Endlich wurde im Herbst des 1786sten Jahres der selige Leske von Leipzig dahin berufen: er kam auch, that aber auf der Reise einen gefährlichen Fall, so daß er acht Tage nach sei- ner Ankunft in Marburg starb. Nun war wohl mehrmals von Stilling die Rede gewesen, allein es gab wichtige Männer, die seinem Ruf entgegen standen, weil sie glaubten, ein Mann, der so viele Romane geschrieben hätte, sey einem solchen Lehrstuhl schwerlich gewachsen. Allein dem Plan der Vorsehung widersteht kein Mensch. Stilling wurde auf Veranlassung eines Rescripts dem Herrn Landgrafen, im Fe- bruar des 1787sten Jahres, von der Universität Marburg zum öffentlichen ordentlichen Lehrer der Oekonomie-, Finanz- und Kameral-Wissenschaften, mit einem fixen Gehalt von 1200 Thalern schwer Geld, oder 2160 Gulden Reichswährung, und einer ansehnlichen Versorgung für seine Frau, im Fall er ster- ben sollte, förmlich und ordentlich berufen.
Dank sey gesagt -- inniger warmer Dank Wilhelm dem Neunten, dem Fürsten der edlen und braven Hessen. Er erkannte Stillings redliches Herz und seinen Drang, nütz- lich zu werden, und das war der Grund, warum er ihn be- rief. Dieses bezeugte er ihm nachher, als er die Gnade hatte, ihm aufzuwarten; er mußte ihm seine Geschichte erzählen, und der Herr Landgraf war gerührt und vergnügt. Er selbst dankte Gott, daß er ihn zum Werkzeug gebraucht habe, Stillings Glück zu gründen, und er versprach zugleich, ihn immerfort zu unterstützen, und Vatertreue an ihm und seiner Familie zu beweisen.
Diesen Ruf nahm Stilling mit innigstem Dank gegen seinen weisen und himmlischen Führer an, und nun sahe er alle seine Wünsche erfüllt: denn jetzt konnte er ungehindert sein ganzes System ausarbeiten und lehren, und, bei seiner Haushaltung und Lebensart, auch zum Besten seiner Kinder Etwas vor sich bringen, folglich auch diese glücklich machen. Ueberhaupt hatte er damals nur drei Kinder: die Tochter und der Sohn aus der ersten Ehe wuchsen heran; die Toch- ter ließ er auf ein Jahr zu den Verwandten ihrer seligen
Endlich wurde im Herbſt des 1786ſten Jahres der ſelige Leske von Leipzig dahin berufen: er kam auch, that aber auf der Reiſe einen gefaͤhrlichen Fall, ſo daß er acht Tage nach ſei- ner Ankunft in Marburg ſtarb. Nun war wohl mehrmals von Stilling die Rede geweſen, allein es gab wichtige Maͤnner, die ſeinem Ruf entgegen ſtanden, weil ſie glaubten, ein Mann, der ſo viele Romane geſchrieben haͤtte, ſey einem ſolchen Lehrſtuhl ſchwerlich gewachſen. Allein dem Plan der Vorſehung widerſteht kein Menſch. Stilling wurde auf Veranlaſſung eines Reſcripts dem Herrn Landgrafen, im Fe- bruar des 1787ſten Jahres, von der Univerſitaͤt Marburg zum oͤffentlichen ordentlichen Lehrer der Oekonomie-, Finanz- und Kameral-Wiſſenſchaften, mit einem fixen Gehalt von 1200 Thalern ſchwer Geld, oder 2160 Gulden Reichswaͤhrung, und einer anſehnlichen Verſorgung fuͤr ſeine Frau, im Fall er ſter- ben ſollte, foͤrmlich und ordentlich berufen.
Dank ſey geſagt — inniger warmer Dank Wilhelm dem Neunten, dem Fuͤrſten der edlen und braven Heſſen. Er erkannte Stillings redliches Herz und ſeinen Drang, nuͤtz- lich zu werden, und das war der Grund, warum er ihn be- rief. Dieſes bezeugte er ihm nachher, als er die Gnade hatte, ihm aufzuwarten; er mußte ihm ſeine Geſchichte erzaͤhlen, und der Herr Landgraf war geruͤhrt und vergnuͤgt. Er ſelbſt dankte Gott, daß er ihn zum Werkzeug gebraucht habe, Stillings Gluͤck zu gruͤnden, und er verſprach zugleich, ihn immerfort zu unterſtuͤtzen, und Vatertreue an ihm und ſeiner Familie zu beweiſen.
Dieſen Ruf nahm Stilling mit innigſtem Dank gegen ſeinen weiſen und himmliſchen Fuͤhrer an, und nun ſahe er alle ſeine Wuͤnſche erfuͤllt: denn jetzt konnte er ungehindert ſein ganzes Syſtem ausarbeiten und lehren, und, bei ſeiner Haushaltung und Lebensart, auch zum Beſten ſeiner Kinder Etwas vor ſich bringen, folglich auch dieſe gluͤcklich machen. Ueberhaupt hatte er damals nur drei Kinder: die Tochter und der Sohn aus der erſten Ehe wuchſen heran; die Toch- ter ließ er auf ein Jahr zu den Verwandten ihrer ſeligen
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Endlich wurde im Herbſt des 1786ſten Jahres der ſelige Leske
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ner Ankunft in Marburg ſtarb. Nun war wohl mehrmals
von Stilling die Rede geweſen, allein es gab wichtige
Maͤnner, die ſeinem Ruf entgegen ſtanden, weil ſie glaubten,
ein Mann, der ſo viele Romane geſchrieben haͤtte, ſey einem
ſolchen Lehrſtuhl ſchwerlich gewachſen. Allein dem Plan der
Vorſehung widerſteht kein Menſch. Stilling wurde auf
Veranlaſſung eines Reſcripts dem Herrn Landgrafen, im Fe-
bruar des 1787ſten Jahres, von der Univerſitaͤt Marburg
zum oͤffentlichen ordentlichen Lehrer der Oekonomie-, Finanz-
und Kameral-Wiſſenſchaften, mit einem fixen Gehalt von 1200
Thalern ſchwer Geld, oder 2160 Gulden Reichswaͤhrung, und
einer anſehnlichen Verſorgung fuͤr ſeine Frau, im Fall er ſter-
ben ſollte, foͤrmlich und ordentlich berufen.
Dank ſey geſagt — inniger warmer Dank Wilhelm dem
Neunten, dem Fuͤrſten der edlen und braven Heſſen. Er
erkannte Stillings redliches Herz und ſeinen Drang, nuͤtz-
lich zu werden, und das war der Grund, warum er ihn be-
rief. Dieſes bezeugte er ihm nachher, als er die Gnade hatte,
ihm aufzuwarten; er mußte ihm ſeine Geſchichte erzaͤhlen, und
der Herr Landgraf war geruͤhrt und vergnuͤgt. Er ſelbſt dankte
Gott, daß er ihn zum Werkzeug gebraucht habe, Stillings
Gluͤck zu gruͤnden, und er verſprach zugleich, ihn immerfort
zu unterſtuͤtzen, und Vatertreue an ihm und ſeiner Familie zu
beweiſen.
Dieſen Ruf nahm Stilling mit innigſtem Dank gegen
ſeinen weiſen und himmliſchen Fuͤhrer an, und nun ſahe er
alle ſeine Wuͤnſche erfuͤllt: denn jetzt konnte er ungehindert
ſein ganzes Syſtem ausarbeiten und lehren, und, bei ſeiner
Haushaltung und Lebensart, auch zum Beſten ſeiner Kinder
Etwas vor ſich bringen, folglich auch dieſe gluͤcklich machen.
Ueberhaupt hatte er damals nur drei Kinder: die Tochter
und der Sohn aus der erſten Ehe wuchſen heran; die Toch-
ter ließ er auf ein Jahr zu den Verwandten ihrer ſeligen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/432>, abgerufen am 25.11.2024.
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