sollten, und die ihm endlich noch schwerer wurden, als alles, was er bisher ausgestanden hatte.
Die staatswirthschaftliche Gesellschaft, wovon er nun auch ordentliches Mitglied war, wirkte mit unaussprechlichem Se- gen und Fortgang für ihr Vaterland; und die Pfalz kann ihr in Ewigkeit ihre Bemühungen nicht genug verdanken; dieß ist Wahrheit und nicht Kompliment. Sie errichtete die Kameral- schule, legte eine Fabrike an, die sehr blüht und vielen hun- dert Menschen Brod gibt, und von diesem Allem war der Herr Rath Eisenhart das erste und letzte Triebrad, das eigentliche Gewicht an der Uhr. Dann aber hatte sie auch ein Landgut auf dem Dorfe Siegelbach, anderthalb Stun- den von Rittersburg gekauft, wo sie allerhand neue land- wirthschaftliche Versuche machen und den Bauern mit guten Beispielen vorgehen wollten; dieß Gut war bisher von Ver- waltern betrieben worden, aber Alles schlug fehl, nichts wollte gerathen, denn alle Umstände waren dem Glück entgegen. Als nun Stilling nach Rittersburg kam, so wurde ihm, als Lehrer der Landwirthschaft, die Verwaltung übergeben; er nahm dieses Nebenamt an, denn er glaubte, der Sache völlig gewachsen zu seyn. Der Verwalter wurde also abgeschafft, und Stillingen die ganze Sache übertragen; dieß geschah alsofort bei dem Antritt seines Lehramts.
Als er nun nach Siegelbach kam, und Alles genau untersuchte, so fand er einen großen schönen, mit Quaderstei- nen gepflasterten Viehstall, ganz nach der neuen Art einge- richtet; in demselben zwanzig magere Gerippe von Schwei- zerkühen, welche alle zusammen täglich drei Schoppen Milch gaben, das wahre Bild von Pharaons sieben mageren Kühen; dann standen da zwei Arbeitspferde mit zwei Füllen, und draußen, in besondern Stallungen, eine ziemliche Heerde Schweine, und ungeachtet es erst November war, so war doch schon alles Heu lang verfüttert, und an Stroh zum Streuen war gar nicht zu denken. Es fehlte also in der Haus- haltung an Milch und Butter, und Futter für so viele große Mäuler, Schlünde und Mägen. Das schlug nun dem guten Professor gewaltig aufs Herz, er wandte sich geraden Weges
ſollten, und die ihm endlich noch ſchwerer wurden, als alles, was er bisher ausgeſtanden hatte.
Die ſtaatswirthſchaftliche Geſellſchaft, wovon er nun auch ordentliches Mitglied war, wirkte mit unausſprechlichem Se- gen und Fortgang fuͤr ihr Vaterland; und die Pfalz kann ihr in Ewigkeit ihre Bemuͤhungen nicht genug verdanken; dieß iſt Wahrheit und nicht Kompliment. Sie errichtete die Kameral- ſchule, legte eine Fabrike an, die ſehr bluͤht und vielen hun- dert Menſchen Brod gibt, und von dieſem Allem war der Herr Rath Eiſenhart das erſte und letzte Triebrad, das eigentliche Gewicht an der Uhr. Dann aber hatte ſie auch ein Landgut auf dem Dorfe Siegelbach, anderthalb Stun- den von Rittersburg gekauft, wo ſie allerhand neue land- wirthſchaftliche Verſuche machen und den Bauern mit guten Beiſpielen vorgehen wollten; dieß Gut war bisher von Ver- waltern betrieben worden, aber Alles ſchlug fehl, nichts wollte gerathen, denn alle Umſtaͤnde waren dem Gluͤck entgegen. Als nun Stilling nach Rittersburg kam, ſo wurde ihm, als Lehrer der Landwirthſchaft, die Verwaltung uͤbergeben; er nahm dieſes Nebenamt an, denn er glaubte, der Sache voͤllig gewachſen zu ſeyn. Der Verwalter wurde alſo abgeſchafft, und Stillingen die ganze Sache uͤbertragen; dieß geſchah alſofort bei dem Antritt ſeines Lehramts.
Als er nun nach Siegelbach kam, und Alles genau unterſuchte, ſo fand er einen großen ſchoͤnen, mit Quaderſtei- nen gepflaſterten Viehſtall, ganz nach der neuen Art einge- richtet; in demſelben zwanzig magere Gerippe von Schwei- zerkuͤhen, welche alle zuſammen taͤglich drei Schoppen Milch gaben, das wahre Bild von Pharaons ſieben mageren Kuͤhen; dann ſtanden da zwei Arbeitspferde mit zwei Fuͤllen, und draußen, in beſondern Stallungen, eine ziemliche Heerde Schweine, und ungeachtet es erſt November war, ſo war doch ſchon alles Heu lang verfuͤttert, und an Stroh zum Streuen war gar nicht zu denken. Es fehlte alſo in der Haus- haltung an Milch und Butter, und Futter fuͤr ſo viele große Maͤuler, Schluͤnde und Maͤgen. Das ſchlug nun dem guten Profeſſor gewaltig aufs Herz, er wandte ſich geraden Weges
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ſollten, und die ihm endlich noch ſchwerer wurden, als alles,
was er bisher ausgeſtanden hatte.
Die ſtaatswirthſchaftliche Geſellſchaft, wovon er nun auch
ordentliches Mitglied war, wirkte mit unausſprechlichem Se-
gen und Fortgang fuͤr ihr Vaterland; und die Pfalz kann
ihr in Ewigkeit ihre Bemuͤhungen nicht genug verdanken; dieß
iſt Wahrheit und nicht Kompliment. Sie errichtete die Kameral-
ſchule, legte eine Fabrike an, die ſehr bluͤht und vielen hun-
dert Menſchen Brod gibt, und von dieſem Allem war der
Herr Rath Eiſenhart das erſte und letzte Triebrad, das
eigentliche Gewicht an der Uhr. Dann aber hatte ſie auch
ein Landgut auf dem Dorfe Siegelbach, anderthalb Stun-
den von Rittersburg gekauft, wo ſie allerhand neue land-
wirthſchaftliche Verſuche machen und den Bauern mit guten
Beiſpielen vorgehen wollten; dieß Gut war bisher von Ver-
waltern betrieben worden, aber Alles ſchlug fehl, nichts wollte
gerathen, denn alle Umſtaͤnde waren dem Gluͤck entgegen. Als
nun Stilling nach Rittersburg kam, ſo wurde ihm,
als Lehrer der Landwirthſchaft, die Verwaltung uͤbergeben; er
nahm dieſes Nebenamt an, denn er glaubte, der Sache voͤllig
gewachſen zu ſeyn. Der Verwalter wurde alſo abgeſchafft,
und Stillingen die ganze Sache uͤbertragen; dieß geſchah
alſofort bei dem Antritt ſeines Lehramts.
Als er nun nach Siegelbach kam, und Alles genau
unterſuchte, ſo fand er einen großen ſchoͤnen, mit Quaderſtei-
nen gepflaſterten Viehſtall, ganz nach der neuen Art einge-
richtet; in demſelben zwanzig magere Gerippe von Schwei-
zerkuͤhen, welche alle zuſammen taͤglich drei Schoppen Milch
gaben, das wahre Bild von Pharaons ſieben mageren Kuͤhen;
dann ſtanden da zwei Arbeitspferde mit zwei Fuͤllen, und
draußen, in beſondern Stallungen, eine ziemliche Heerde
Schweine, und ungeachtet es erſt November war, ſo war
doch ſchon alles Heu lang verfuͤttert, und an Stroh zum
Streuen war gar nicht zu denken. Es fehlte alſo in der Haus-
haltung an Milch und Butter, und Futter fuͤr ſo viele große
Maͤuler, Schluͤnde und Maͤgen. Das ſchlug nun dem guten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/380>, abgerufen am 28.11.2024.
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