"Gut!" Dabei spitzte er seinen Mund und sah sehr höh- nisch aus. Als nun Stilling mit auf seinem Zimmer war, sagte er weiter: Herr Professor! es freut uns, einen so wak- kern Mann hieher zu bekommen, wir wünschen nun von Her- zen, daß es Ihnen hier wohl gehen möge.
Tom wandelte unter allerhand Gesichts- und Mienenspielen hin und her, und antwortete:
"Ich wills einmal versuchen."
Eins muß ich Ihnen aber sagen, Sie werden es mir nicht übel nehmen: ich habe zwei schöne Zimmer für 70 Gulden bei Herrn R ... für sie gemiethet, der ehrliche Mann fordert aber ein Quartal der Hausmiethe voraus; da Sie uns al- len nun unbekannt sind, so ist das dem Manne nicht so sehr zu verargen.
"So! -- (er spazierte heftig auf und ab) nun dann gehe "ich wieder nach Mannheim -- ich lasse mir hier weder "von einem Professoren, noch sonst von jemand Grobheiten "machen."
In Gottes Namen! -- wir werden Sie ruhig und zufrie- den wieder ziehen lassen.
"Was? -- warum hat man mich dann hieher gelockt."
Jetzt griff ihn Stilling bei den Armen an, sah ihm hell und ernst lächelnd ins Gesicht, und versetzte: Herr! Sie müs- sen hier den stolzen Britten nicht spielen wollen, darum beküm- mert sich unser Einer, und jeder redliche deutsche Mann nicht das geringste; auf Ihr Anhalten hat man Ihnen erlaubt herzukommen, und es steht platterdings in unserer Gewalt, ob wir Sie wieder zum Thor hinausweisen wollen, oder nicht; jetzt seyen Sie ruhig und beobachten Sie den Respekt, den Sie einem Manne, der Ihr Vorgesetzter ist, schuldig sind, oder ziehen Sie wieder ab, wie es Ihnen gefällt. Doch rathe ich Ihnen: bleiben Sie nun hier, und beobachten Sie die Pflich- ten des rechtschaffenen Mannes, so wird sich Alles geben. Denken Sie, daß Sie hier ein wildfremder Mensch sind, den Niemand kennt, und der folglich auch nicht den geringsten Kre- dit hat: denn Ihren Namen kann so gut ein Schurke haben, als der ehrliche Mann.
„Gut!“ Dabei ſpitzte er ſeinen Mund und ſah ſehr hoͤh- niſch aus. Als nun Stilling mit auf ſeinem Zimmer war, ſagte er weiter: Herr Profeſſor! es freut uns, einen ſo wak- kern Mann hieher zu bekommen, wir wuͤnſchen nun von Her- zen, daß es Ihnen hier wohl gehen moͤge.
Tom wandelte unter allerhand Geſichts- und Mienenſpielen hin und her, und antwortete:
„Ich wills einmal verſuchen.“
Eins muß ich Ihnen aber ſagen, Sie werden es mir nicht uͤbel nehmen: ich habe zwei ſchoͤne Zimmer fuͤr 70 Gulden bei Herrn R … fuͤr ſie gemiethet, der ehrliche Mann fordert aber ein Quartal der Hausmiethe voraus; da Sie uns al- len nun unbekannt ſind, ſo iſt das dem Manne nicht ſo ſehr zu verargen.
„So! — (er ſpazierte heftig auf und ab) nun dann gehe „ich wieder nach Mannheim — ich laſſe mir hier weder „von einem Profeſſoren, noch ſonſt von jemand Grobheiten „machen.“
In Gottes Namen! — wir werden Sie ruhig und zufrie- den wieder ziehen laſſen.
„Was? — warum hat man mich dann hieher gelockt.“
Jetzt griff ihn Stilling bei den Armen an, ſah ihm hell und ernſt laͤchelnd ins Geſicht, und verſetzte: Herr! Sie muͤſ- ſen hier den ſtolzen Britten nicht ſpielen wollen, darum bekuͤm- mert ſich unſer Einer, und jeder redliche deutſche Mann nicht das geringſte; auf Ihr Anhalten hat man Ihnen erlaubt herzukommen, und es ſteht platterdings in unſerer Gewalt, ob wir Sie wieder zum Thor hinausweiſen wollen, oder nicht; jetzt ſeyen Sie ruhig und beobachten Sie den Reſpekt, den Sie einem Manne, der Ihr Vorgeſetzter iſt, ſchuldig ſind, oder ziehen Sie wieder ab, wie es Ihnen gefaͤllt. Doch rathe ich Ihnen: bleiben Sie nun hier, und beobachten Sie die Pflich- ten des rechtſchaffenen Mannes, ſo wird ſich Alles geben. Denken Sie, daß Sie hier ein wildfremder Menſch ſind, den Niemand kennt, und der folglich auch nicht den geringſten Kre- dit hat: denn Ihren Namen kann ſo gut ein Schurke haben, als der ehrliche Mann.
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„Gut!“ Dabei ſpitzte er ſeinen Mund und ſah ſehr hoͤh-
niſch aus. Als nun Stilling mit auf ſeinem Zimmer war,
ſagte er weiter: Herr Profeſſor! es freut uns, einen ſo wak-
kern Mann hieher zu bekommen, wir wuͤnſchen nun von Her-
zen, daß es Ihnen hier wohl gehen moͤge.
Tom wandelte unter allerhand Geſichts- und Mienenſpielen
hin und her, und antwortete:
„Ich wills einmal verſuchen.“
Eins muß ich Ihnen aber ſagen, Sie werden es mir nicht
uͤbel nehmen: ich habe zwei ſchoͤne Zimmer fuͤr 70 Gulden
bei Herrn R … fuͤr ſie gemiethet, der ehrliche Mann fordert
aber ein Quartal der Hausmiethe voraus; da Sie uns al-
len nun unbekannt ſind, ſo iſt das dem Manne nicht ſo ſehr
zu verargen.
„So! — (er ſpazierte heftig auf und ab) nun dann gehe
„ich wieder nach Mannheim — ich laſſe mir hier weder
„von einem Profeſſoren, noch ſonſt von jemand Grobheiten
„machen.“
In Gottes Namen! — wir werden Sie ruhig und zufrie-
den wieder ziehen laſſen.
„Was? — warum hat man mich dann hieher gelockt.“
Jetzt griff ihn Stilling bei den Armen an, ſah ihm hell
und ernſt laͤchelnd ins Geſicht, und verſetzte: Herr! Sie muͤſ-
ſen hier den ſtolzen Britten nicht ſpielen wollen, darum bekuͤm-
mert ſich unſer Einer, und jeder redliche deutſche Mann nicht
das geringſte; auf Ihr Anhalten hat man Ihnen erlaubt
herzukommen, und es ſteht platterdings in unſerer Gewalt, ob
wir Sie wieder zum Thor hinausweiſen wollen, oder nicht;
jetzt ſeyen Sie ruhig und beobachten Sie den Reſpekt, den
Sie einem Manne, der Ihr Vorgeſetzter iſt, ſchuldig ſind, oder
ziehen Sie wieder ab, wie es Ihnen gefaͤllt. Doch rathe ich
Ihnen: bleiben Sie nun hier, und beobachten Sie die Pflich-
ten des rechtſchaffenen Mannes, ſo wird ſich Alles geben.
Denken Sie, daß Sie hier ein wildfremder Menſch ſind, den
Niemand kennt, und der folglich auch nicht den geringſten Kre-
dit hat: denn Ihren Namen kann ſo gut ein Schurke haben,
als der ehrliche Mann.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/386>, abgerufen am 24.11.2024.
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