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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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deßfalls ein paarmal geschrieben hatte, so wäre es doch wohl
Schuldigkeit, wenigstens den Versuch zu machen, ob er zur
Aufwartung angenommen würde? Er ging also ins Schloß,
meldete sich, wurde augenblicklich vorgelassen, und mußte den
Abend um fünf Uhr auf ein Stündchen wieder kommen.
Ueber diesen Besuch sage ich kein Wort weiter, als daß er
den entfernten Grund zur endlichen Auflösung des Stillings-
knoten
legte, ohne daß es Stilling damals ahnete.

Donnerstags den 30. April reisten Beide von Karlsruhe
nach Heidelberg; Lisette hatte die ganze Zeit über um
eine glückliche Reise für ihre Eltern gebetet. Des andern
Morgens, Freitags den 1. Mai, reisten sie weiter, Mieg
und Lisette begleiteten sie bis Heppenheim: hier vor
der Thür des Gasthauses sahen sie ihre Lisette in diesem
Leben zum Letztenmal. Mieg ging mit ihr zurück nach
Heidelberg, und Stilling und Elise setzten ihren Weg
fort nach Frankfurt, wo sie des folgenden Tages, Sonn-
tags den 2. Mai gesegnet, glücklich und wohlbehalten ankamen.

Von Frankfurt machten sie nun noch eine Reise ins
Schlangenbad, um den alten ehrwürdigen Burggraf Rull-
mann
und noch einige Arme zu operiren. Dort in der an-
genehmen Einöde hatten sie nun Zeit, die ganze Reise zu
recapiruliren, und nachdem auch hier Alles verrichtet war, so
reisten sie wieder nach Marburg, wo sie den 15. Mai
ankamen, und Alles gesund und wohl antrafen.



Das Erste, was nun Stilling vornahm, war die Abtra-
gung seiner Schulden -- das Hauptkapital, welches ihm zu
Schönenthal gleich nach seiner Zurückkunft von Straß-
burg
, unter der Bürgschaft seines Schwiegervaters war vor-
geschossen worden, das stand noch größtentheils, und die Bürg-
schaft war noch nicht aufgehoben; aber jetzt geschah es auf
Einmal. Jetzt blieb er Niemand, so viel er sich erinnern
konnte, einen Heller mehr schuldig. Er war ehemals deswe-
gen von Heidelberg weggezogen, um vermittelst des großen
Gehalts die Schulden zu tilgen -- das war sein und Sel-

deßfalls ein paarmal geſchrieben hatte, ſo waͤre es doch wohl
Schuldigkeit, wenigſtens den Verſuch zu machen, ob er zur
Aufwartung angenommen wuͤrde? Er ging alſo ins Schloß,
meldete ſich, wurde augenblicklich vorgelaſſen, und mußte den
Abend um fuͤnf Uhr auf ein Stuͤndchen wieder kommen.
Ueber dieſen Beſuch ſage ich kein Wort weiter, als daß er
den entfernten Grund zur endlichen Aufloͤſung des Stillings-
knoten
legte, ohne daß es Stilling damals ahnete.

Donnerſtags den 30. April reisten Beide von Karlsruhe
nach Heidelberg; Liſette hatte die ganze Zeit uͤber um
eine gluͤckliche Reiſe fuͤr ihre Eltern gebetet. Des andern
Morgens, Freitags den 1. Mai, reisten ſie weiter, Mieg
und Liſette begleiteten ſie bis Heppenheim: hier vor
der Thuͤr des Gaſthauſes ſahen ſie ihre Liſette in dieſem
Leben zum Letztenmal. Mieg ging mit ihr zuruͤck nach
Heidelberg, und Stilling und Eliſe ſetzten ihren Weg
fort nach Frankfurt, wo ſie des folgenden Tages, Sonn-
tags den 2. Mai geſegnet, gluͤcklich und wohlbehalten ankamen.

Von Frankfurt machten ſie nun noch eine Reiſe ins
Schlangenbad, um den alten ehrwuͤrdigen Burggraf Rull-
mann
und noch einige Arme zu operiren. Dort in der an-
genehmen Einoͤde hatten ſie nun Zeit, die ganze Reiſe zu
recapiruliren, und nachdem auch hier Alles verrichtet war, ſo
reisten ſie wieder nach Marburg, wo ſie den 15. Mai
ankamen, und Alles geſund und wohl antrafen.



Das Erſte, was nun Stilling vornahm, war die Abtra-
gung ſeiner Schulden — das Hauptkapital, welches ihm zu
Schoͤnenthal gleich nach ſeiner Zuruͤckkunft von Straß-
burg
, unter der Buͤrgſchaft ſeines Schwiegervaters war vor-
geſchoſſen worden, das ſtand noch groͤßtentheils, und die Buͤrg-
ſchaft war noch nicht aufgehoben; aber jetzt geſchah es auf
Einmal. Jetzt blieb er Niemand, ſo viel er ſich erinnern
konnte, einen Heller mehr ſchuldig. Er war ehemals deswe-
gen von Heidelberg weggezogen, um vermittelſt des großen
Gehalts die Schulden zu tilgen — das war ſein und Sel-

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[540/0548] deßfalls ein paarmal geſchrieben hatte, ſo waͤre es doch wohl Schuldigkeit, wenigſtens den Verſuch zu machen, ob er zur Aufwartung angenommen wuͤrde? Er ging alſo ins Schloß, meldete ſich, wurde augenblicklich vorgelaſſen, und mußte den Abend um fuͤnf Uhr auf ein Stuͤndchen wieder kommen. Ueber dieſen Beſuch ſage ich kein Wort weiter, als daß er den entfernten Grund zur endlichen Aufloͤſung des Stillings- knoten legte, ohne daß es Stilling damals ahnete. Donnerſtags den 30. April reisten Beide von Karlsruhe nach Heidelberg; Liſette hatte die ganze Zeit uͤber um eine gluͤckliche Reiſe fuͤr ihre Eltern gebetet. Des andern Morgens, Freitags den 1. Mai, reisten ſie weiter, Mieg und Liſette begleiteten ſie bis Heppenheim: hier vor der Thuͤr des Gaſthauſes ſahen ſie ihre Liſette in dieſem Leben zum Letztenmal. Mieg ging mit ihr zuruͤck nach Heidelberg, und Stilling und Eliſe ſetzten ihren Weg fort nach Frankfurt, wo ſie des folgenden Tages, Sonn- tags den 2. Mai geſegnet, gluͤcklich und wohlbehalten ankamen. Von Frankfurt machten ſie nun noch eine Reiſe ins Schlangenbad, um den alten ehrwuͤrdigen Burggraf Rull- mann und noch einige Arme zu operiren. Dort in der an- genehmen Einoͤde hatten ſie nun Zeit, die ganze Reiſe zu recapiruliren, und nachdem auch hier Alles verrichtet war, ſo reisten ſie wieder nach Marburg, wo ſie den 15. Mai ankamen, und Alles geſund und wohl antrafen. Das Erſte, was nun Stilling vornahm, war die Abtra- gung ſeiner Schulden — das Hauptkapital, welches ihm zu Schoͤnenthal gleich nach ſeiner Zuruͤckkunft von Straß- burg, unter der Buͤrgſchaft ſeines Schwiegervaters war vor- geſchoſſen worden, das ſtand noch groͤßtentheils, und die Buͤrg- ſchaft war noch nicht aufgehoben; aber jetzt geſchah es auf Einmal. Jetzt blieb er Niemand, ſo viel er ſich erinnern konnte, einen Heller mehr ſchuldig. Er war ehemals deswe- gen von Heidelberg weggezogen, um vermittelſt des großen Gehalts die Schulden zu tilgen — das war ſein und Sel-

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/548>, abgerufen am 22.11.2024.