurfen ſich einem wohlhabenden Hausvatter hin, er nahm ſie an, gegen treue Dienſte fuͤr ihr Wohl, Gut und Leben zu ſorgen. Ein armer Vatter ver- kaufte gar die Seinigen aus Duͤrftigkeit, viel- leicht auch ſeine eigene und ſeines Weibes Perſon, ſo entſtand leibeigene Knechtſchaft, die wahre eigentliche Unterthanen des Haus- vatters.
§. 372. Ein groſer empor ſtrebender Geiſt konnte den Vorzug des aͤltern Bruders nicht ertragen, er glaubte nicht an die Rechte der Erſtgeburt, er wich aus, richtete ein eige- nes Geſchlecht auf, wurde Herr und Stamm- vatter desſelben.
§. 373. Durch Jrrthum oder durch Ge- walt, oder durch beides zuſammen, konn- ten Geſchlechtshaͤupter unter ſich in ihr Ei- genthum Eingriff thun. Sie unterredeten ſich guͤtlich daruͤber, das ewige und jedem Menſchen einleuchtende Geſez, der Grund- ſaz des geſellſchaftlichen Lebens, wurde ih- nen Maasſtab, ſie leiteten eine naͤhere Be- ſtimmung daraus her fuͤr ihren Fall. Und ſo
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Allgemeine
dieſe Menſchen leben, ſie wurfen ſich einem
wohlhabenden Hausvatter hin, er nahm ſie
an, gegen treue Dienſte fuͤr ihr Wohl, Gut
und Leben zu ſorgen. Ein armer Vatter ver-
kaufte gar die Seinigen aus Duͤrftigkeit, viel-
leicht auch ſeine eigene und ſeines Weibes
Perſon, ſo entſtand leibeigene Knechtſchaft,
die wahre eigentliche Unterthanen des Haus-
vatters.
§. 372. Ein groſer empor ſtrebender Geiſt
konnte den Vorzug des aͤltern Bruders nicht
ertragen, er glaubte nicht an die Rechte der
Erſtgeburt, er wich aus, richtete ein eige-
nes Geſchlecht auf, wurde Herr und Stamm-
vatter desſelben.
§. 373. Durch Jrrthum oder durch Ge-
walt, oder durch beides zuſammen, konn-
ten Geſchlechtshaͤupter unter ſich in ihr Ei-
genthum Eingriff thun. Sie unterredeten
ſich guͤtlich daruͤber, das ewige und jedem
Menſchen einleuchtende Geſez, der Grund-
ſaz des geſellſchaftlichen Lebens, wurde ih-
nen Maasſtab, ſie leiteten eine naͤhere Be-
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/204>, abgerufen am 08.07.2024.
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