ohngefähr 15 Jahre alt, bei Stilling ein, und fragte: ob es nicht erlaubt wäre, in seiner Gesellschaft mit nach Cölln zu reisen? Stilling war's zufrieden, und da er dem Schif- fer noch zwei Gulden versprach, so war's der auch zufrieden.
Die beiden Reisenden traten also in einen kleinen dreiborti- gen Nachen. Stillingen gefiel das schon gleich Anfangs nicht, er äusserte seine Besorgniß, die beiden Schiffer aber lachten ihn aus. Nun fuhren sie fort. Das Wasser ging bis auf ein paar Finger breit an Bord, und wenn Stilling, der etwas lang war, nun ein wenig wankte, so glaubte er umzu- schlagen, und alsdann ging das Wasser gänzlich an Bord.
Dieses Fuhrwerk war ihm fürchterlich, und er wünschte herzlich auf dem Trockenen zu seyn, indessen ließ er sich doch, um sich die Zeit zu kürzen, mit seinem kleinen Reisegefährten in ein Gespräch ein. Da hörte er nun mit Erstaunen, daß dieser Knabe, der ein Sohn einer reichen Wittwe in H ... war, so wie er da bei ihm saß, ganz allein nach dem Vor- gebirge der guten Hoffnung reisen wollte, um daselbst seinen Bruder zu besuchen. Stilling verwunderte sich aus der Massen, und fragte ihn: ob seine Frau Mutter in seine Reise eingewilliget habe? Keineswegs! antwortete der Knabe: ich bin heimlich fortgegangen, sie ließ mich in Mainz arretiren, aber ich hielt so lange an, bis sie mir erlaubte zu reisen, und mir einen Wechsel von eilf hundert Gulden schickte. Ich habe einen Oheim in Rotterdam, an den bin ich addressirt, der soll mir ferner forthelfen. Stilling beunruhigte sich nun wegen des jungen Menschen, denn er zweifelte nicht, daß die- ser Oheim geheime Ordre haben würde, ihn mit Gewalt bei sich zu halten.
Während diesen Gesprächen fühlte Stilling Kälte an sei- nen Füßen; er sahe zu und fand, daß das Wasser in den Na- chen drang, und daß der Schiffer, der hinter ihm saß, wacker schöpfte. Nun wurde ihm aber im Ernst bang, und er be- gehrte ausdrücklich, man sollte ihn an der Binger Seite an's Land setzen, er wollte gern den accordirten Lohn völlig geben, und bis Bingen zu Fuße gehen, allein die Schiffer wollten gar nicht, sondern ruderten nur fort. Stilling gab sich also
ohngefaͤhr 15 Jahre alt, bei Stilling ein, und fragte: ob es nicht erlaubt waͤre, in ſeiner Geſellſchaft mit nach Coͤlln zu reiſen? Stilling war’s zufrieden, und da er dem Schif- fer noch zwei Gulden verſprach, ſo war’s der auch zufrieden.
Die beiden Reiſenden traten alſo in einen kleinen dreiborti- gen Nachen. Stillingen gefiel das ſchon gleich Anfangs nicht, er aͤuſſerte ſeine Beſorgniß, die beiden Schiffer aber lachten ihn aus. Nun fuhren ſie fort. Das Waſſer ging bis auf ein paar Finger breit an Bord, und wenn Stilling, der etwas lang war, nun ein wenig wankte, ſo glaubte er umzu- ſchlagen, und alsdann ging das Waſſer gaͤnzlich an Bord.
Dieſes Fuhrwerk war ihm fuͤrchterlich, und er wuͤnſchte herzlich auf dem Trockenen zu ſeyn, indeſſen ließ er ſich doch, um ſich die Zeit zu kuͤrzen, mit ſeinem kleinen Reiſegefaͤhrten in ein Geſpraͤch ein. Da hoͤrte er nun mit Erſtaunen, daß dieſer Knabe, der ein Sohn einer reichen Wittwe in H … war, ſo wie er da bei ihm ſaß, ganz allein nach dem Vor- gebirge der guten Hoffnung reiſen wollte, um daſelbſt ſeinen Bruder zu beſuchen. Stilling verwunderte ſich aus der Maſſen, und fragte ihn: ob ſeine Frau Mutter in ſeine Reiſe eingewilliget habe? Keineswegs! antwortete der Knabe: ich bin heimlich fortgegangen, ſie ließ mich in Mainz arretiren, aber ich hielt ſo lange an, bis ſie mir erlaubte zu reiſen, und mir einen Wechſel von eilf hundert Gulden ſchickte. Ich habe einen Oheim in Rotterdam, an den bin ich addreſſirt, der ſoll mir ferner forthelfen. Stilling beunruhigte ſich nun wegen des jungen Menſchen, denn er zweifelte nicht, daß die- ſer Oheim geheime Ordre haben wuͤrde, ihn mit Gewalt bei ſich zu halten.
Waͤhrend dieſen Geſpraͤchen fuͤhlte Stilling Kaͤlte an ſei- nen Fuͤßen; er ſahe zu und fand, daß das Waſſer in den Na- chen drang, und daß der Schiffer, der hinter ihm ſaß, wacker ſchoͤpfte. Nun wurde ihm aber im Ernſt bang, und er be- gehrte ausdruͤcklich, man ſollte ihn an der Binger Seite an’s Land ſetzen, er wollte gern den accordirten Lohn voͤllig geben, und bis Bingen zu Fuße gehen, allein die Schiffer wollten gar nicht, ſondern ruderten nur fort. Stilling gab ſich alſo
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ohngefaͤhr 15 Jahre alt, bei Stilling ein, und fragte: ob
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zu reiſen? Stilling war’s zufrieden, und da er dem Schif-
fer noch zwei Gulden verſprach, ſo war’s der auch zufrieden.
Die beiden Reiſenden traten alſo in einen kleinen dreiborti-
gen Nachen. Stillingen gefiel das ſchon gleich Anfangs nicht,
er aͤuſſerte ſeine Beſorgniß, die beiden Schiffer aber lachten
ihn aus. Nun fuhren ſie fort. Das Waſſer ging bis auf
ein paar Finger breit an Bord, und wenn Stilling, der
etwas lang war, nun ein wenig wankte, ſo glaubte er umzu-
ſchlagen, und alsdann ging das Waſſer gaͤnzlich an Bord.
Dieſes Fuhrwerk war ihm fuͤrchterlich, und er wuͤnſchte
herzlich auf dem Trockenen zu ſeyn, indeſſen ließ er ſich doch,
um ſich die Zeit zu kuͤrzen, mit ſeinem kleinen Reiſegefaͤhrten
in ein Geſpraͤch ein. Da hoͤrte er nun mit Erſtaunen, daß
dieſer Knabe, der ein Sohn einer reichen Wittwe in H …
war, ſo wie er da bei ihm ſaß, ganz allein nach dem Vor-
gebirge der guten Hoffnung reiſen wollte, um daſelbſt ſeinen
Bruder zu beſuchen. Stilling verwunderte ſich aus der
Maſſen, und fragte ihn: ob ſeine Frau Mutter in ſeine Reiſe
eingewilliget habe? Keineswegs! antwortete der Knabe: ich
bin heimlich fortgegangen, ſie ließ mich in Mainz arretiren,
aber ich hielt ſo lange an, bis ſie mir erlaubte zu reiſen, und
mir einen Wechſel von eilf hundert Gulden ſchickte. Ich habe
einen Oheim in Rotterdam, an den bin ich addreſſirt, der
ſoll mir ferner forthelfen. Stilling beunruhigte ſich nun
wegen des jungen Menſchen, denn er zweifelte nicht, daß die-
ſer Oheim geheime Ordre haben wuͤrde, ihn mit Gewalt bei
ſich zu halten.
Waͤhrend dieſen Geſpraͤchen fuͤhlte Stilling Kaͤlte an ſei-
nen Fuͤßen; er ſahe zu und fand, daß das Waſſer in den Na-
chen drang, und daß der Schiffer, der hinter ihm ſaß, wacker
ſchoͤpfte. Nun wurde ihm aber im Ernſt bang, und er be-
gehrte ausdruͤcklich, man ſollte ihn an der Binger Seite an’s
Land ſetzen, er wollte gern den accordirten Lohn voͤllig geben,
und bis Bingen zu Fuße gehen, allein die Schiffer wollten
gar nicht, ſondern ruderten nur fort. Stilling gab ſich alſo
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/289>, abgerufen am 22.11.2024.
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