A. Der Proceß. Die Vertheidigung im alten Proceß. §. 52.
mehr gegen sich hatte, als die der Klage. Erst durch die Form der Klage hindurch arbeiteten sie sich zu der der Exception hinauf -- ein Punkt, auf den ich am Schluß des Paragraphen zurück- kommen werde.
Die folgende Darstellung beschränkt sich nicht auf die älteste Form des römischen Processes. Es ist nicht blos die Dürftigkeit unserer Kenntniß über den Legisactionenproceß, die uns zwingt, unsern Blick auf den Formular-Proceß zu erweitern, sondern es ist die Gleichheit des hier zur Betrachtung stehenden, sie beide gleichmäßig beherrschenden Grundgedankens. Beide sind gebaut auf den Grundsatz der Einen Frage, aber während der eine, soviel wir wissen, denselben nie verläugnet hat, und auch der an- dere in der ersten Periode seines Bestehens an diesem seinem Fundament sicherlich nicht gerüttelt hat, weist er in einer spätern Phase seiner Entwicklung zwei Bildungen auf, die eine entschie- dene Abweichung von jenem Grundsatz enthalten. Beide sind prätorischen Ursprungs, die eine eine eigenthümliche Form der Klage: die actio in factum, die andere die exceptio. Bei der ersten war die Abweichung keine nothwendige und durchgehende, sie konnte unter Umständen auf einen Fragepunkt gestellt werden, aber regelmäßig enthielt sie zwei; bei der andern da- gegen war diese Abweichung durch ihre Form selbst mit Nothwen- digkeit gegeben, sie fügte stets zu der im Interesse des Klägers gestellten Frage eine zweite im Interesse des Beklagten hinzu.
Nach dem Zweck unserer Aufgabe, welcher auf die Schilde- rung des ursprünglichen Grundbaus des römischen Processes gerichtet ist, scheiden wir daher diese beiden Bildungen von dem Kreis unserer Betrachtung aus, soweit sie nicht etwa dazu dienen können, durch ihren Gegensatz das Verständniß zu fördern.
Wir verfolgen jetzt die Vertheidigung in den beiden oben an- gegebenen Richtungen und zwar zuerst in der defensiven Richtung. Hier nimmt sie den Charakter einer Negation der Klage an.
A. Der Proceß. Die Vertheidigung im alten Proceß. §. 52.
mehr gegen ſich hatte, als die der Klage. Erſt durch die Form der Klage hindurch arbeiteten ſie ſich zu der der Exception hinauf — ein Punkt, auf den ich am Schluß des Paragraphen zurück- kommen werde.
Die folgende Darſtellung beſchränkt ſich nicht auf die älteſte Form des römiſchen Proceſſes. Es iſt nicht blos die Dürftigkeit unſerer Kenntniß über den Legisactionenproceß, die uns zwingt, unſern Blick auf den Formular-Proceß zu erweitern, ſondern es iſt die Gleichheit des hier zur Betrachtung ſtehenden, ſie beide gleichmäßig beherrſchenden Grundgedankens. Beide ſind gebaut auf den Grundſatz der Einen Frage, aber während der eine, ſoviel wir wiſſen, denſelben nie verläugnet hat, und auch der an- dere in der erſten Periode ſeines Beſtehens an dieſem ſeinem Fundament ſicherlich nicht gerüttelt hat, weiſt er in einer ſpätern Phaſe ſeiner Entwicklung zwei Bildungen auf, die eine entſchie- dene Abweichung von jenem Grundſatz enthalten. Beide ſind prätoriſchen Urſprungs, die eine eine eigenthümliche Form der Klage: die actio in factum, die andere die exceptio. Bei der erſten war die Abweichung keine nothwendige und durchgehende, ſie konnte unter Umſtänden auf einen Fragepunkt geſtellt werden, aber regelmäßig enthielt ſie zwei; bei der andern da- gegen war dieſe Abweichung durch ihre Form ſelbſt mit Nothwen- digkeit gegeben, ſie fügte ſtets zu der im Intereſſe des Klägers geſtellten Frage eine zweite im Intereſſe des Beklagten hinzu.
Nach dem Zweck unſerer Aufgabe, welcher auf die Schilde- rung des urſprünglichen Grundbaus des römiſchen Proceſſes gerichtet iſt, ſcheiden wir daher dieſe beiden Bildungen von dem Kreis unſerer Betrachtung aus, ſoweit ſie nicht etwa dazu dienen können, durch ihren Gegenſatz das Verſtändniß zu fördern.
Wir verfolgen jetzt die Vertheidigung in den beiden oben an- gegebenen Richtungen und zwar zuerſt in der defenſiven Richtung. Hier nimmt ſie den Charakter einer Negation der Klage an.
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A. Der Proceß. Die Vertheidigung im alten Proceß. §. 52.
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der Klage hindurch arbeiteten ſie ſich zu der der Exception hinauf
— ein Punkt, auf den ich am Schluß des Paragraphen zurück-
kommen werde.
Die folgende Darſtellung beſchränkt ſich nicht auf die älteſte
Form des römiſchen Proceſſes. Es iſt nicht blos die Dürftigkeit
unſerer Kenntniß über den Legisactionenproceß, die uns zwingt,
unſern Blick auf den Formular-Proceß zu erweitern, ſondern es
iſt die Gleichheit des hier zur Betrachtung ſtehenden, ſie beide
gleichmäßig beherrſchenden Grundgedankens. Beide ſind gebaut
auf den Grundſatz der Einen Frage, aber während der eine,
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dere in der erſten Periode ſeines Beſtehens an dieſem ſeinem
Fundament ſicherlich nicht gerüttelt hat, weiſt er in einer ſpätern
Phaſe ſeiner Entwicklung zwei Bildungen auf, die eine entſchie-
dene Abweichung von jenem Grundſatz enthalten. Beide ſind
prätoriſchen Urſprungs, die eine eine eigenthümliche Form der
Klage: die actio in factum, die andere die exceptio. Bei der
erſten war die Abweichung keine nothwendige und durchgehende,
ſie konnte unter Umſtänden auf einen Fragepunkt geſtellt
werden, aber regelmäßig enthielt ſie zwei; bei der andern da-
gegen war dieſe Abweichung durch ihre Form ſelbſt mit Nothwen-
digkeit gegeben, ſie fügte ſtets zu der im Intereſſe des Klägers
geſtellten Frage eine zweite im Intereſſe des Beklagten hinzu.
Nach dem Zweck unſerer Aufgabe, welcher auf die Schilde-
rung des urſprünglichen Grundbaus des römiſchen Proceſſes
gerichtet iſt, ſcheiden wir daher dieſe beiden Bildungen von dem
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können, durch ihren Gegenſatz das Verſtändniß zu fördern.
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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/71>, abgerufen am 24.07.2024.
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