selbst ans Schöpfen, und er hatte, nebst seinem Gefährten, genug zu thun, den Nachen leer zu halten. Indessen ward's dunkel, sie näherten sich den Gebirgen, es erhub sich ein Wind, und es stieg ein schwarzes Gewitter auf. Der Knabe fing im Nachen an zu zagen, und Stilling gerieth in eine tiefe Schwermuth, welche noch vergrößert wurde, als er merkte, wie die Schiffer durch eine Zeichensprache zusammen redeten, so daß sie gewiß etwas Böses im Sinn hatten.
Nun ward es völlig Nacht, das Gewitter rückte heran, es stürmte und blitzte, so daß der Nachen auf und abschwankte, und der Untergang alle Augenblick gewisser wurde. Stilling kehrte sich innerlich zu Gott, und bat herzlich, daß er ihn doch erhalten möchte, besonders wenn seine Christine noch länger leben sollte, damit sie nicht durch eine Schreckens-Post von seinem unglücklichen Tod ihre Seele in Kummer aushauchen möchte. Sollte sie aber zu ihrer Ruhe schon übergegangen seyn, so gab er sich mit Freuden an Gottes Willen über. In- dem er so dachte, sah er auf, und nah vor sich einen Mastbaum von einer Jagd, er rief mit starker Stimme um Hülfe; in dem Augenblick war ein Schiffmann mit einer Leuchte und und langen Hacken auf dem Verdeck. Seine Schiffleute ru- derten mit aller Macht abwärts, allein es gelang ihnen nicht, denn weil sie nahe am Ufer hinfuhren, so trieb sie Wind und Strom auf die Jagd an, und ehe sie's vermutheten, war der Hacken im Nachen, und der Nachen am Schiff. Stilling und sein Gefährte waren mit ihren Felleisen auf dem Verdeck, ehe sichs die Bösewichter von Schiffern versahen. Der Schiff- mann leuchtete hin, und fing an: Ha, ha! seyd ihr die T ... Kerls, die vor einigen Wochen die zwei Reisenden da unten vertränkt haben? wartet, laßt mich wieder nach Mainz kom- men! -- Stilling warf ihnen ihren vollen Lohn herab ins Nächelchen, und ließ sie laufen. Wie froh war er aber, und wie dankte er Gott, als er dieser Gefahr entronnen war. Nun gingen sie unten in die Cajüte. Die Schiffer waren von Cob- lenz, und brave Leute. Sie aßen alle zusammen, und nun legten sich beide Reisende ins Gepäcke, das daselbst war, und schliefen ruhig, bis wieder der Tag anbrach. Nun befanden
ſelbſt ans Schoͤpfen, und er hatte, nebſt ſeinem Gefaͤhrten, genug zu thun, den Nachen leer zu halten. Indeſſen ward’s dunkel, ſie naͤherten ſich den Gebirgen, es erhub ſich ein Wind, und es ſtieg ein ſchwarzes Gewitter auf. Der Knabe fing im Nachen an zu zagen, und Stilling gerieth in eine tiefe Schwermuth, welche noch vergroͤßert wurde, als er merkte, wie die Schiffer durch eine Zeichenſprache zuſammen redeten, ſo daß ſie gewiß etwas Boͤſes im Sinn hatten.
Nun ward es voͤllig Nacht, das Gewitter ruͤckte heran, es ſtuͤrmte und blitzte, ſo daß der Nachen auf und abſchwankte, und der Untergang alle Augenblick gewiſſer wurde. Stilling kehrte ſich innerlich zu Gott, und bat herzlich, daß er ihn doch erhalten moͤchte, beſonders wenn ſeine Chriſtine noch laͤnger leben ſollte, damit ſie nicht durch eine Schreckens-Poſt von ſeinem ungluͤcklichen Tod ihre Seele in Kummer aushauchen moͤchte. Sollte ſie aber zu ihrer Ruhe ſchon uͤbergegangen ſeyn, ſo gab er ſich mit Freuden an Gottes Willen uͤber. In- dem er ſo dachte, ſah er auf, und nah vor ſich einen Maſtbaum von einer Jagd, er rief mit ſtarker Stimme um Huͤlfe; in dem Augenblick war ein Schiffmann mit einer Leuchte und und langen Hacken auf dem Verdeck. Seine Schiffleute ru- derten mit aller Macht abwaͤrts, allein es gelang ihnen nicht, denn weil ſie nahe am Ufer hinfuhren, ſo trieb ſie Wind und Strom auf die Jagd an, und ehe ſie’s vermutheten, war der Hacken im Nachen, und der Nachen am Schiff. Stilling und ſein Gefaͤhrte waren mit ihren Felleiſen auf dem Verdeck, ehe ſichs die Boͤſewichter von Schiffern verſahen. Der Schiff- mann leuchtete hin, und fing an: Ha, ha! ſeyd ihr die T … Kerls, die vor einigen Wochen die zwei Reiſenden da unten vertraͤnkt haben? wartet, laßt mich wieder nach Mainz kom- men! — Stilling warf ihnen ihren vollen Lohn herab ins Naͤchelchen, und ließ ſie laufen. Wie froh war er aber, und wie dankte er Gott, als er dieſer Gefahr entronnen war. Nun gingen ſie unten in die Cajuͤte. Die Schiffer waren von Cob- lenz, und brave Leute. Sie aßen alle zuſammen, und nun legten ſich beide Reiſende ins Gepaͤcke, das daſelbſt war, und ſchliefen ruhig, bis wieder der Tag anbrach. Nun befanden
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ſelbſt ans Schoͤpfen, und er hatte, nebſt ſeinem Gefaͤhrten,
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dunkel, ſie naͤherten ſich den Gebirgen, es erhub ſich ein Wind,
und es ſtieg ein ſchwarzes Gewitter auf. Der Knabe fing
im Nachen an zu zagen, und Stilling gerieth in eine tiefe
Schwermuth, welche noch vergroͤßert wurde, als er merkte, wie
die Schiffer durch eine Zeichenſprache zuſammen redeten, ſo
daß ſie gewiß etwas Boͤſes im Sinn hatten.
Nun ward es voͤllig Nacht, das Gewitter ruͤckte heran, es
ſtuͤrmte und blitzte, ſo daß der Nachen auf und abſchwankte,
und der Untergang alle Augenblick gewiſſer wurde. Stilling
kehrte ſich innerlich zu Gott, und bat herzlich, daß er ihn doch
erhalten moͤchte, beſonders wenn ſeine Chriſtine noch laͤnger
leben ſollte, damit ſie nicht durch eine Schreckens-Poſt von
ſeinem ungluͤcklichen Tod ihre Seele in Kummer aushauchen
moͤchte. Sollte ſie aber zu ihrer Ruhe ſchon uͤbergegangen
ſeyn, ſo gab er ſich mit Freuden an Gottes Willen uͤber. In-
dem er ſo dachte, ſah er auf, und nah vor ſich einen Maſtbaum
von einer Jagd, er rief mit ſtarker Stimme um Huͤlfe; in
dem Augenblick war ein Schiffmann mit einer Leuchte und
und langen Hacken auf dem Verdeck. Seine Schiffleute ru-
derten mit aller Macht abwaͤrts, allein es gelang ihnen nicht,
denn weil ſie nahe am Ufer hinfuhren, ſo trieb ſie Wind und
Strom auf die Jagd an, und ehe ſie’s vermutheten, war der
Hacken im Nachen, und der Nachen am Schiff. Stilling
und ſein Gefaͤhrte waren mit ihren Felleiſen auf dem Verdeck,
ehe ſichs die Boͤſewichter von Schiffern verſahen. Der Schiff-
mann leuchtete hin, und fing an: Ha, ha! ſeyd ihr die T …
Kerls, die vor einigen Wochen die zwei Reiſenden da unten
vertraͤnkt haben? wartet, laßt mich wieder nach Mainz kom-
men! — Stilling warf ihnen ihren vollen Lohn herab ins
Naͤchelchen, und ließ ſie laufen. Wie froh war er aber, und
wie dankte er Gott, als er dieſer Gefahr entronnen war. Nun
gingen ſie unten in die Cajuͤte. Die Schiffer waren von Cob-
lenz, und brave Leute. Sie aßen alle zuſammen, und nun
legten ſich beide Reiſende ins Gepaͤcke, das daſelbſt war, und
ſchliefen ruhig, bis wieder der Tag anbrach. Nun befanden
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/290>, abgerufen am 22.11.2024.
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